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Vie Ascbt s> cker Sbeniiuchmg — 3. ZrvH Küftemstnstt. Blitzsauber ist dieses Fort Kugelbaak, in dessen Bereich roir jetzt «intreten. In lachendes, frisches Grün sind die kratzigen Mauern und Wälle, eingebettet. Zugbrücke und breiter Wallgraben erinnern fast an eine Burg des Mittel alters. Rechts vor dem Haupttor «in kleines, «feubewachsenes Denkmal Zur Erinnerung an di« «ine ehrwürdige Reihe von Jahren Zurückliegende Erbauung dieses Forts. Das trockene Holz der in Ketten hängenden Brücke dröhnt unter unseren Schritten. Nun geht es durch einen dunklen Torweg in, das Fortinnere. .Ein geräumiger Hof tut sich auf. Von den Mauern hallen die Schritte «rerzierender Ma- trosenartilleristen wider. Boller Interesse treten wir in die Mannschastsräume, die Kasematten. Gefängnisartig, Kata komben gleich, dennoch lustig und leidlich hell. Die Sauber keit dieses Raumes zu erwähnen ist eigentlich überflüssig. Ist sie an Bord der Kriegsschiffe sprichwörtlich, so ist sie auch bei den Mari ne teilen an Land rein selbstverständlich. Tiefer steigen wir und gelangen in di« Maschinenzentrale. 10 Meter Erde über uns. Unbedingter Schutz gegen Gra- nateneinschläge. Elektrische Birnen flammen auf. In ihrem Lichtschein spiegelt sich das blanke Metall der vier Maschinen wir ein stiller Weiher in der Sonnenslut. ! Dann geht es wieder an das Tageslicht. In einem abgrundartigen Schacht besichtigen wir einen großen Schein werfer, der hier völlig überflüssig scheint. Kapitänleutnant d. R. D„ der FortkomMandant, belehrt mich eines Besseren. Maschinenkrast oder, wenn diese ausgefallen, ^die sehnigen Arme unserer Matrosenartilleristen befördern das elektrische Riesenlicht spielend nach oben. Aus die Wälle und in di« Batterien lenken wir den Schritt. Der hohe Beobachtungsturm wird erstiegen. Ein dünner Mast, oben gekrönt von einer Aussichtskuppel, das Wachzimmer. Bon ihm aus genießt man einen schönen Aus blick auf das malerische, friedlich-kriegerische Bild zu Füßen, den endlos breiten Elbstrom und die weite See. Helle Fenster ringsum, scharfe Fernrohre, Entsernungsmeßgerät«, Telefone, Signaleinrichtungen.'Falls es erforderlich ist, kann der Turm heruntergedreht werden. Das Derschwindenlassen spielt hier übrigens eine nicht geringe Rolle. Alle Scheinwerfer — — ihre Zahl ist achtunggebietend — können wie Geister an ihrem Stand untertauchen in unterirdische Verstecke. Eine Hand von einem Stande aus kann allen diesen elektrischen Eeisteraugen ihren Willen aufzwingen, befiehlt ihnen, nach einem bestimmten Punkte der See ihre grelle Lichtflut zu werfen, elbauf-, elbabwärts zu suchen, aufzuleuchten oder zu verlöschen oder sich auch in das tiefe Verließ vor den feind lichen Granaten zu flüchten. Schade, daß man diesen gehorsamen Schernwerferttupp nicht einmal in nächtlicher Tätigkeit beobachten kann. Und da u die Sprache der Geschütze vernehmen. Dck stehen sie, träumen und schlafen. Ihre blanken Seelen spiegeln aber kokett die Sonnenstrahlen wider, welche die Tageskönigin verschwenderisch über die Batterie ausstreut. Verschiedene Kaliber sind vertreten, «in respekteinflößen des schweres in der Mehrzahl. Die Geschützzahl würde für ein Großkampfschiff ausreichen. Doch zu lange darf meine Schilderung bei diesen militärischen Einzelheiten nicht ver weilen. Lauter Staatsgeheimnisse! Ein kurzer Fußmarsch bringt uns zu einer zweiten Batterie. Die Eeschützanlage darf ich in meinem Berichte übergehen. Sie ist gut und reichlich und würde einem feind lichen Geschwader einen „warmen", Empfang gewährleisten. Das muß dem Leser genügen. Wit wenden uns "ent Leben „hinter der Front" zu. Wirklich, es sind doch Teufelskerl«, unsere Matrosenartilleristen. Mit welch künstlerischem Ge schick haben sie diese ihre kleine Festung an der See aus geschmückt und für die Bequemlichkeit des Kriegslebens Sorge getragen. Da fesselt eine geschmackvolle ZiUgarien- anlage den überraschtem Blick. Ein lebensgroßer Speer werfer in der Mitte. Dort «in Brunnen, geziert von einem Frosch Beide Werke gefertigt von einem Bildhauer in dem Matvosenkittel, der auch das Denkmal für den Gründer der Anlage schuf.'Blumenrondell, Teepavillon, dahinter eine Kegelbahn. Zur allgemeinen Benutzung. Der kleine Teich birgt mancherlei Sehenswürdigkeiten. Einen Spring