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M. 106 Sonnlag de« 13. Oktober 1S1N aus Nachdruck verboten 3 Die Mlwöedens Roman von Fr. Lehn« Gopyright 1913 by Greiner L Co., Berlin W. 30. „Ich war in der besten Arbeitsstrmmung — rind die ! mutzte ich heute bei der wenig günstigen Beleuchtung he- nutzen", eine flackernde Röte huschte über Ottokars blasses Gesicht, als er das spöttische Zucken um Rüdigers' Mund sah. And Lella kicherte ungeniert vor Iich hin und nestelte an ihrem Haar; sie satz dabei halb auf dem Kopfende des Diwans und schaukelte mit den Fützen. „Bist du nicht neugierig auf das Resultat meiner Reise?" „Natürlich, und ich bitte dich um einen Bericht " „Jetzt und hier?" Ein unverhohlenes Staunen klang Rüdigers Stimme. „Warum nicht? Du bist doch deshalb gekommen." „Allerdings! Jedoch in der Annahme, dah du allem bist! Wir wollen doch Lella nicht mit deinen Angelegen heiten langweilen; deshalb werde ich mir den Bencht auf nachher ersparen!" * „Mich langweilt nichts, was Ottokar angeht!" rief Lella. „Es sind aber nicht allein Ottokars Angelegenheiten, sondern auch die einer anderen, dir ich darum nicht vor Frem den erörtern möchte!" „Fremd? Ich fremd? Niemand steht Ottokar so nahe, wie ich," ries Lella. Verständnislos sah Rüdiger den Bruder an. „Bitte, erkläre du mir Lellas Worte — — "steht sie dir näher als — deine Frau?" „Ah, jene Maria Wirlberger ist ja nie seine Frau ge wesen! Sie haben es doch selbst gesagt, Rüdiger!" bemerkte Lella triumphierend. Der junge Jurist runzelte die Stirn und sah fragend den Bruder an, der unsicher diesen Blick erwiderte. „Nun ja, es ist doch so, Rüdiger! Ihr — du habt es herausgesunden, datz jener Schritt, den ich vor fünfzehn Jahren getan, gar nicht rechtsgültig war, und nun — —" hast du die Folgerungen sehr- schnell gezogen, scheint mir," lautete Rüdigers sarkastische Erwiderung. i „Was willst du damit sagen? Das verstehe ich nicht." „Aber ich verstehe deinen Bruder sehr gut!" warf Lella «in. „Er findet einen Anstotz daran, datz — nun, datz ich deine Frau werden will, Ottokar — —" „Was? — Das ist doch nicht möglich!" Rüdiger war empört. Er hatte das Getändel der beiden nur für einen Flirt gehalten, mit dem srch Lella Flotmann den Aufenthalt in Lengefeld ein wenig amüsanter gestalten wollte, für wer ter nichts. Und er hatte manchmal mitzbilligend den Kop; über Ottokar geschüttelt, der, weitz Gott, andere, ernster« Sachen zu denken hatte, als daran, dem verwöhnten Mäd chen die Zeit zu vertreiben. „Warum sollte das nicht möglich sein,," fragte Lella pikiert. „Oder finden Sie, datz auch die Gräfin Lella Flot mann den Allwördens noch picht ebenbürtig ist? Sie sind sehr stolz, mein Lieber!" Er sah auf dem Diwan und hatte sie auf seine Knie gezogen. Schmeichelnd lehnte sie die Wang« an seine Schul ler, umwickelte seinen Kopf mit ihren weichen, duftenden Haarmassen und flüsterte ihm allerlei törichtes Zeug zu, das ihn mit unsinniger Freude erfüllte. Und ihr machte es Spatz, den Mann so willenlos in ihrer Macht zu haben. Es klopfte an der Tür. Lella sprang auf, während Otto kar „Herein!" ries, doch sie blieb mit ihrem Haar an Len großen Perlmutterknöpfen seines Samtjacketts hängen, so datz sie sich nicht schnell genug befreien konnte, und der Ein tretende sie in dieser für sie immerhin etwas peinlichen Situation überraschte. „Ah, du bist es, Rüdiger!" rief Ottokar befangen, indem er Lella behilflich war, ihr Haar loszunesteln, was nicht ohne einige Schmerzenslaute des jungen Mädchens abging. „Ja, ich bin es." wiederholte der mlt einem mitzbillrgen- den Blick auf die beiden. „Doch ich störe wohl?" „Nein, Rüdiger, durchaus nicht!" entgegnete Ottokar, verlegen zur Seite sehend. „Nein!" rief auch Leila, während sie die blonde Haar strähne nach rückwärts schüttelte und Rüdiger herausfordernd zulächelte. Der legte di« Hand über die Augen und wandte sich ab. Da sah er das halbvollendete Frauenbild aus der Staffelei. Sein Bruder war seinem Blick gefolgt. „Wi- findest du es? Wird es ähnlich?'^ fragte er lebhaft. „Ich habe.darüber kein matzgebsndes Urteil. Mir fehlt Las Kunstverständnis!" erwiderte er kühl und leicht ab weisend. ,D>ann bemüht man sich eben, es zu lernen" warf Lella keck ein. „Wenn man einen berühmten Künstler zum Bru der hat." „Mir fehlt die Zeit." s „Ach ja, Dr. jur. ,und der Reserveleutnant nehmen Ihnen ' ja jedes Interesse für etwas anderes und — höheres! Der dunkelblaue Rock mit den gelben Aufschlägen war ja das i Ziel, „aufs innigste gewünscht", nachdem der Corpus juris überwunden." Lella salutierte ironisch. Er filierte sie einen Augenblick, dann zuckte er gleich- - mütig mit der rechten Schulter, wie um anzudeuten, datz es sich nicht lohne, sich mit Lella in ein Wortgeplänkel einzu- lassen. ' „Ich bin vor einer Stund« zurückgekehrt, nachdem es mir gestern nicht mehr möglich war!" sagte er zu dem Bru- tAr. „Ich erwartete dich eigentlich bei "mir." herb« (Nachdruck verboten^) ! Wenn der Herbst mit bunten Flügeln l Niedersteigt zu Tal und Flur, Geht ein letztes Frühlingsahnen Mildbewegt Lurch die Natur — Frühlingsträume, herbstumhangen i > Halten Herz und Sinn gefangen. i Eh' der letzten Früchte Reife Sich vollendend niederbeugt, ? Eh' Natur, die ewig reiche, - Sich zum Sterben müde neigt — Träumt sie, datz im Lenzesscheine Sich des Herbstes Schimmer eine. j Wie in neuerwachter Wonne , Schmückt sie sich mit buntem Kleid, > And des Herbstes Helle Sonne ' Macht die Herzen klar und weit — Tiefer.als im Lenzesglühen Bebt das Herz im herbstlich Blühen. Seltsam — datz im Niedergange > Sich erst zur Vollendung schwingt Die Natur im bunten Schiminer, Und vom Lenzesglanze singt — Tiefempfundnes Danken, Loben Dringt hinaus zum Schöpfer droben. Cl. Sell-Gräfe. Frankenberger ErMler Unterhaltungsbeilage zn« Frankenberger Tageblatt