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— 392 — dieser Zeit hervorgrhen. (Aus: „Der Flottenbund"). Verantwortlicher Redakteur: Ernst Roßberq in Frankenberg i.S. — Druck und Verlag von C. G. Roßberg in Frankenberg i.8- vermischtes ' Der Patriarch von Georgien ermordet. Nach ver bürgten Nachrichten, die in Konstantinopel eingettoffen sind, wurde der Patriarch und Katholikos von Georgien, Kyrios II., der sich vor einiger Zeit in ein Kloster in der Umgebung von Tiflis begeben hatte, um dort die Sommerzeit zu ver bringen, von einem Unbekannten ermordet. Er war nach Wiederherstellung der Unabhängigkeit der autocephalen Kirche Geeorgiens im vorigen Jahre von Liner Nationalversamm lung aus Geistlichen und Laien zum Oberhaupt der georgischen Hirche gewählt worden. ' Der elektrisch« Drachen. In Waldenburg vergnügte sich ein Knabe mit einem Drachen, den er anstelle von Schnur mit dünnem Draht leitete. Hierbei flog der Drachen gegen die elektrische Hochspannungsleitung der Ueberlandzenttal«. Im selben Moment brach der Knabe, ein Sohn des Berg manns Nitsch«, vom elektrischen Schlage betäubt, zusammen. ' Di« überlistete Li se. Der „Landsturmmann" erzählt: In Berlin auf Urlaub, hatte ich das feltene Glück, eine un besetzte Droschke zu erwischen. „Kutscher, fahren Sie mich . nach^Xantenerstraße", sagte ich. „Xantenerstratze," meinte er, „der is ein mächtiges Ende. Na, steigen Se mal in." — Etwa auf der Hälfte der Fahrt blieb der Wagen plötzlich stehen. „Ach bitte, steigen Se doch mal einen Momang aus," sagte der Kutscher. „Was nämlich meine Liese is, die - macht nur kurze Touren. Wenn's ihr zu lange dauert, bleibt sie einfach stehen. Wenn Se nu wieder insteigen und die Wagentüre fest zuschlagen, dann denkt der Gaul« H is ne neue Tour, und denn jeht er weiter." rinnender Streifen. Dünne Rauchwölkchen. Dann «in ein laufender Frachtdampfer. Kohlen- oder Erzfahrer? Im Nu sind wir über ihm dahin. Der da läuft gegen die Ebbe sein« 10 Kilometer die Stund«, wir hier oben I5mal so viel! Curhaven! Helle Häuser und BadevUen, schneeweiße Wände unter roten Dächern, grün«, braune, gem« Acker flächen. Näher, deutlicher rückt die Marinestadt. Die staatlichen Gebäude treten heraus, der stumpfe Turm der Earnisonkirchr, die grünen Wälle d«s Forts. Alt« Liebe, Hafeneinfahrten, Signalstation. In den Hafenbecken Schiff an Schiff. Leichter Qualm ringelt sich hoch. Nun stehen wir vor dem Ziele. Gleitflug und Kurven. Korkzieherartig dreht und windet sich das bunte Schauspiel herum, sausen. Häuser und Schiffe schräg aufwärts an den Augen vorbei. Lüst beklemmung, als ob man im Rodelschlitten abwärts saus«. Da — platschend prallt das Fahrzeug auf das Wasser aus. Leises Befreiungsgefühl. Mutter Hrde, sei gegrüßt! vir Wirkung Ser Wrgrberuke; suk Ora srauencbsnkter Bon Helene Wenck-Rüggeberg Der Beruf drü^t jeder Persönlichkeit einen gewissen Kul turstempel aüf. Bei den Männern, die schon viel länger als die Frauen..in einem festumrissenen Beruf stehen, ist der Berufstypus naturgemäß schärfer ausgebildet. Aber mir scheint, daß gerade der Krieg auch ber der Frau das Berufs gepräge verschärft hat. Wir sind bereichert worden durch eine Auslese von Frauen, denen die befriedigende Anspannung aller ihrer Kräfte und Anlagen etwas Sicheres, Frohes, Starkes, Würdevolles gibt, Frauen, denen die Freude an der Arbeit Spannkraft und Frische verleiht, die das Leben be herrschen, weil sie ihm zu dienen wissen. Aber auch ander« Frauen gibt es, die mühselig und beladen, .Unwirsch und unzufrieden ihre Straße ziehen, denen ihr aus der Not hervorgegangener Beruf Last und Plage und bitterer Zwang ist — das sind die wirtschaftlich Schwächsten, die seufzend ihr Tagewerk vollbringen, vielleicht in ständiger Sorge -um ihre sich selbst überlassenen Kinder. Wie hat nun der Kriegsberuf der Frau rm 'allgemeinen auf ihren Charakter gewirkt? Hat ihr weibliches Wesen, ihre Seele, ihre Anmut, ihr innerstes Frauentum nicht da durch gelitten? War man nicht anfangs entsetzt und ent rüstet, daß die Frau in Männerberufe eintrat, ja daß sie sogar in Männerkleidung ihren Dienst versah, glaubte man sie nicht in ihrer Würde geschädigt, kn ihrer Sittenremheit verletzt. Wie weggewsht