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— 408 — t b r ic L-KMworÜicha Redakteur: Ernst Roßberg in Frauenberg t.S. -- Druck und Verlag non E. G. Roßberg in Frankenberg i-S- l t « schen wollte sie jetzt nicht kennen lernen. Sie lebt« nun, seil sie in Berlin war, voller Unruhs und Angst um Joachims Geschick. Ungefähr sünfundsiebzig Blätter sind durch Entziehung des Rechts der Postbeförderung bereits ruiniert worden. Ver suche, Len Rechtsweg gegen die Postoerwaltüng zu beschreiten, „Wenn ich erst weiß, wo er ist, reise ich sofort zu ihm," sagte ste. Oberst von Gerlach lächelt«. So schnell wird das nicht gehen, gnädige Frau! Ihr Gemahl wird sicherlich an der Front sein, und dorthin dürfen Frauen nicht. Nein, Aus nahmen werden nicht gemacht bei uns, in keinem Fall! Nicht einmal einer so schönen Frau gegenüber. Aber wenn Ihr Gatte hört, Latz Sie hier sind, wird er vielleicht ein Mir Tage Urlaub bekommen können." (Schlich folgt.) . Di: unerhörteste Vergewaltigung jeder persönlichen und völkerrechtlichen Freiheit aber, zu der sich die Wilsonsche Re gierung berechtigt glaubte, sind die Zwangsaushebungen von Nichtmubürgern, also von Staatsangehörigen neutraler Länder, sowie auch von Deutschen und Oesterreichern zum Heeresdienst. In besonders großer Zahl sind bereits schwedische Staatsangehörige auf die französischen Schlacht felder verschickt worden, und erst kürzlich las man in.der Stockholmer^ Zeitung „Aftonbladet" eine Reihe erschüttern der Briese lunger Schweden, voll ohnmächrigen, schmerzlichen Zornes über die an Sklaverei grenzenden Gewalttaten. Viele der unglücklichen Opfer dieser wahrhaft scheußlichen Form von Militarismus nahmen sich das Leben, um es wenigstens nicht für dieses treulose, brutale Land opfern zu müssen, Las jedes East- und Völkerrecht so mit Füßen tritt. Und dieses selbe Land wagt es, seinen aus reiner Machtgier begonnen Raubkrieg als emen „Kreuzzug" gegen Unter- drückung' und Unfreiheit zu bezeichnen und so das heiligst« Zeichen der christlichen Welt heuchlerisch zu schänden. auch nicht die Furcht vor England, es war der Wunsch, ihn bei Pir zu behalten, der dich bestimmte! Hab« ich recht?" „Ja, du Haft recht. Aber nun er doch gegangen ist) habe ich mich durchgrrungen zu ihm und zu seiner Tat und bin ihm gefolgt." - „Das war gut und recht von dir! Wie seltsam das Leben ist! Wer hätte es damals ^gedacht, als du Joachim m unserem Hause kennen lerntest, daß du seine Frau werden würdest?" Maud sagte still: „Damals, wohl schon habe ich ihn ge liebt." ... Am nächsten Tage'ging Maud mit Frau von Jellin zu deren Eltern. Sie wurde herzlich empfangen. Elsbeth, Im „freien" Rmeriks Dor der Einfahrt des Hafens von.Neuyork erhebt sich die allbekannte Riesengestalt der Freiheit, die eine Fackel- bi* erhobener Hand trägt. Nach den neuesten Vorgängen scheint es an der Zeit, daß Wilson, der so fruchtbare Erzeuger selbst herrlicher Gesetze, auch eine Bestimmung erließe, wonach diese - Fackel nunmehr durch eine Knute zu ersetzen wäre. Denn land genommen, und diese umsorgte die Herrin nun. Jeden Tag war Maud mit Edith und oft auch mit strafung jener Frau in einer in Cantoy (Ohio) gehaltenen Rede öffentlich gegeißelt und sich die Bemerkung erlaubt hatte, es gebe nicht nur in Deutschland „Junker"! Solche Beispiele einer unglaublichen Knutenherrschaft ließen sich häufen. Die Pressefreiheit ist vollkommen ^ver nichtet durch das berüchtigte Spionagegesetz vom 5. Juni 1917 und seine späteren Zusätze. Danach ist dem Eeneral- postmeister die unglaubliche Befugnis erteilt, auf einen ihm genügend erscheinenden Beweis hin, daß eine Person oder Firma die Post unter Verletzung des Spionagegesetzes be nutzt, dir betreffenden Postsendungen zurückzuhalten und so ohne irgend ein gerichtliches Verfahren beliebige Personen und Firmen vollkommen vom Eeschäftsleben auszuschließen. die zweite der Gerlachschen Mädchen, war kriegsgetraut wor den und betrauerte nun schon seit drei Monaten ihren Mann, der in russischer Erde ruhte. Herta, die Jüngste, war ver lobt mir einem jungen Leutnant, der im Westen stand. Hier in Deutschland war wohl kein Haus, keine Familie, die Väter und Söhne und Brüder nicht im Felde hatte. Und alle nahmen als Selbstverständlichkeit, daß es so war, allen schien