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Frnnlitnbcrgcr ErMter Nn»evhalt«ngsbeil«ge ;um Frankenberger Tageblatt M. 1i3 Mittwoch de« 2. Hkloöer 1«18 fteimslZlednen Wie ist doch, -— solang ich entfernt "dir nun bin —, Mein lieb Lichtenwalde, in Herz mir and Sinn Zu dir Heitz die Sehnsucht entbrannt, Zu dir, das du hold, einer Königin gleich, An Pracht, an veredelnder Pflege so reich Dort thronst an der Zschopau grün'm Strand! In trauter Erinn'rung durchwand're ich dich Schön heimatlich' Fleckchen, und grütze dich! Vom „Harras" zuerst meinen Grutz Dir, grünendes Tal mit dem glitzernden Band, Dir, schweigender Wald dort an bergiger Wand, Dir droben, du stattliches Schloh! Wie schaust mit den Türmchen aus duftigem Grün, Mit wehendem Fähnlein ins Tal still du hin, , Ims bunte Gefild, ach, so weit, Wo aus tiefdunklem Wald sich erhebt fern das Schloß, Aus dem einst vorzeiten der feindliche Trotz Hervorbrach zu ritterlich' Streit! — — Still wandern die Wollen, und feierlich lind Durchfächelt die Gipfel leis singend der Mmd, — Als säng' von der Lieb er ein Lied, ' Wie sie Harras einst schon für dies blühende Land, Für Burg, Weib und Kind und Freiheit empfand — Wie mir auch die Brust sie dur^ieht. Und im Geist wand'r ich weiter, schreit' abwärts ins Tal Aus lauschigem Weg, wo so manch' liebes Mal Ich ging in glückseligem Lauf; An der Wellen hellmurmelndem, silbernem Klang Nun drunten im friedlichen Tal still entlang Und jenseits den Schlotzberg hinauf! Was Mutter Natur hier und pflegende Hand Harmonisch zu sinniger Schönheit verband, Wie schmückt's in so festlicher Pracht Dich Park, stiller Garten du^ waldiger Dom, Der du mir in seliger Knabenzelt schon Bewund'rung und Liebe entfacht! > Aus Strauchschmuck, Busch-, Baumreih'n in stolzer Majestät, Aus plätscherndem Springquell im blumigen Beet, Aus schimmerndem Marmor im Grün, Aus lachender Menschen huntfröhlichem Strom, Aus der Vöglein, der Musik hrlljubelndem Ton Rusts preisend: „O Welt, bist du schön!" Kehrt, friedliche Zeiten, kehrt bald doch zurück, Schenkt die Heimat mir wieder und, ach, jenes Glück, Ihr Wandrer, — Bewundrer zu "sein —! Doch Euch, Lichtenwaldes hoh'm. mildtätigem Paar, Euer'm Sprotz, Euer liebtrauten Stätt, immerdar Ein glückliches, segnend Gedeihn! Im Feld«, September 1918. M. H. Äre Khre der Ureueudorfs. Roman von Lola Stern. -- Nachdruck verboten Don Tag zu Tag würde Maud nervöser, erregter. Nun war sie schon zehn Tag« in Berlin und wuhte immer noch nichts von JoLchim. Da kam an einem Vormittag in Be gleitung seiner Tochter Edith Oberst von Gerlach zu ihr ins Hotel. , Maud erschrak, als sie die ernsten Gesichter her beiden sah. „Sie wissen etwas," sagte sie hastig, „und nichts Gutes, ich sehr es Ihnen an." „Aber auch nichts Schlimmes, gnädige Frau," sagte der alte Herr, indessen Edith die Freundin zärtlich umschlang- „Gleichzeitig mit der Adresse Ihres Gemahls kam die Nach richt, datz er verwundet sei. Fallen Sie sich, es scheint nicht schwer Zu sein." Maud von Treuendorf sagte mit bleichen Lippen:' „Monatelang hab« ich gezittert und gerungen um sein Leben, datz er mir eichalten blieb. Monatelang bange ich nun schon wieder um ihn, seit ich ihn in Gefahr weitz. Was soll nun noch kommen? Sagen Sic mir die ganze Wahrheit. Herr von Gerlach, ich mutz sie hören." „Es ist nicht viel zu sagen, gnädige Frau.. Ein Rücken- schutz. Ihr Gatte liegt in einem Feldlazarett im Westen. Hier, lesen Sie selbst di« Depesche des Lazaretts. Er mutz operiert werden^ die Kugel will man entfernen. Wenn die Operation gut geht, kann er in einigen Wochen in ein deutsches Lazarett befördert werden. Was ich tun kann, um dies zu beschleunigen, soll geschehen. Und nun Mu!, meine liebe gnädig« Frau, Mut und Vertrauen!" Sie letzen sie allein. Maud von Treuendorf brach zu- sammen. „Gott," flehten ihre zuckenden Lippen, „latz ihn mir! Gib ihn mir wieder!" Durch die geöffneten Fenster des Lazaretts, das in Deutschlands schönster Gegend lag, strömte mild« Frühlings luft zu den Genesenden herein. Vor dem Fenster in Joachim von Treuendorfs Zimmer stand «in mächtiger Kastanienbaum. Er hatte sein« Blüten entfaltet, Hunderte von schimmernden weitzen Kerzen leuchteten zu dem Einsamen herein. Seit drei Tagen war Joachim in Deutschland. Di« Operation war nicht sehr günstig verlaufen, wohl wurde di« Kugel gefunden, aber schweres Fieber hatte sich eingestelii, und der Kranke konnte erst nach zwei Wochen transportiert werden. Nun aber ging er der Genesung entgegen. Der Arzt kam, setzte sich zu ihm. „Wann w«rde ich auf- stehen können, Doktor, wann kann ich wieder an "die Front?" „Oho," sagte der Arzt. „So ungeduldig? Ein Kitzchen wird das wohl noch dauern. Sie haben ein paar schwer« Wochen hinter sich, Herr Leutnant. Ein Erholungsurlaub wird nötig sein, wenn ich Sir aus dem Lazarett entlassen kann." „Nein," sagte der Offizier ungeduldig, „ich möchte keinen Urlaub, ich brauche keinen!" „Nun, wir sprechen darüber noch, Herr Leutnant." Der Arzt ging, Joachim von Treuendorf blieb allein. Was sollte ihm ein Urlaub, er würde ^ja doch einsam sein, keiner war da, der auf ihn wartete, den seine freie Zeit freuen würde. Und er war nicht nach Deutschland gekommen, um die Tage so hinzubrmgen, kämpfen, nützen wollte er! Er sehnte sich hinaus an die Front, in die heihen und furchtbaren Tage der Kämpfe zurück, in denen keine Zeit blieb, an sich selbst zu denken, an Vergangenheit und Zukunft, in denen jeder Gedanke an Sas eigene Geschick erstickt wuro« durch angestrengteste Arbeit, durch die Schrecken der Schlach ten. Er wollte keine Zeit haben, immer das eine zu denken: warum Maud nicht schrieb? Warum kein Lebenszeichen von ihr zu ihm drang? Lieber unwillige, trotzige, unverständige Brief«, als dieses Schweigen, das ihn quälte und peinigt«, lieber wollte er sie in Zorn auf sich wissen, als diese furchtbare Ungewißheit ertragen! Sie mutzte ihm doch einmal schreiben! Es konnte nur eine Erklärung geben für ihr Stillschweigen: datz seine letzten Briese, die seine Adresse enthielten, nicht in ihvc