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— 396 — Verantwortlich« AiedÄtem: Ernst Roßberq in Frankenberg i.S. — Druck und Verlag von C. G. Roßberg in Frankenberg i.8- Domasch, Eeschästsgehilfe^ aus Dresden, und Zinke, Tischler aus Grünberg in Schlesien, und der Wehrmann Mickel, Feilenschleifer aus Eibau. Träge wälzt der graugelbe Elbstrom seine Fluten zum Meer. Bis vor vier Jahren trug er auf seinem Rücken die Schätze der Erde gen Hamburg, führte abwärts in tief beladenen Schiffen die Lasten, die von dem Fleiß deutscher Arbeiter, von der Unternehmungslust deutschen Handels und dem Schaffen unserer Industrie zeugten. Heute liegt die breite Wasserstrahe vereinsamt. Fischerfahrzeuge gon deln langsam dahin, Minensucher eilen vorüber, Torpedo- bote jagen vorbei, dann und koann schwebt auch der pralle Rücken eines Unterseebootes entlang. Der Weltkrieg hat das Bild, das sich vor Lurhaven bietet, gründlich geändert. Die Nähe des Kaiser Wilhelm-Kanals tut ihr übriges, um der Elbe den heutigen kriegerischen Stempel aufzudrücken. Der Kanal — daß er ein hochwichtiges Mittel unserer See- kriegführung ist, hat er glänzend bewiesen — ist das zweite Kleinod, das die Wacht an der Elbe zu schirmen hat. Nord ostsee-Kanal und Hamburg, zwei ^Stätten, bei deren Namen das deutsche Auge polier Stolz aufleuchten darf. Der Friedensschluß wird beide wieder vor -die alten wichtigen, vor neue, noch wichtigere Aufgaben für Deutschlands Zu kunft stellen. Bis dahin aber hält die Matrosenartillerie an der Elbemündung treue Wacht und sichert beider Unver sehrtheit. « llemistdter k" ' „Barfuß bis an den Hals." In der Obstplantage des Mühlengutes Ält-Scherbitz bei Schkeuditz war der Bedang der Apfe bäume geplündert worden. Um den Dieb zu fassen, traf man Vorkehrungen und sah dann auch an einem der letzten Tage in vorgerückter Abendstunde am Ufer der Elster eine Ge stalt auftauchen, die sich ihrer Kleidung entledigte, sich mit einem Sack versah und so der Plantaoe zuschwamm. Als sie nun mit ihrer Beute das diesseitige Ufer wieder erreichte, wurde sie ab gefaßt und laut „Schkeuditzer Wochenblatt" „barfuß bis an den Hals" dem Besitzer zu einem Verhör vorgeführt. Die Person entpuppte sich als ein Matrose, der, nachdem man ihm seine Kluft wiedergegeben hatte, der Polizeibehörde zugeführt wurde. Red, »ft! (K.M.s Aus dem Felde wird uns geschrieben: Kürzlich hielt ich eines der vielen Flugblätter in der Hand, mit denen die Franzosen in letzter Zeit unsere Front mürbe zu machen suchen. Und da fiel mir ein Satz ins Auge, bei d-m ich hell auflachen mußte. An einer Steile hieß es: „Frisch gewagt! Verirrt euch auf dem Patrouillengang! Diejenigen, die freiwillig herüberkommen, werden noch besser behandelt als die anderen Gefangenen". Ach, nee! Also noch besser oder noch besser! Man mag dre Betonung so oder so legen, es ist gleich interessant. Seit vier Kriegsjahrsn hören wir täglich eine Blütenlese von Beispielen französischer „Ritterlichkeit" gegenüber deutschen Ge fangenen. Seit vier Jahren sind die Aussagen unserer heim gekehrten oder ausgetauschten Kameraden, ganz unabhängig voneinander, so verblüffend ähnlich und klagen Frankreich so bitter schwer an, dieses bis ins tz fanatische Frankreich, das sich skrupellos die schlimmsten Beschmutzungen, Quälereien und Verbrechen wehrlosen Deutschen gegenüber erlaubt hat. Warum wagen heute noch so viele unter Einsatz ihres Lebens die Flucht? Warum kommen so viele gebrochen zurück und erzählen schluchzend, daß sie lieber tot als noch einmal gefangen sein möchten? Ganz gewiß, weil.sie drüben „in der Sommer frische" waren und sich wundervoll fühlten! Uno pochend auf diese „herrlichen Tage in Frankreich", werden nun auch Leute zum Ueberlaufen eingeladen. Die sollen es „noch besser" haben! Alle Wetter! Welche Ehre! Na, solche pflichtvergessenen Geschöpfe hätten dann diese „noch bessere" Behandlung allerdings gründlich verdient. Im übrigen ist die Köderei lachhaft plump. Nee, Pisang. Wir sind genügsame Leute und wollen's gar nicht so.gut haben! Wenn du Glück hast, findest du vielleicht mal einen noch Dümmeren, der daraus hineinsällt! Sollte dir's aber nicht gelingen, so bleibt dir ja immer