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— 384 — ja", habe ich nur geantwortet, „wir stehen unter dent Roten Krenz, also darf auch nicht ans uns geschossen werden." Das Meinige habe ich mir allerdings für muh gedacht. G. R. vir Tsvilgefabr (KM.) Ans dem Felde wird uns geschrieben: Es ist das Schicksal aller neuen Dinge. ^Zuerst werden sie unterschätzt, dann erst nach vielem Schwanken im Ur teil richtig gewertet. Es war verkehrt, die Tankgefahr anfangs mit 'Lachen abzutun. Aber daß sie^ selbst in kritischen Gefechtslagen nicht unüberwindlich zu sein braucht, zeigt «in Vorfall aus den letzten Kämpfen zwischen Oise und Aisne. Ein Kölner Feld- artillerieregimestt hatte am 20. August mit seiner Feuerglocke die Waldschlucht von Nampcel zu decken, die, tief in den kahlen Höhlenblock eingelassen, unsere Widerstandslinie barg. Der Jnfanteriekampf in der Schlucht, die in ihren vielen gewundenen Ausläufern gedeckte Zuleiter für die feindlichen ! Angriffskräfte besag, war außerordentlich verwickelt und schwer. Auch unsere Batterien waren durch das feindliche Feuer stark j zerzaust worden. Die feindliche Feuerwalze.war ihrer Infanterie offenbar s davon gelaufen und über uns hinweggesaust. Man wußte, > was die plötzliche Stille zu bedeuten hatte, und richtete sich an den Geschützen zum Nahkampf «in. Der Qualm der Be schießung lüstete sich und gab den Blick frei. Um die Ränder der Schlucht und auf dem jenseitigen Höhenzug wurde es lebendig. Wie die Tierlein auf dem madigen Käse, so krab- , bellen die Tanks übers Gelände. Südlich St. Aubin standen : über die Höhen verteilt drei Feldgeschütze der Kölner, denen s sich ein bayrisches zugesellte, im Galopp offen auffahrend. Schnell sind nun die Ziele erfaßt. Die Panzerwagen hatten sich in völliger Verkennung der Sichtverhältnisse mit hellgelben Eetreidegarben verkleidet und stachen so trefflich von dem düsig dunklen Hintergründe ab. Auf allen Entfernungen feuerten die Kanoniere gegen die reichlich sich darbietenden beweglichen Scheiben. Ein Feuer- ! eifer im eigentlichen Sinne des Wortes erfaßte die Geschütz- 1 bedienungen, und Lie -allgemeine Stimmung, durch die Schwere des Angriffs gedrückt, schnellte im Augenblick in d:d ! Höhe. Aus dem obersten Punkte der ganzen Gegend stand, ! um den Regimentsstab gruppiert, offen die Ansammlung der i Zuschauer, die sich durch Infanteristen, Kanoniere und die ! sonstige Bevölkerung des Schlachtfeldes zusehends vermehrte i und in jauchzender Wonne die Spannung des seltenen Scharr- > spiels genoß: In kürzester Frist brachten dle vier Geschütze 17 der gefürchteten Ungetüme zur Strecke, oft aus den ersten, ! ost auf den zweiten Schuß, und alle Hände waren tätig, ! Lurch die Beschießung des einen die Erledigung des anderen zu versäumen. Wahrhaft belustigend wirkte es, wre 'schließlich die ganze fahrbare feindliche Streitmacht, in kopfloser Verwirrung be- ! fangen, auf engem Raume durcheinander fuhr, auf der rechten und linken Hand, kreuz und quer, wie wenn in der Restschule „Durcheinanderreiten" besohlen ist. Nicht ein einziger Tank kam hier durch, nur wenige kamen zurück, und als sich hinter ihnen die ersten Infanteristen im gelben Kakhi zeigten, genügten einige Schüsse unserer schwachen Verteidigung, um sie aufzuhalten. Die Lage, die bereits äußerst kritisch gewesen war, war gerettet. Die Tanks können recht ungemütlich werden, besonders wenn ihnen die Aeberraschung Vorspann leistet. Sie sind jedoch verloren, wenn Ler Angegriffene den Abstand gewinnt, ihnen frei ins Gesicht zu sehen. Dieser Abstand beläuft sich nicht nach Metern, sondern hat jem Maß in Ler Unerschrocken heit des Verteidigers. fron« ««<1 heimst Don einem Mitarbeiter wird uns geschrieben: Es ist in langen Kriegen ähnlich wie in der Ehe: die liebevolle Innigkeit der Beziehungen zwischen Front und Heimat kühlt sich im Laufe srer Zeit zur Gewohnheit ab, züm Alltag, zur dumpfen Pflicht. Die Gemeinschaft wird etwas lockerer, feder der beiden Teile versinkt in die Trübnis seiner eigenen Müh- Lerantw örtlicher R^aktaa: Srnst Roßberg i» Frankenberg i-S- sal und lebt für sich. Ideale Ehen, in Lenen die stürmische Liebe der ersten Zeit sich zu inniger Freundschaft klärt, find