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von Marseille ausgelaufen war, verursachte den Verlust von 5000 Briefen, die von den Vereinigten Staaten nach Aegypten i unterwegs waren. Man spricht im allgemeinen weniger von solchen Verlusten, weil sie nicht so in die Augen springen wie Versenkungen von wertvollen Riesenladungen an Kriegsgerät, Munition, Kohlen, Getreide, Mehl, Grubenholz und dergl. mehr. Der Laie kann sich eben eher vorstellen, was «s be deutet, wenn z. B. «in Dampfer mit 6000 Tonnen Kohlen oder Getreide versenkt wird, als wenn einige Hundert Post säcke und ein padr Tausend Briefe verschwinden. "Und doch ist es nützlich, darauf hinzuweisen, was es heißt, wenn eine ! große Tampferpost auf Nimmerwiedersehen auf den Grund s des Meeres sinkt. In Zahlen läßt sich das natürlich nicht s ausdrücken, aber jeder Geschäftsmann, sei es nun ein Handel kreibender oder Industrieller, wird sich von den Folgen solcher Verlusts unschwer ein einigermaßen zutreffendes Bild machen können. Von gewöhnlichen Prioatbriefen ist hier natürlich nicht die Rede; deren Verschwinden ließe sich schließ lich verschmerzen, aber Geschäftsbriefe, besonders ^.eingeschrie bene", stellen in ihrer großen Mehrzahl für den Absender wie für den Empfänger Wertgegenstände dar. In den Zeilen solcher Briefe schlummern oft Werte, die in Hunderttausend« gehen, und wenn das Kaufobjekt, die Ware selbst, mit dem Schiffe auch nicht untergeht, so bedeutet doch die Vernichtung der den Kaufabschluß oder das Verkaufsangebot vermitteln den Urkunde zunächst einen Verlust, der entweder gar nicht oder nur mit großem Zeitaufwand und geldlicher Einbuße wieder gutzemacht werden kann. Das sind dir stummen und doch so viel bedeutenden Nebenwirkungen des U-Boot-Krieges, von denen gewöhnlich nicht viel Aufhebens gemacht wird, von denen aber dir kauf männische Welt unserer vielen Gegner Lieder singen "könnte. Es wäre in der Tat des Schweißes der Edlen wert, die Jahresbilanz der feindlichen Kaufmannschaft lediglich einmal daraufhin nachzuprüsen, welche Ziffern der „Soll"-Seite auf das Konto „verloren infolge Postversenkung" zu buchen waren. Das Ergebnis würde überraschend ausfallen. gellSrle Mittagrrube (K. M.) Aus dem Felde wird uns geschrieben: Sehr gemütlich ist es ja nicht auf der Kemmelhöhe; man hat dafür aber einen wundervollen Rundblick von da oben. Der Aussichtsturm ist zwar zerschossen, doch hat das ArtiUenefeuer auch den Wald entsprechend gelichtet, so daß man jünen Aussichtsturm gar nicht mehr braucht. Von da oben konnte man während des Frühlings und Sommers sehen, wie das Getreide in den weiten Landen heranwuchs, wie der graue Gürtel des zerstörten Trichtergeländes sich wieder be grünte, und wie die Eranattrichter und Drahthindernisse schließlich ganz im "hohen Gras verschwanden. Diesen Umstand machte sich der Stoßtrupp eines sächsischen Regiments, bestehend aus dem Leutnant Janssen aus Witt mund (Ostfriesland), dem Unteroffizier Ullmann aus Beiers dorf bei Neumark i. Sa. und dem Soldaten Hunger aus Meinersdorf (Erzgebirge) zunutze. Morgens- um 9 Uhr, als nach dem anstrengenden Nacht dienst Feind und Freund gemächlich schlummerten, machten sie sich auf die Strümpfe. Vorsichtig und geräuschlos, wie die Schlangen, krochen sie auf allen Vieren durch das hohe Gras aus die feindliche Stellung zu. Verdammt anstrengend ist das, zwei Stunden auf dem Bauche zu kriechen. Um II Uhr waren sie vor dem ersten feindlichen Hindernis, schlüpften durch dessen Lücken hindurch und sahen sich plötz lich dem feindlichen Posten bereits aus 20 Meter gegenüber.. Der starrte gedankenlos ins Weite, vielleicht dachte er auch an seine Heimat, jedenfalls merkte er von unseren Sachsen nicht das geringste. Es gelang, ihn zu umgehen und in den feindlichen Graben einzudringen. Der war nun gerade nicht sehr wohnlich eingerichtet. Der Schlamm stand knöcheltief darin. Die Unterstände waren so klein, daß die langen Tommis nicht einmal genügend Platz hatten, um sich auszu strecken. Aus einem Erdloch schauten denn auch richtig sechs grobe Stiefel Und sechs gamaschenbewickslte Beine unter einer Zeltbahn heraus, friedlich von der Sonne beschienen. Das war natürlich ein gefundenes Fressen für unsere Sachsen. Nachdem sie sich überzeugt hatten, daß in der Nähe kein Horcher war, lüftete Leutnant Janssen behutsam die Zelt- Ammtwortlicher Redakteur: Ernst Roßberg in Frankenberg t.