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VL. N — 386 — allem für 'S und seine / es war verwirrt haben wir heute?" „Wir sind nur noch vier Tage von Weihnachten ent fernt," sagte sie, „und krank wurdest du — Iah sehen — fa, am 8. August war es. Und am I. Dezember warst du zuerst fieberfrei. Jetzt bist du nur noch ein wenig schwach, aber völlig gesund." doch ganz ruhig und unberührt, „man sagt, sie haben schon die Anfänge einer Hungersnot 'dort." „Gib mir d«'Zeitungen," murmelte er mit versagenoer Stimme, „alle, alle, von her ganzen Zeit." „Aber der Arzt hat jedes Lesen, jede Erregung ver boten, Liebster!" „Gib sie mir, Maud, ich mutz alles wissen." Er las nün. Alle Berichte vom Kriege, -alle Lügen und alle Verleumdungen, die die englische Presse brachte. Daß es nicht die Wahrheit war, was diese Blätter schrieben, das erkannte er sofort. Wie aber, wie war die Wahrheit? Und wo fand er sie? Er lieh sich deutsch-amerikanische Blätter bringen. Ja, in ihnen standen schon andere Dinge, danach sah die Mett denn doch noch anders aus, als Englands Freunde es ver breiteten und wünschten. Er lieh den Grafen Bodenstein zu sich bitten und d-e anderen deutschen Herren seiner näheren Bekanntschaft. Einige von ihnen standen mit der deutschen Botschaft in Verbindung, nun erfuhr man wenigstens die ^Wahrheit, die wohl ernst, aber doch auch groh und erhebend war. Herrlich, herrlich verteidigte Deutschland seine heiligsten Güter, jagte die Minde aus dem Reich, besetzte, eroberte, besiegte Feindesland. Joachim hört nun von der Stimmung, die in den Staa ten, die in Newyork herrschte. Sie war in der allergrößten Mehrzahl englandfreundlich. Die Presse zum ^Teil von Eng-, land gekauft, das Volk aufgehetzt gegen Deutschland. Und di« deutsch-amerikanische Bevölkerung, die treu und ergeben zum Mutterland hielt, kam nicht auf gegen die Üeberzähl der anderen. Joachims Laune wurde düsterer, von Tag zu Tag, trotz dem sein Körper sich immer mehr erholte. Aber sein« .Seele blieb krank. Und es gelang Maud nicht mehr, ihn auszu heitern. ' . ! Er las und hörte nun auch von den ungeheuren Auf trägen auf Munition und Kriegsmaterial äller Art, die Er fragte, zitternd vor Erregung: „Ist der Krieg zu Ende?" Sie schüttelte traurig das Haupt. „Ach nein! O dieser entsetzliche Krieg!" „Und wie sieht es in Deutschland aus?" schlimm," sagte sie mit einem kleinen Seufzer, aber - Sein Herz zog sich zusammen in Bitterkeit, / Seele verlangte gebieterisch nach der Heimat. 4. Vier Wochen später war er gesund, denn er wollte es sein. Sein Wille hatte über seinen Körper gesiegt. Er bekämpfte jedes Schwächegefühl, das sich noch manch mal einstellen roollte, gewaltsam. Er mutzte jetzt stark sein und frisch. Nachdem er zuerst nur eine Stunde.spazieren gefahren u,nd später gegangen war, wollte er nun sein altes Leben wieder aufnehmen. Er fuhr in dis Maiden Lane. Sein Schwiegervater , begrüßte ihn erfreut. „Ein Glück, datz du endlich wieder gesund bist, wir Am Weihnachtstage durfte er zum erstenmale einige Stunden das Bett verlassen. Maud feierte diesen Tag seiner Genesung.wie ein Fest. Das Zimmer, in dem er auf dem Diwan lag, war in einen Blumenhain verwandelt worden, sie, überraschte ihn mit Ge schenken, sie tat alles, um ihn zu erfreuen. Aber tief ini Innern blieb er zu Tode betrübt. Sie setzte sich zu ihm und zeigte ihm einen neuen und wunderbaren Schmuck, der ein Vermögen wert war. Sie freute sich an dem Feuer der Steine, an der künstlerischen und eigenartigen Fassung. „Schön, nicht wahr? Pa hat ihn mir gestern geschenkt." Er fragte nach dem Grunde dieses kostbaren Geschenks. „Müh es denn einen Grund haben?!" lachte sie. „Pa freut sich doch auch, datz du Nun wieder gesund bist. Und dann hat et wohl gute Geschäfte gemacht. Er ist so be schäftigt jetzt immer, ich spreche ihn fast nur noch telephonisch und habe ihn in den ganzen Monaten selten gesehen." „Du hast eine schwere