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HerausfordepG sah sie ihn an, den Kops in den Nacken ««rfend. Er überhörte ihren Einwurf, wandt« sich an den Drude/ ,Ottokar, spricht Lella die Wahrheit?" Der zögert« ein wenig, doch auf des Mädchens befehlen den Blick gab er es zu. Ihm war sehr unbehaglich unter des Bruders Forschen. „Unbegreiflich!" murmelte der und schüttelte den Kypf. Da stellte sich Lella vor ihn hrn. „Was ist unbegreiflich? Das mich Ottokar liebt? Halten Eie das gar für eine — Geschmacksverirrung? fragte sie entrüstet. „Nein — aber für eine grenzenlose — Roheit!" versetzte er mit unerschütterlicher Ruhe. Sie stieß einen Schrei t^r Empörung aus. „Ich muß doch sehr bitten, Rüdiger — Sie beleidigen mich ja mit jedem Worte — mich, den Gast Ihrer Eltern." „Das liegt duraus nicht in meiner Absicht, Lella! Meine Aeußerung galt nicht Ihnen. Ich bitte um Vergebung, wenn ich mich falsch ausgedrückt habe," er verneigte sich leicht gegen sie, „aber Ottokar —" Ist alt genug, um zu wissen, was er zu tun hat! Er braucht keinen Vormund." „Eigentlich sollte man das ja auch annehmen." Das sagte Rüdiger in so eigentümlichen Tone, daß der andere rot vor Zorw wurde. „Bitte, unterlass« deine Bemerkungen und komme end lich zur Sache!" sagte er hochfahrend und ungeduldig. „Sprich ruhig — alles —! Vor Lella habe ich keine Geheimnisse. Sie- wird meine Frau, und ich denke, daß ich diesmal das Ein-- Verständnis der ganzen Familie finden werde." „Daran zweifle ich keine Minute," warf Rüdiger ironisch «in. „— Auch das deine, mein gestrenger Herr Bruder! — Denn du vor allem bist es gewesen, der sich gegen Maria geäußert, der am meisten für eine Lösung dieses nicht stan desgemäßen Bündnisses gesprochen und sich darum bemüht! Oder hast du jetzt etwa deine Ansicht geändert?" „Nein, ich denke noch genau wie vorher! Ich denke aber auch, daß es nicht — anständig und vornehm gehandelt ist!" entgegenete Rüdiger scharf. „Wäge deine Worte!" rief Ottokar drohend. „Ich ver biet; dir —" > Beschwichtigend legte Lella ihre Hand auf seinen Mund und hängte sich an ihn. „Nicht doch, »Liebster, rege dich doch um Rüdigers Ansicht nicht auf. Das ist eine Sachs, die dich und mich allein angeht! Ich denke freier und nicht so eng herzig wie dein Herr Bruder! Bitte ihn doch, seine Meinung für sich zu behalten und dir endlich zu sagen, was er bei der Wirlberger erreicht hat." „Ich habe nichts erreicht. Deine Frau war zu keinem Verzicht zu bewegen!" „Das ist allerdings nicht viel!" höhnte Lella. „Don Ihrer Geschicklichkeit und Klugheit hätte man wohl rin an deres Resultat erwarten können!" „Maria Wirlberger unrd wahrscheinlich versuchen, sich persönlich mit dir auseinanderzusetzen. Sei also auf ihren Besuch gefaßt", sagte er zu Ottokar, ohne auf Lellas aus fallende Worte zu achten. Mit einer nervösen Gebärde fuhr der Künstler durch sein, dichtes Haar. „Und gerade das eben solltest du verhindern — einem gütigen, verständnisvoll angebrachten Wort hätte Maria ihr Ohr nicht verschlossen. Verdrießlich starrte er vor sich hin. »Ich habe mein möglichstes getan/es war vergebens! — Dein Töchterchen hab' ich auch gesehen," Letzte Rüdiger un vermittelt hinzu. Lella warf ihm einen bösen Blick zu. Schmeichlerisch streichelte sie Ottokars. Hände. „Daß ich dir die Aufregungen dieser Stunde nicht ersparen konnte, Liebster " Sie sah, welchen Eindruck Rüdigers Aeußerung auf Ottokar gemacht. „Meine kleine Lore," murmelte «r, „wre geht es ihr?" „Sie ist ein schönes Kind — wie ich noch selten gesehen habe — und ganz das Ebenbild ihrer schönen Mutter." Lella stieß einen höhnischen Laut aus. „Ah, hat auch Sie die schöne Gastwirtstochter bekehrt? Da sie so be geistert von ihr sprechen, sich zu ihrem Anwalt machen " „Ich bin mir nicht bewußt, daß ich das tue," entgegnete er bestimmten Tones. „Doch Sie, Lella, legen allem, was ich sag«, einen willkürlichen Sinn unter, daß ich für jetzt darauf verzichte, mich weiter zu unterhalten! Wenn du, Ottokar, noch weiteres