sind diese Einwände und ängst lichen Erwägungen. Die höhere Macht des Krieges hat di« Frauen einfach gezwungen, die Arbeit auf sich zu nehmen, die ihnen am nächsten lag, die sie für sich entdeckten und die des Vaterlandes Not von ihnen verlangte., Der Krieg hat di« Frau in engsten Zusammenhang mit dem Eesamtleben der Nation gebracht. Daraus sind Werte erwachsen, die sich fruchtbringend fortpflanzen und unserer Volkswirtschaft neues Leben zuführen. ' Biel Kleinliches, Eitles und Törichtes ist in dieser großen schweren Zeit von den Frauen Sbgefallen. Aber auch hurt und rauh sind sie geworden. Hört man nicht oft Klagen über die zunehmend« „Kratzbürftigkeit" und rücksichtslose Un- Höflichkeit der Frauen im Veriehrsleben, in den Geschäften, in den Straßenbahnen, am Schalter, in den Büros? Es läßt sich nichi leugnen, die Milde uns Lindigkeit der Frauen hat gelitten. Aber wie soll eine Frau, die sich täglich durch überfüllte Straßenbahnwagen drängen, die sich wehren muß gegen Angriffe aller Art, die in der Fabrik Kollegin derber Männer fein muß, „wie eine Blume,'so hold, so schön und rein" bleioen, wie Schumann sie besingt? Dürfen wir sie darum verachten und schelten, daß sie sich «ine schroffere Ari, mehr Elibogenfreiheit und mehr männliches Temperament an geeignet hat? Es ist eine Fo.ge der Entwicklung des öffent lichen Lebens. Wir bek.azen sie, aber wir sehen keinen Nieder gang und keine Minderwertigkeit darin. Wieviel alte, ureigenste Frauentugenden sind anderer seits durch die zwingende Gewalt des Weltkrieges auch tm Berufsleben wieder zu Ehren gekommen: Mut, Geduld, Pflichttreue, Vernunft, Sparsamkeit, Opserwilligkeit. 'Schiä- salsmur und mildeste Mütterlichkeit haben sich in «ins ver schmolzen zu d«m Weib von heute, daß es wert sein will, diese Zeit zu erleben. Di« Frauen stehen in der Arbeit reifer,'fester und geschlossener'zusammen denn je zuvor. Wo hätten sich zudem nicht dre Begriffe für Haus, Heimat, Vaterland, Ehre, Pflicht, Liebe und Treue geklärt und vertieft! Eine höhere geistige Auffassung des Berufs ist nötig, damit die Frauen rlicht durch äußer« Geschehnisse im Beruf zermürbt und nervös werden. Diese seelische Durchdringung der Arbeit hat uns den Krieg mit seinen auf hoher vater ländischer Warte stehenden Verpflichtungen erleichtert, sie-ist ein wundxrvolles Hilfsmittel gegen Verzagtheit und Lauheit. Jede treue Arbeit hat ihrs Berufsweihe empfangen durch den hingebenden Dienst zu Schutz und Ehre unseres geliebten Vaterlandes. Man sieht und erlebt viel harmonische Wechsel wirkung von Begeisterung und ruhiger zielsicherer Arbeit. Ich glaube nicht, daß dis Frau tadelnswerte Eigen schaften aus der Zeit ihres Kriegsnotberufes mit in die Ehr zurückbringen wird, wenn'sw das Glück hat, den Mann ihrer Liebe, dessen Stellvertreterin sie war, auf seii en verlassenen Posten zurückkehren zu fehrn. 'Die meisten Ehefrauen, di« - jetzt im Beruf stehen, werden nach Friedensschluß mit doppelter I Freudigkeit an ihren stillen häuslichen Herd zurückkehren ünd - an Erfahrungen reicher, an Charakter gereifter ihren Einfluß auf Mann und Kinder mit Klugheit zur Geltung bringen. Das Berufsleben erzieht unbedingt zu größerer Pünktlich keit, zur Disziplin und Verantwortlichkeit und zur Selbst überwindung. Nachsicht und Güte sind nicht zu erschlagen, wo sie überhaupt einmal Wurzel gefaßt haben. Künstlerinnen, die einen Berufswechsel vornehmen mußten, die durch die Beschäftigung ihres Lebens und ihrer Seel« an Schönheit und Kultur gewöhnt waren, haben zweifellos das Bittere des neuen Aufbaues ihres Lebens tausendmal härter und schwerer empfunden als die Arbeiterfrau. Die gemeinsame Arbeit, das gemeinsame Schulter-an- Schulter-Stehen im wirtschaftlichen Kampf bringt hoffent lich künftig Mann und Frau innerlich näher und mildert die Gegensätze. Sollte man nicht glauben, daß aus dem neuen Geschlecht, das einen Helden zum Väter 'und eine stille Heldin zur Mutter hat,, eine höhere Art von Menschen hervorgehen müßte? Lassen wir uns den Idealismus «und den Blick zu den Sternen nicht rauben; die deutsche Frau kann niemals ihr eigenstes Wesen verleugnen, sie wird nicht kalt und herzlos, sondern kraftvoll und stark aus den Stürmen