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- — 376 — vielleicht mit einem englischen Helgoland hätte sein können. So schrieb der „Statist" am 9. März d. J.:„Nur die Abtretung Helgolands ist daran schuld gewesen, daß die englische Flotte nicht alles das hat leisten können, was man von ihr erwartete. Dadurch, daß sich Deutschland aus Helgo- land einen starken Flottenstützpunkt schafft«, ist England daran verhindert worden, in der Ostsee seine Pflicht zu tun md die Deutschen an der Besetzung von Riga und der Bal tischen Inseln zu verhindern." „Finanzial News" schrieben am 6. Februar u. a.: „Es ist Zeit, daß die Umstände, unter denen wir den Besitz von Helgoland aufgegsben haben, bekannt werden, selbst auf die Gefahr einer nationalen Erregung hin!" Voller Zorn forderte im September 1915 die „Pork- shir« Weefly Post", datz die „unglückselige Insel, die eine der Hauptursachen dieses Krieges sei, nach Friedensschlutz einfach ' in die Luft gesprengt ^werden sollte". Man sieht, w.ir waren gui'beraten, als wir uns zu hem Sansibarvertrag entschlossen. Weih man auch noch, welcher Sturm sich in manchen deutschen Kreisen damals erhob, ob des angeblich unrentablen Geschäfts? Mutz uns das nicht zu denken geben für gewisse brennende Tagesfragen, über, welche die Meinungen well auseinandergehen und die Ge müter sich heftig erregen? Aber freuen wir uns "der deutschen Gegenwart Helgo lands. Es mutz ja wieder einmal der Tag kommen, .an dem die schmucken Bädsrdampfer des Norddeutschen Lloyds und der Hapag freudig bewegte»Menschen nach der Vadrinsel Helgoland fahren, nachdem schon vorher die Zivilbevölkerung wieder in ihre Heimat eingezogen ist, was nach der Antwort - des Ministeriums des Innern auf di« Anfrage eines 'Land tagsabgeordneten bald nach Friedensschlutz beabsichtigt' ist. Mit ganz anderen Augen werden dann die vielen Badegäste das Rote Land mit dem weihen Sand und dem grünen Grasteppich betrachten, dankbar dann aber auch der Männer aus allen deutschen Gauen gedenken, die während des Krieges diesen am weitesten vorgeschobenen Posten verteidigten und treue Wacht im Norden hielten. . Ehe ich von Helgoland schied, warf ich noch «inen langen sinnenden Blick in die Runde. Auf die drohenden, nicht durch unsere Schuld so untätigen Riesengeschütze, auf die Männer in der schmucken Tracht unserer Marine, hinunter auf den Hafen, auf den Erfolg unserer zähen Arbeit . Stolz weitete sich' das Herz, und das Auge blieb unwillkürlich an der Kriegs flagge haften, die in trägen Schlägen in der lauen Br'se flatterte. Stolzes, unbesiegbares Baimer junger deutscher Seemacht, allbehütender Mutterliebe gleich schaust du hier auf fruchtbares Friedenswerk rind eiserne, unermüdliche Kriegs pflichterfüllung. Dank sei'dem Kaiser und seinen Ratgebern, datz du deulsche Flagge über dem Roten Fels im Meer wehen kannst! In Stürmen des Nordmeers ^nd in den Stürmen Les Krieges stehst du fest und 'unüberwindlich, stolzes deutsches Helgoland! llolung Von l). Traub. Kürzlich las ich in einer französischen Zeitung die Nach richt, es gäbe jetzt keine Antisozialisten, Antisemiten, Anti klerikale, Antirepublikansr mehr, nur noch 'Antiboches, und darin seien alle einig. Mögen hiermit die Verhältnisse auch viel zu rosig dargestellt sein: der französische W'l'.e ist klar. Seine werbende Kraft ist vorbildlich. Die Losung: „Antiboches" hat in Frankreich diese vier Jahre lang ihre Zugkraft bewährt. Bittere Pillen von England und Amerika wurden geschluckt, schwerste Kümmernisse überstanden, Unsag barer Jammer erduldet: der Hatz und die Feindschaft, rn'der alle einig sind, gehr immer noch gegen die Boches. Bei der Beschießung von Paris fiel -ine deutsche Kugel in eine katho lische Kathedrale. Man mutz einmal die Füll« von Zeitungs berichten lesen, welche sich an diesen Schutz gehängt hat! All« Glaubensbekenntnisse hat er geeinigt. Rühmend verkündet Le Soir, der Grotzrabbiner von Frankreich habe sich mit dem französischen Kardinal Amette vereinigt, um seinen Ab scheu gegen das deutsche Verbrechen kundzutun. Der Katholik Erousseau wetteiferte mit dem Freidenker Jean Bon im Parlament, um den Gefühlen einmütiger Verurteilung d«n schärfsten Ausdruck zu verleihen. Es gibt in Paris nur ein einzige Front, und d»e heißt „antk-boche!" Darum haben auch die Protestanten Frankeichs anläßlich der Karfreitags