brunnen, ein« Insel sowie Enten- und Schwanenhaus, dessen zwei Bewohner sich mit philosophischer Ruhe im Grase sonnen. Ein starkes Entenoolk unterhält sich schnatternd über dis spärlichen neuesten Tagesereignisse. In der Nähe ver vollständigt «ine zierliche Windmühle das Idyll. „Villa Kratzfuß"? Der aus Holz geschnitzte Hahrfl dar über beseitigt jeden Zweifel darüber, in welches Reich diese Pforte führt. Gin ansehnliches Hühnervolk stellt bei unserem Eintritt die scharrende Morgenbeschäftigung ein und rennt gackernd davon. Das Schweinehaus wird besichtigt. Dann die Kaninchenstallallee. Mit Stolz zeigt der „Kaninchen direktor", ein grinsender Niedersachse, das Ergebnis seiner Züchtungssürsorge. 150 Langohren. Weiß, gelb, braun, schwarz oder gescheckt. Hier die fiskalischen, dort draußen die Stallhasen. Tatsächlich, die Viehwirtschaft ist hier auf der Höhe. „Oh", meint der Führer, „wir haben noch mehr Haustiere hier. Ziegen und Schafe. Ihrer sieben zeugten im Lenze 14 Lämmer. Nicht zu vergessen Hunde und Katzen!" Der Baderaum wird besichtigt. 6lh Waschbecken mit Wasserleitung und Brausen zeugen für die Großzügigkeit der Anlage. Hier eine Holzbarackes Inschrift: „Die Benutzung der Kinderbadeanstatt ist nur hiesigen Kindern gestattet!" Wieder prägt sich «in Fragezeichen in.meinem Gesicht aus. Einfache Lösung: Diese Bude stand im Frieden am Strand«. Ihre Unbenutztheit während des Krieges ließ sie den Fört- bewohnern als ideales Wachlokal erscheinen. Also wurde das recht geräumige Badehaus der „hiesigen Kinder" in das Fort verpflanzt. Ein niedriger.Wald überschattet schilfbestandenes Sumpf- gelLNde. Dahinter aber dehnt sich ein weites Nutzland, auf dem die Fortbesatzung ihre eigenen Kartoffeln, ihren eigenen Kohl baut: Selbstversorger! Saubere Mannschastsräume werden jetzt aufgesucht. Die Leute sind beim Eewehrreinigen. Bei unserem Eintritt ver stummt der Gesang und ein - vielstimmiger Ruf: Ordnung!" tönt uns entgegen. „Weitermachen, ^weitersingen" befiehlt mein Cicerone, und erst zaghaft, dann frischer setzt der Vers des Soldatenliedes ein: „Steh ich in finstrer Mitternacht." Indessen gehen wir Lieder ins Freie und verabschieden uns zum Weitermarsch. Ich muß über den eben gehörten Sang nachdenken. Wie viele stehen heute täglich auf der ein samen Wacht und denken an das ferne, treuverbleibende Lieb! Millionen,. Allen eigen diese tiefe Heimatliebr und Heimats sehnsucht, den Feldgrauen an den Fronten, den Blauen an Bors und der Wacht an unserer Küste. Deemischt«, ! ' llnverschiffbare Wolle. Ein Bild von der durch den ! U-Bootkrieg herrorgerufenen Verwirrung auf dem internatio nalen Wollmarkt entwirft der „Economist" vom 3. August > 1918: „Ein seh: bezeichnendes Telegramm fand sich am Mon- tag in der Presse, nach dem in Australien nicht weniger als 1200 000 Ballen Wolle liegen, die wegen Schiffsraum knappheit nicht verschifft werden können. Das Telegramm sagt weiter: „daß diese Wolle eingelagert wurde und daß s keine Aussicht bestände, sie noch in diesem Jahre zu ver- frachten." Die Zahlen treffen zu und waren in «ingeweihtrn " Handelskrisen schon vor drei Wochen bekannt. Es ist auf fallend, daß die in Neuseeland und Südafrika liegenden unverschiffbaren Wollvorräte nicht ebenfalls erwähnt wurden. Man braucht von dieser Sachlage nicht allzu sehr über rascht zu sein. Sie ist eine Folge fehlenden Schiffsraums. In der englischen Industrie macht sich das Fehlen dieser Wollmengen bereits sehr unangenehm bemerkbar. ' Russisch« Goldschätze durch di« Tschechen erbeutet. Die ' russische Presse bringt jetzt nähere Einzelheiten über den in Kasan von den Tschechoslowaken gestohlenen Schatz. Da- > nach sollen in Kasan nicht nur die dort vorhandene Gold menge, sondern der ganze, aus den Petersburger und Mos kauer Banken konfiszierte Gold- und Kunstschatz, sowie Eold- und Silberbarren sicherheitshalber aufbewahrt worden sein. , Nachdem es den Tschechen gelungen ist, Kasan zu erobern, er- > fuhren fie von dem verborgenen Schatz, und sie machten sich ! sofort daran, ihn nach dem Innern zu verschicken. Zur Be- ' förderung der Gold- und Silberbestände wurden 18 Trans- i port- und Güterzüg« gebraucht. Daraus kann man sich ein ! Bild machen, wie groß die dort aufbewahrten Bestände sein § müssen. — Das gemühte Gold soll über 650 Millionen Rubel betragen.