« bahn, weckte vorsichtig «inen der Schläfer, hielt ihm die Pistole unter dis Nase und machte ihm mit wenigen Worten auf Englisch seine Lage klar. Der hielt das aber für einen Witz und lachte. Die Mündung der Pistole brachte ihm aber doch bald eine andere Meinung bei. Er weckte srine Kamera-, den und alle drei zogen es vor, das Maul zu halten und den Befehlen des deutschen Offiziers zu gehorchen. Nun wurde der Rückmarsch angetreten. Ullmann und Hunger vorne weg, dann die Gefangenen, zuletzt Leutnant Janssen mit der gespannten Pistole. Der Posten wurde wieder umgangen und glücklich und unversehrt erreichte der Trupp die deutschen Linien, ohne daß auch nur ein Schuß gefallen wäre. Da war natürlich die Freude groß. Der tapfere Führer der kleinen Patrouille wurde zur Division eingeladen und 'erhielt für sein schneidiges Unternehmen das Eiserne Kreuz I. Kl. . Auch die beiden anderen wurden zu hohen Auszeichnungen eingegeben. Oberleutnant v. Heimburg, Offizierknegsb erichter statter. (lermisckm * Feindliche Brandballons. Vor einigen Tagen wurd« > von militärischer Seite darauf,,-ufmerksam gemacht, daß die Feinde kleine Easballons über das deutsche Gebiet 'fliegen lassen, die mit einer sich selbsttätig entzündenden Vor richtung versehen seien. Sie sollten dazu dienen, die deutsche - Ernte in Brand zu stecken. Im nordwestlichen Stadtteil ' von Bochfim siel ein solcher Ballon zur Erde. Die Vorrichtung hatte sich entzündet und brannte lichterloh. Der Easballon, der aus festem Gummistoff bestand, hatte sich gelöst und ! wurde von einem Knaben eingefangen. Der Vorrichtung ent strömte .eine Flüssigkeit, die breitend einen breiten Feuer herd entfachte. Der Brand wurde leicht gelöscht. Die Ent- zünde-Vorrichtung wurde von der Polizer "in Gewahrsam genommen. - * Frankreichs Landwirtschaft. Im „Journal du Peuple" , vom 16. August 1918 veröffentlicht der Abgeordnete Mayeras > in einem Aufsatze über die Preissteigerung in Frankreich i folgenden Brief eines Bauern, der wegen Ueberschreitung der s Höchstpreise verurteilt worden war: „Nachdem ich verurteilt ; worden war, kam ich nach Paris. Ich bin noch dort. Ich wollte einen Pflug kaufen; vor dem Kriege kostete er' 75 Frank, jetzt mußte ich 375 Frank bezahlen. Mein sehr be scheidenes Hotelzimmer wurde vor dem Kriege für 25 Frank monatlich vermietet, heute kostet es 75 Frank. Vor dem Kriege konnte, man für 1ld Frank frühstücken, jetzt muß man 6 Frank bezahlen. Ein fertiger Anzug kostete früher 50 Fr., jetzt 150 Frank, Arbeirsschuhe früher 19 Frank, jetzt 60 Fr. Für Wein, der früher 10 Sous kostete, muß ich jetzt 2 Fr. zahlen. Mein Sohn, der nach seiner Verwundung Arbeits- foloat wur^e unv der drei Kinder hat, durfte nicht auf unsren Hof zurückkehren. Er wurde für einen Pariser Arbeitgeber mobilisiert, der vor dem Kriege 7 Arbeiter ^beschäftigte und jetzt 150 hat, der arm war und jetzt reich ist, und d«n Grund-* besitz der Bauern, deren Löhne im "Felde Men, auskausl. Allen Männern dieses Schlages rufe ich das Wort zu, s mit dem es der. Richter bezeichnete: Spekulanten! Aber was > nützt das! Weder der Mann, der mir den Pflug verkaufte, i noch der Hotelier, der Schneider, der Schuster, der Wein- i Händler, der Arbeitgeber meines Sohnes werden wtestch wegen s Spekulation verurteilt werden. Man zwingt hie Parier i Grundbesitzer ja nicht, für ihr tägliches Brost zu arbeiten. Was aber, wenn die Bauern auch nicht mehr dafür arbeiten wollen? ' Eine falsche Gräfin wurde gestern in einem Berliner Hotel eisten Ranges entlarvt und verhaftet. Vor einigen Tagen stieg dort eine Dame ab, die sehr vornehm auftrat und auch eine Zofe mitbrachte. Sie nannte sich Gräfin Schönburg-Wetzel- burg. Ihr ganze» Aultreten ließ es auch glaubhaft erscheinen, daß man es mit einer Aristokratin zu tun hatte. Die Kriminal polizei war jedoch mißtrauisch. Sie war von München her auf eine Schwindlerin aufmerksam gemacht worden, die man eifrig suchte. Der Verdacht, daß sich hinter der Gräfin diese Schwind- versteckte, bestätige sich. Der vornehme Gast wurde entlarvt und hinter Schloß und Rstgel gebracht. Die Verhaftete stammt aus guter Familie und ist die geschiedene Frau eines Arzte«. Auch in München lebte sie auf großem Fuße, aber lediglich auf Kosten anderer Leute. Zuletzt erschwindelte sie sich in Mün chen für mehr als 20000 Dit. Pelze. Mit dieser Beule kam sie nach Berlin, um sich hier zu Geld zu machen. — Druck und Verlag von C. <8. Rok t rrg tn Frankenberg i.G.