es, als ob es nicht anders sein könne. Alle Frauen, die Maud in Deutschland sah, waren ruhig, obgleich sie ihre Liebsten in steter Gefahr wußten. Alle waren sie anders wie sie, tapferer, nmtiger und gefaßter. Eine leise Scham überfiel Maud, büß sie Joachim sein Gehen so schwer gemacht, daß er nicht von ihr gegangen war mit dem Bewußtsein, eine tapfere und verständige Frau zurückzulassen, sondern, daß er wohl heute noch um sie bangt«, sich um sie sorgte. . . . Der alte Oberst von Gerlach sagte zu Maud von Treuem dorf: „Edith hat mir gestern Ihre und Ihres Gatten Schick sale erzählt, gnädige Frau. Ich bin erfreut, Ihren Gemahl rm deutschen Heere zu wissen. Und wenn ich Ihnen irgendwie helfen _kann, so wird es mit tausend Freuden geschehen. Ich habe Ihrem Gatten gegenüber manches gutzumschen, meine gnädige Frau! Sie werden seinen Lebensweg ja kennen, werden wissen, daß er einmal in früheren Jahren als Bitten- Ler vor mir gestanden hat, und daß ich ihn gehen ließ, ohne haben in fast allen Fällen versagt, ihm zu helfen. Trotzdem ich chn immer geschätzt habe. Aber "' - - - - mein Herz war verbittert damals über das, was Erich von Treuendorf meiner Edith angetan. Nachher habe ich meine Härle manchmal bereut, hätte sie gern ungeschehen gemacht. Aber da war es zu spät. Und erst, als ich von Ihrer Ver mählung mit Herrn von Treuendorf hörte, bin ich'wieder froh geworden, wenn ich an ihn dachte." Maud lächelte: „Sie erfreuen mich durch das, was Sie doch bedrückter, ärmer, trauriger zu finden. Hier in Berlin, : Maud von Treuendorf lebte sehr still. Sie war im sieht und merkt man ja nichts von dem Kriege. Es ist alles Hotel Adlon abgestiegen und hatte einig« der schönsten Zim- fast unverändert. Und die Menschen sind ruhig. Doller mer bezogen. Eine ihrer Zofen hatte Maud mit nach Deutsch? Zuversicht. Ich habe euch bewundern gelernt in diesen Tagen, ' " - . seit ich in Deutschland.bin, Edith!" „Hast du uns denn nicht stets geliebt, Maud, du, eines ihren Schwestern zusammen. Aber neue und fremde Men- Deutschen Frau?" s -- — ---- Da erzählte Maud der aufhorchsnden Freundin, was sie ) ihr bisher verschwiegen, was sie zuerst nur ängedeutet, nur ) stückweise und verschleiert berichtet. ! Edith schüttelte den Kopf. „Du.konntest natürlich als ! Amerikanerin sein Empfinden nicht -teilen, Maud, aber du > hättest ihn verstehen müssen. Hättest ihn nicht so quäken s dürfen. Er wollte doch nur feine - Pflicht tun." s „Aber Tausende von Deutschen leben drüben, Edith, und ' können euch nicht helfen in diesem Krieg, well die Gefahren ) der Reise zu groß sind! Ich fürchtete ja auch, daß er in englische Gefangenschaft kommen koimte." „Und wenn das geschehen wäre, so hätte dein Mann doch die Ueberzeugung gehabt, alles versucht zu haben, um ' seinem Daterlande zu nützen! Ich kann ihn nur ächten und ) lieben für seinen Mut! Und, -sei ehrlich, Maud, es wax ja ) von Freiheit ist in dem von fieberhafter Machtgier befallenen Lande nicht mehr viel übrig geblieben. Fast täglich erhalten wir Nachrichten von geradezu mittelalterlichen Strafen, - die an im übrigen hochangesehenen Leuten vollzogen weiden, nur weil sie sich eine wenn auch noch so bescheidene Kritik an den Maßnahmen der Regierung oder etwa ein 'Urteil über Deutschland erlaubten, das nicht nur aus wüsten Schimpf worten bestand. Erst kürzlich .wurde bekanntlich eine Fran zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie aus ihrer An-, sicht über die wahren Gründe dieses Krieges kein Hehl machte; und der bekannte hochangesehene Sozialistenführer Eugen Debs, der selbst schon viermal Präsidentschafts kandidat war, wurde in Cleveland zu derselben Strafe — zu zehn Jahren Gefängnis — verürreilt, weil er die Be sagen, Herr von Gerlach, aber es ist doch gut. daß Sie oamals hart waren gegen Joachim, glaube ich. Denn sonst wäre er in Deutschland geblieben, und ich hätte ihn wohl nie wiedergesehen. Und hätte nie das Glück kennen gelernt, das ich an seiner Seite fand." Oberst von Gerlach versuchte alles, um Joachim von Treuendorfs Aufenthalt zu erfahren. Es war nicht so leicht. Tenn keiner wußte, bei welchem Regiment er stand. Es war wahrscheinlich, daß er sich sofort an der Grenze ge stellt hatte und dort gleich einem Regiment zugeteilt wor den war. la??