beschießung dem Kardinal Amette ihr Beileid mitgeteilt und diese Kundgebung in der Presse veröffentlicht. So stand es in Paris vor der iWlacht an der Marne und an der Somme. Man kann sich vorstellen, wie dir Stimmung dort heute nach diesen Erfolgen aussehen wird, in welchen der Franzose bereits von einer Niederlage des deutschen Militarismus träumt. Antiboche! — Die ernste Kehrseite dieser französischen Einigkeit gegen über dem Feind liegt in der Frage an uns Deutsche: „Wie stshtes denn bei ru ch?" Wir smd lange nicht so einheit lich in der Stimmung gegen den Feind. Darum dauert 'd«r Krieg weiter. Ich werde nie etwas Neues sagen, sondern immer meine alte Pflicht erfüllen: jede Ritze in unserer Einig keit zu Haus bietet der feindlichen Hand Aussicht und'Gelegen heit, hinernzufassen, .zu wühlen, sie zu verbreitern, bis das große Loch entstanden ist. Ich weiß, datz man weithin den Deutschen vorredet: ,;Latzt euch doch nicht bange machen! Das sagt man euch nur vor und malt euch die Dinge so." Ach , nein! Hätte man uns lieber vor dem Kriege — schon die Dinge nicht „gemalt", sondern sie- uns sehen lassen in ihrer nackten Wirklichkeit. Ein Bethmann hat wirklich „gemalt", die Alldeutschen mit ihren ernsten Warnungen haben recht behalten. Auch wir malen nicht. Wir sehen nur, wie un beschreiblich entsetzlich ein schlechter Friede für Deutschland wäre, den unsere politische Uneinig keit Hervorrufen will. Was in englischen . und französischen Sozialistenkreisen heute vor sich geht, hat mit^Kriegszulen gar nichts zu tun. Sie wollen alle, den Krieg gewinnen; das ist ihr Ziel; darin sind sie alle einig. Sie streiten sich nur um Lohn, um innerpolitische Ziele, um soziale Zukunftsfragsn mit der Regierung. Aber sie sind mit ihr eins intern klaren Entschluß: den Krieg zu gewinnen. Darüber darf sich niemand in Deutschland täuschen. Darum erinnern wir an jene Haltung der französischem Parteien, wie sie sich in der Antiboche-Stimmung niederschlägt. . Deutscher, denke daran! „Gegen den Feind!" Das ist und bleibt die selbst verständlichste Losung für uns alle. Lächerlich ists, das im Kriege aussprechen zu müssen. Uber es mutz gesagt werden. Mobilisiert müssen die Geister bleiben, sonst bleiben es auch ' die Hände nicht mehr. Wer dazu auffordert, die Geister zu „demobilisieren", der schafft ffene Löcher, durch welche der Feind in die deutsche Burg eindringrn kann. Er verschleiert die Gefahr, die riesengroß vor uns steht, wenn wir nicht gewinnen. Weil wir gewinnen können und gewinnen wer den, wenn wir jetzt bis zum Ende gehen, ist es Volkssünde, den Feind zwar in seiner einmütigen Entschlossenheit zu sehen und trotzdem uns zu zerspalten und zu veruneinigen. Ein Krieg mutz durchgefochten sein! Wer nicht mithilft, hilft d«m Gegner. Die einzige Losung heißt: „Gegen den Feind!" llermilcbler ' Wie es einem deutschen Hauptmann in englischen Hän-. den erging. Hauptmann H wurde nach seiner Gefangen nahme zunächst in der üblichen Weise von der englischen Sol- i doteska völbg ausgeplündert. Taschen- und Armbanduhr, > Taschentücher, Geldbörse, das E. K. 1 wurden ihm unter Be- ! drohung mit Bajonetten aeraubt, ein Achselstück wurde ihm s von den Schultern, die Mühe voM Kopf gerissen, so daß er ! während drs folaenden Transportes in glühender Sonne einen Sonnenstich erlitt. Schwerverwundete Deulsche mutzten den ! Marsch zu Futz mitmachen; viele erbrachen sich wiederholt. > Mehrmals wurden sie mit Schlägen bedroht, Uebernachten mutzten alle obne Decken aus nacktem, durchnäßtem Boden. Während der Bahnfahrt wurde Hauptmann H angespuckt. ! Der Transvortdompfer, der ihn in» Eefangenlager brachte, i starrte vor Mist und Jauche der vorher darauf geladen gewe- s senen Maultiere. Es gab keinen trockenen Platz an Bord. In ! dieses Schmvtzschiff wurden mehrere tausend Deutsche gepfercht. Im Lager von Donnington-Hall — das die Engländer als ! Musterlager rühmen! — war es nicht viel besser. Kalte, enge - Unterkunft, deren Folge viele rheumatische Erkrankungen waren; ! Schmutz, Roheit, Diebstahl und Vernachlässigung allenthalben — ein wahrhaft englisches Stimmunwb ld! Und dies in dent Lande, das sich einst rühmte, der historische Hort persönlicher Menschenwürde zu sein! Lerantnr örtlicher Nacktem: Trust Roßberg in Frankenberg t.v. — Druck und Verlag von T. iS. Rotzberg tn Frankenberg i.G^