selten. Gewiß, auch im vieren Jahr des gemeinsamen Lebens zwischen Front und Heimat fehlt die „Jdealehe" nicht. Aber sie ist doch Ausnahme. Regel ist Lie zur Selbstver ständlichkeit erstarrte Gewohnheit; eine wachsende Distanz zwischen draußen und daheim. Beide haben ihre eigene Not und ihre eigenen Sorgen. Und Gewohnheit, Lieser schlimmste Feind aller ursprünglichen lebhaften Empfindungen, nagt an dem Band, Las einst Front und Hinterland so «ng umschlang. Ist es heute schon durchnagt? Besteht die Gefahr, daß Heimat und Front, voneinander losgelöst, jede für sich ihr eigenes Leben lebt, von dem der andere nichts wliß? Diese Gefahr besteht. Es wäre feige, dies zu verheim lichen und töricht, zu fragen, wie es kam und wer Schuld daran trägt. Diefer Krieg dauert eben für die'seelische Trag fähigkeit der Menschen zu lange. Er macht aus empfindlichen Menschen Maschinen, deren Motor der Lebenstrieb ist. Nie war so viel Lebenstrieb in uns, wie jetzt, da das Leben fo kläglich geworden ist. .Das Dasein ist, wie kaum jemals zuvor, von primitivsten Bedürfnissen beherrscht. 'Das Be dürfnis und Triebleben aber ist überhaupt die niedrigste Form des Existierens, ist jene, die auch das Tier hat, und wenn sie das Leben beherrscht, bleiot nicht viel, bleibt fast nichts für zartere, höhere Strebungen und Regungen Übrig. Diese Worte gelten uns, uns Daheimmenschen, nicht dem Frontsoldaten. Dieser ist, trotz allem, noch in der glück lichen Lage, vom zermürbenden Eristenzkampf nichts zu spüren. Er führt, losgelöst von der Zivilisation, ein Leben außerhalb der Kultur und Gesellschaft. Wir dagegen leben noch immer zwischen zwischen den Kultur-Kulissen, vetsuchen noch immer, kulturell zu agieren, mühen uns krampfhaft, eine, gewisse zivilisatorische Höhe zu wahren, indes' uns die pri- märsten Grundbedingungen einer solchen angestrebten Exi stenz genommen sind. Der Frontsoldat hingegen kennt keine Gesellschaft, er pfeift auf Zivilisation, er braucht keinen Geh rock, er leidet sticht dir neroenzermürbendr Sorge um das Nahrungsmittel und dir groteske Qual des Rationierungs- Zeremoniells, das Essrn kommt heran, oder es kommt nicht, Lurus ist ihm ein entschwundener Begriff, und eine Matratze ist ihm schon Luxus. Er ist der ursprüngliche Mensch, Höhlen mensch, im Kampf mit dem Tode, der immer da ist und der einem solchen Dasein Größe und vielleicht auch eine gewisse Ruhe verleiht.. Wir indessen im Hinterland quälen uns unter den Mückenstichen eines peinigenden Alltagslebens, das wir uns gleichsam aus den Brzugsscheinstellen holen müssen. Der Feldsoldat ist gut daran, weil er, wie unter einer Natur- gewatt, radikal und entschlossen, Las gewohnte Leben von sich abwirft. Er äugelt nicht gierig nach Len Finessen der Zivili sation, auf die wir so schwer verzichten können, wiewohl wir kaum unsere Lebensblöße decken und unseren Leibeshunger stillen können. Vielleicht wird, wenn der Krieg noch Jahre dauert, die Scheidung zwischen Front und Heimat fallen. And wir daheim werden 'dann ganz ähnlich leben, wie jene draußen. Der Frontsoldat - ist der Beweis, wie viel eine Menschheit entbehren kann. Wir daheim habest mitunter sogar die Seel« über Bord geworfen und waren zufrieden, wenn wir mit den kümmerlichen Resten einer mühselig behaupteten .Zivili sation lebest konnten ... H. N. venmsrdret ' Paradiesische Zustände für Gemüsestichter. Da kg die sem Jahre im Spreewald die Gurken fehlten, war es nicht nötig, Gemüsemärkte abzuhalten. Auch bezüglich der übrigen Gemüsearten war es nicht nötig, denn die Züchter werden der Mühe enthoben, auf den Markt ziehen zu "müssen. Sie werden im Hause schon von Aufkäufern, namentlich von Handelsfrauen, überlaufen. Diese kommen wöchentlich zweimal, zuweilen an hundert, mit "ihren Tragkörben und kaufen schon dort auf, so daß die Ackerbürger Lie Ware nicht einmal in ihr Haus zu schaffen brauchen. Für die Züchter herrschen deshalb augenblicklich paradiesische .Zu stände. Wenn heute ein großstädtischer Händler aus Dresden oder Berlin an einen Züchter um Ware schreibt, wird er vergeblich auf Zusendung warten müssen. Will er etwas haben, muß er selbst Herkommen. — Druck und Verlag von E. S. Roßberg in Frankenberg i.S-