Zeit gehabt, Liebling," sagte er innig. „Wenn ich dir all deine Liebe und Aufopferung nur einmal vergeltet könnte." Sie schmiegte ihr Haupt Ln leine Schulter. Er besann sich, dachte angestrengt nach. Ja, Wahrheit, kein Spukgebilde seiner kranken Sinn«. In der Wett tobte der Krieg. Und der Krieg war es auch gewesen, der ihn hatte an jenem llnglücksabend, er hatte an nichts anderes denken können und war unvorsichtig gefahren Ja, ja, so Nun dachte Maud auch an sich. Denn sie war schmal geworden und blatz, und sie wollte wieder strahlend und schön sein für den Geliebten, der sich ihres Anblicks aufs neue freuen sollte. Er erfuhr nun, wie krank er gewesen, hört«, wie Maud um sein Leben gekämpft und gerungen, und datz er neben seiner guten und starken Natur ihrer aufopfernden und unbeschreiblichen Pflege sein Leben verdankte. Schöne 'Tage kamen. Er fühlte sich wohl, wenn auch noch sehr matt. Aber er konnte doch wieder lächeln, sprechen. Maud saß auf dem Rand ''seines Bettes, liebkoste seine Hände, plauderte von hunderterlei Dingen, um.ihn zu zer streuen. Aber mit. der wiederkehrenden Kraft kamen auch dle Gedanken zurück. Und die Erinnerung. Ja, wie denn, wie war das denn? Hatte er all die schrecklichen Dinge denn nur geträumt, nur erlebt in seinen Fieberphantasien, oder waren sie Wahrheit? war es. Drautzen, irgendwo fern in der Welt war Krieg. Nein, nicht fern, in Deutschland war der Krieg. Deutschland war umtobt, umbrandet von Feinden. Oder — war schon alles zu Ende? Und wie, wie war «s geworden? die Vereinigten Staaten für die Entente, vor England, übernommen hatten, e » Das war Amerikas Neutralität in diesem gewaltigen Kriege. „Maud," fragte er hastig und richtete sich «in wenig auf „Nicht vergelten," sagte sie träumerisch, „nur mich ewig in seinen Kissen, „wann wurde ich krank? Und welches Datum sieben sollst du. Nur ewig bei mir sein." Er antwortete nicht. Seit dem Abend, da man ihr ihren Gatten bewußtlos und über und über mjt Blut dedeckt ins Haus gebracht hatte, waren vier Monate vergangen. Kurz vor seinem Palast hatte sich das Automobilunglück ereignet. Der Chauffeur kam mit Hautabschürfungen davon, der Führer des Wagens, der in Joachims Auto gerannt'war, erholte sich ebenfalls in einten Wochen von den Quetschungen, die er daoongetragen. Joachim aber war in weitem Bogen aus dem Auto ge schleudert worden und niit furchtbarer Wucht niedergefallen. „Schwere innere Verletzungen," sagte der Arzt. Er hatte di« ganze Zett in Bewußtlosigkeit gelegen, hatte in Fieberträumen gerast, hatte immer wieder nach Deutsch land verlangt. Hatte sich der Pflichtvergessenheit, der Untreue angeklagt, daß er nicht kam. Und dazwischen hatte er wieder Mauds Namen genannt, hatte sie gebeten, ihm nicht zu zürnen, . weil er nun doch gegangen war, weil er hatte gehen müssen. Sie saß an feinem Bett, lauschte fersten wirren Phanta sien. hielt seine Hände, erneuerte di« Umschläge^ behütete jede seiner Bewegungen. Ungern nur und wenn sie vollends ermattet war, überließ sie der Pslegeschwefter den Platz an seinem Bette, um sich für einige Stunden Ruhe zu gönnen. Aber wenn auch die Ermattung sie überwältigte, bald ließ die Angst ihres Inneren sie wieder erwachen. Dann satz sie von neuem an seinem Bett, hrelt sein« zuckenden Hände und kützte und streichelte sie. Sie rang um fein Leben, groher Gott, wie rang sie mit den finsteren Gewalten, die ihn ihr nehmen wollten! Immer neue« Verwicklungen stellten sich ein. Wohl kamen auch lichte und bessere Stunden, in denen Joachim wach war und klar, aber sie wurden schnell wieder ausgelöscht durch neue schreck liche Tag« und Nächte. Jetzt aber ging er der Genesung entgegen. 'Das Fieber war fort. Die Heilung der inneren Organ« hatte sich nun doch überraschend gut vollzogen, er würde völlig gesunden. Die Besserung machte rapide Fortschritt«, denn nun, da er klar war und wach, hals sein starker Wille ihm, gesund zu werden.