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Frankenberger Erzähler Unterhaltungsbeilage zum Frankenberger Tageblatt Wird jeder Mitwochs-, Freitags- und Sonntags-Nummer ohne Preiserhöhung deS Hauptblattes brigegeberr. Mr. 95 Mittwoch de« 4. September' 1918 Dir Khrr der Mmmdorfs. Roman von Lola Stern. 17 . Nachdruck verboten 13. Die ächt Tage waren verstrichen. Von Lag zu "Tag hatte William Kelsey darauf gewartet, datz Maud zu ihm kommen und ihn fragen sbllte. Aber 'sie war nicht gekommen. - Einsam satz der alte Mann in seinen prunkvollen Räumen, i allein yahm er seine Mahlzeiten ein, still verbrachte er die ! Abende. Er ging in den Klub, er arbeitete noch mehr als sonst. Aber die innere Unruhe konnte er nirgends und durch nichts ; bekämpfen. Er sehnte^ sich nach seines Kindes Anblick, nach ihrem ' Lächeln, ihrer weichen Stimme. Und er dachte mit Grauen " daran, daß sein ganzes ferneres Leben so leer und einsam - strn würde, wenn er Maud gehen liest. Denn er wuhte jetzt: sie würde nicht nachgeben. Zn diesen schweren Tagen lernte er seines Kindes ganzen Trotz, ihren starren und eisernen Willen kennen. , Und er sagte sich auch, dah Mauds Liebe zu diesem > fremden Manne groß und stark sein müsse, weil sie alles aufs Spiel setzte, alles aufgeben wollte und würde, wenn es sein muhte, für ihn. > Nein, William Kelsey fühlte, er konnte das Dasein ohne . Maud nicht ertragen. Er muhte ihren Wunsch und Willen ! erfüllen, um sie nicht zu verlieren, um nicht ganz einsam i zu werden in. seinem Alter. Aber er. zögerte und wartete. Wartete immer noch, dah ! Maud zu ihm komtnen sollte. . Aber sie kam nicht. Es war j -ein« Kraftprobe zwischen ihr und ihrem Vater. Sie aber s war die Stärkere. Sie glaubte an ihren Sieg. Nun aber war "der letzte Lag der Frist angebrochen. Da wurde sie unruhvoll und er regt. Die Stunden vergingen, der Abend kam. Immer noch hatten Vater und Tochter sich nicht gesehen. ' Maud überlegte. Wenn sie jetzt zu ihrem Vater ging, würde er triumphieren, würde nicht an ihren Ernst, ihren Willen glauben. Nein, ^oenigstens bis zum nächsten Tag wollte sie warten. Und dann noch einmal versuchen, den Vater umzustimmen, ehe sie sein Haus verlieh. Aber nach hem Diner, das er wieder einsam in schlimmer Stimmung genommen, kam William Kelsey zu seiner Tochter. Ihr Boudoir fand er leer. Aus dem Ankleidezimmer hörte er Stimmen. Da betrat er dieses Gemach. Maud sah auf dem Ruhebett und dirigierte ihre beiden Zofen, die Wäsche und Kleider in einen grohen Koffer packten. William Kelseys Herz fetzte aus, als er es sah. Nun erblickte Maud den Vater, sprang mit einem klei nen Freudenschrei auf, hing sich in seinen Arm, zog ihn in ihr Boudoir, streichelte und küßte ihn. „Mein guter alter Pa", flüsterte sie zärtlich, „ich muhte ja, hast du deines Kindes Glück willst." „Wenn ich nur wühle, ob es dein Glück ist, du Trotz- lopf, du Dickschädel, du schlechtes Mädchen", sagte er tief «ufseufzend. „Mein Gott, wie undankbar sind die Kinder! Do zieht man «in Mädel auf, und wenn es groß ist, läuft « einem davon zu dem ersten besten Mann, der ihm gefällt, und denkt mit keinem Gedanken an den alten einsamen Vater." Sie lächelt«. „Pa so ist es doch nicht! Ich bin froh, wenn ich bei dir bleiben kann! Du sollst sehen, wie schön nun das Leben werden wird." „Wenn dein Erwählter nur kern Deutscher wäre", sagte er. „Du weiht, ich habe nie viel über gehabt für die Deutschen. Zu