noch die Möglichkeit, aus dem komparativen „noch besser" den Superlativ zu machen. Möglicherweise beißt dann einer an! Weidmanns heil! . . . Vie Warbt an aer klbemünäung 1. Krregsgedanken „Hamburg von der englischen Flotte/ beschossen, steht s m Flammen! Fünfundzwanzig deutsche Schlachtschiffe in der s Nordsee versenkt! Die Franzosen haben den Rhein über- , schritten!," Lauteten nicht so im August 1914 die feindlichen ! Cchwindeltelegramme, mit denen die Welt durch Reuter und i Havas überschwemmt wurde? And wie stellt sich dis .Wirk- ! lichkeit heute nach vier Kriegsjahren dar? Mehr als ein ! Dutzend englischer Schlachtschiffe sank auf den Meeresboden, : nur ein einziges älteres deutsches Linienschiff, die „Pommern" f haben wir aüf der entsprechenden Verlustseite zu buchen. 's Dir Franzosen am Rhein? Im eigenen, arg verwüsteten > Lande führen s'e diesen Krieg, und noch cheute betrat kein - Welscher den Strand des grünen Stromes. Und Ham- - bürg? Zwar abgeschlossen vom lebendigen Pulsschlag des Weltverkehrs, .m 'Dornröschenschlaf, dem Prinzenkuß des Friedens entgegenharrend, aber doch heute noch so unver sehrt wie am ersten Kriegstage. Unbehelligt geblieben von englischen Schiffsgranaten, sowohl wie auch von Flieger bomben feindlicher Wasserflugzeuge. Das dankt die stolze hanseatische Handelsstadt der deutschen Marine, ihrer Wacht, die sie auf See und an der Küste hielt. Insbesondere aus Helgoland und an der Elbemündung. Der Wunsch, einen Einblick zu tun in das Kriegsleben der Besatzungen unserer Küstenforts in und in der Nähe unserer Marinefestung Cur- haven, führte mich zu einem kurzen Besuche dorthin und zeitigte wertvolle, bleibende Eindrücke, die auch für die Oesfentlich- keit Interesse haben dürsten. - Am frühen Morgen traf ich mich mit dem mir zur Ver fügung gestellten Führer, Oberleutnant d. R. H., und be gann mit ihm die nicht gerade unbeschwerliche Wanderung. „Augen und Ohren aufmachen!" hieß es, wenn man in oiesen s wenigen Stunden Ersprießliches, Nutzbares sammeln wollte. ! Ich tats in reichstem Maße. Ließ mir berichten von dem < Erleben oder vielmehr nicht Erlebten dieser vier Kriegsjahre. ! Wie dis Reservisten im August 1914 in Hellen Scharen^ an- s kamen und auf die Batterien verteilt wurden, wie die s Küstenforts, mit der neuen alten Mannschaft hurtigst auf. höchste Kriegsbereitschaft' gebracht, Schießübungen bei Gelage , und bei Nacht veranstalten mußten. Wenige Tage ge- j nügten, und die Elbzoacht war bereit zum Empfang des f Feindes. Aber er kam nicht, so sehnsüchtig auch Tausende ! junger und alter Augen über die See lugten. And ,o warten sre 'heute noch auf den Briten, wenn auch mit anderen Gefühlen als vyr vier Jahren. Ueberwog damals gespannte Erwartung, kühner Angriffsgeist und gebändigter Taten drang, so trat später an deren Stelle heiliger Zorn über des vermessenen „meergewaltigen" Albion feige Zurückhaltung und dann, je mehr und länger und langsamer der Zeigen, der Kriegsuhr voranrückte, stille, verbissene Entsagung. Wache halten, Pflicht tun, einen Tag um den anderen. ! Warten und immer wieder warten. Warum kam die eng- i lische Flotte picht und ließ ihre Geschütze spielen? Markige Antwort 'wäre ihr sicher gewesen. Doch der -für sie wenig ! rühmliche Strauß gegen dis Dardanellen saß und sitzt den Engländern heute noch in den Knochen. Also müssen die Curhavener Artilleristen weiter warten. Wahrscheinlich ver geblich bis zum Kriegsende. Auch eine andere Hoffnung trog. So angespannt die Augen Morgen um Morgen den Strand absuchten, das er sehnte englische Unterseeboot, hsrbeigswünscht als Ziel scheibe für di« Kruppschen Feuerschlünbe, kam nicht. Und - wird ebenfalls wohl nicht kommen. Elbaufwärts aber liegt Hamburg. Unversehrt wie am ersten Kriegslage. Ja, die Küstenwacht hat ihrem Namen alle Ehrs gemacht: all- un- - sere Küstenstädte liegen unversehrt. Ihrem Vorhandensein dankt die reiche Hansestadt, daß ihr das Los vieler eng lischer Seeplätze erspart blieb. Ein köstlich Wächteramt ist es, das unsere Matrosen artilleristen ausüben dürfen. Ein Kleinod gibt es zu be wachen und zu schirmen vor Feindes Angriff — Hamburg, die strahlende Perle im Kranze deutscher Seestädte.