erfahren willst, so weißt du ja, w« ich zu finden bm! — Das eine aber möchte ich dir noch sagen, daß ich in Maria Wirlberger ein« Frau gefunden habe, vor der man den Hut ziehen muß — — und ferner, daß ich bereue, in dieser Angelegenheit für dich gehandelt zu haben, jetzt, da mir deine geheimen Pläne und Gedanken klar ge worden sind! — Zu — Gemeinheiten pflege ich mich nicht herzugeben!" Messerscharf und verächtlich klang seine Stimme, und ohne die beiden noch eines Blickes zu würdigen, verließ er das Atelier. Drittes Kapitel Trotzdem Rüdiger erwartet hatte, daß Ottokar ihn auf- fuchen würde, kam der nicht, sondern ging ihm vielmehr aus dem Wege. Fürchtete er etwa eine Auseinandersetzung, bei der er unangenehme Worte zu hören bekam? Beim Abendessen kam nur «ine gezwungene Unterhaltung zustande; jeder war mit seinen Gedanken beschäftigt. Der alte Graf Allwörden, «in imponierender Sechziger, war von Gichtschmerzen geplagt und daher wenig zum Sprechen auf gelegt. Er zog sich auch gleich nach Tische zurück. Die Gräfin begab sich in das neben dem Speisezimmer befindlich? Wohnzimmer, da es ihr dort zu kühl geworden. Die Tür blieb aber offen, so daß man den Ausblick nach der Terrasse frei hatte, auf der sich Ottokar und Lella aufhielten. Das junge Mädchen hatte sich in ein Regencape gehüllt; sie schmiegte sich an ihren Begleiter, der schützend den geöff neten Regenschirm über sie hielt. „So fleißig, Mama?" Rüdiger trat zu der Mutter, deren nimmermüde Hände an einem groben, wollenen Strumpfe strickten. Er rollt« sich einen bequemen Sessel zu ihr heran und zündete sich mit ihrer Erlaubnis eine Zigarette an. Die Gräfin, eins strenge, nonnsnhafte Erscheinung mit schmalem, herbem Gesicht, über dem das blonde, meliert« Haar in glatten Scheiteln lag, tat einen tiefen Seufzer. „Ach, diese unerquickliche Sachs 'mit Ottokar! Wäre sr« nur erst aus der Welt geschafft — schon, damit Lella nichts erfährt." „Du meinst, daß sie nichts von feiner Ehe weiß?" fragte Rüdiger, und warf einen Blick auf die beiden La draußen. „Nein, mein Sohn! Woher? Ich habe mich ängstlich gehütet* ihr etwas davon zu sagen! Mit ihren neunzehn Jahren würde sie gar nicht verstehen, was " „Ach, Mama!" unterbrach Rüdiger sie. „Halte Lella nicht für gar so kindlich noch sie ist sehr, sehr —" er suchte nach einem passenden Wort, „sehr klug — —" „Das süße Kind! Was du.denkst, Rüdiger! Würde sie sich da so unbefangen mit Ottokar necken? Sie mit ihrem mimosenhaften Empfinden würde eine Scheu vor ihm haben, würde 'ihm ausweichen — —" , „Meinst du, Mama?" Er wußte es ja besser, doch er ! schwieg lieber, um seiner Mutter nicht ms Ahnungslosigkeit f zu rauben. ' „Gewiß! Sie ist ja noch das reine Kind. Ottokar hat eine große Faible für sie, und ich bin glücklich, daß es Gr gelungen ist, ihn — seinem Vater zur Freude — dem Leben i zurückzugewinnen." „Nun, nun, Mama, das ist wohl zu viel gesagt! Otto« ! kar war. allerdings mit seinen Nerven bedenklich herunter § — die ganzen Verhältnisse hatten das ja so mit sich gebracht — aber so schlimm, wie du sagst, war es doch nicht." „Schlimm genug, so daß dein Vater große Sorge um ! ihn trug! Du kannst es ja nicht wissen, da du ihn nur flüchtig gesehen, wie apathisch und abgestumpft Ottokar gegen ! alles war — noch,.als er aus dem Sanatorium Lam! Und da war es Lella, die ihn mit ihrer kindlichen Heiterkeit s aufmunterte — wie eine jüngere Schwester war sie zu ihm f — ihr endlich gelang es, was wir alle nicht vermocht hatten f — Ottokar gewann wieder Interesse vor allem an feiner ! Kunst — durch sie wurde er erst zum wahrhaften Künstler — ! du kennst ja ihr von ihm gemaltes Porträt! Und jetzt malt er sie wieder — — niemand aber darf das Bild vor der i Vollendung sehen — er verspricht sich etwas Großes davon! ! — Und ich, mein Sohn, bin ihr so dankbar — schon um ! Papas willen, du weißt, wie sehr er an dem Sohne seiner ! ersten Frau hängt — doch viel mehr, als. an dir leider! ! Aber dafür bist du mein Sohn —" und in Mutterstolz leuch-