dir freilich, mit deinem phantastischen Köpf chen, mag ein deutscher Manch vielleicht passen. Nun höre mich ernsthaft an, Maud. Ich habe natür lich neulich sofort nach Deutschland gekabelt und Erkundi gungen über den Freiherrn von Treuendorf eingezogen. Schlechtes habe ich nicht über ihn gehört, uralter Adel, vor nehmstes Geschlecht, aber der Vater war schon ein leicht- - sinniges Haus Und das ist .dein Erwählter leider auch. Nein,. umerbrich mich nicht, Girlie, daran kann sdlbst deine Liebe nichts ändern, dah Herr von Treuendorf Schulden halber das Gut seiner Väter verkaufen muhte und ohne einen Pfennig Geld, ja sogar noch mit Schulden nach Ame rika kam. Er muh ja bös in der Patsche gesessen haben da mals." Maud dachte an Joachim von Treuenborfs 'Geschick, wie es wiTllich war. Er hatte gesagt, dah sie der erste Mensch sei, mit dem er davon sprach, aber er hatte ihr kein Schwei gen auferlegt. Und nun, da es sich um seinen Ruf handelte, konnte 'und Muhte sie sprechen. So erzählte sie denn von Erich von Treuendorfs Leicht sinn, seiner Schuld, seinem Sterben, und dah Joachim das Gut verkaufte, um die Schulden seines Bruders zu tilgen. William Kelsey hörte ihr zu und wiegte dann zweifelnd das Haupt. „Kind, das hört sich romantisch und ein bißchen sehr merkwürdig an. Es wird wohl noch etwas anders ge wesen sein, als Herr von Treuendorf es dir erzählt hat." Sie brauste auf, der Valer sollte die Wahrheitsliebe des geliebten Mannes nicht bezweifeln. Wieder wurde ihr Gespräch erhitzt. Schließlich meinte der Vater: „Glaube, was du Hüllst, aber laß auch mir meinen Glauben. Wir werden ja sehen, was die Zukunft bringt. Und nun sage mir: Wann möchtest du heiraten?" „Je ?h-r, je lieber." „Das habe ich mir gedacht, und das ist auch gut. I» eher die Geschichte aus der Welt geschafft wird, je eher wird auch der Klatsch und Tratsch aushören, der jetzt wuchert und blüht. Schließlich müssen die Gemüter sich mal beruhigen. Also heirate gleich meinetwegen. Und dann mache eine lange Reise mit deinem Mann. Ein halbes Jahr könnt ihr fortbleiben. Inzwischen ist Gras über die Sensation deiner aufgehobenen Verlobung und neuen Wähl gewachsen, inzwischen wird 'hoffentlich anderer Skandal "die Gemüter beschäftigen. Wohin willst du denn reisen?" Maud dachte an ihre weiße Luxusjacht „Gazelle", die aufdem Hudson lag. Die sollte sie und den geliebten Mann aufnehmen, auf dem Meere wollte sie ihr Glück, ihre Selig keit erleben, in der Unendlichkeit des Wassers allein sein "Mit dem Geliebten. Man konnte dann ja fahren, wohin man wollte. „Wenn ihr zurückkommt, kann dein Mann als Pro kurist in unsere Firma eintreten, Maud, denn "ich wünsche, datz er arbeitet, und zwar unter meiner Aufsicht und Lei tung. Ich wünsche, ihn kennen zu lernen, zu sehen, wer «r ist, was er keiften kann." „Und Mark?" fragte sie ein wenig zaghaft. „Wir wollen sehen, wie das wird mit Mark. Heute will ich noch nicht mit ihm darüber sprechen. Die Wund« ist noch zu frisch, aber sie wird ja vernarben. Und Mark ist Geschäftsmann, ist nüchtern und vernünftig. Irgend wie wird es ja wohl gehen." Und nun noch eins, Maud. Wenn du einen Mann aus unseren 'Kreisen geheiratet Hättest, wäre deine Mit gift sehr bedeutend ausgefallen. Diesem fremden Mann«, der einmal sehr leichtsinnig und verschwenderisch war, möchte ich kein Vermögen in die Hände geben. Er soll so viel verdienen, dah du in dem bisherigen Rahmen weiter-