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I^I — 3M — 2 >s s LS« § einen Blick seiner Augen, durch den Ton seiner Stimme, durch sein« flüchtigen Worte. Ihm selbst unbewußt uäd von ihm nicht gewollt, vollzog sich in Maud Kelseys Innern eine Wandlung. Joachim von Treuendorfs Stellung im Kontor war 'dk- Mbe geblieben. Er wurde jetzt mit seinem richtigen Name» genannt, da es nicht gut möglich war, länger unter einem falchsen zu leben. Aber das war auch di« einzige Veränderung. Sonst blieb er derselbe, der er gewesen, für Mark Tryon: der Sekretär, der pünktlich und fleißig und in telligent seine Pflicht tat, der ihn im Aftto nach seinen Werken begleitete, um unterwegs zu arbeiten und so Zeit zu sparen, der immer bereit sein mußt« für ihn, der für seine Dienste bezahlt wurde und der ihn im übrigen nicht inter essierte. Mark Tryon sah wohl das Interesse seiner Braut für seinen Sekretär. Aber er nahm es nicht ernst. Das war eine ihrer Launen, sich für diesen Deutschen Zu "erwärmen^ der aus der Bahn geschleudert war und ihr leid tat. Großer Gott, es liefen so viele gescheiterte Existenzen in Amerika herum! Wenn tnan sich um sie alle kümmern wollte, darr» hatte man viel zu tun. Aber es ließ sich doch nicht umgehen, daß Mark Tryon, wenn er sein« Braut mit Treuendorf rm Gespräch fand, «in Wort dazwischen warf, irgendeine gleichgültige Bemerkung. Wenn es Maud Spaß machte, mit diesem Deutschen zu plau dern, nun, so mochte sie es tun. Ein Verbot würde ja doch nichts nützen, «her das Gegenteil bewirken. Die beiden schienen immer von Kunst zu sprechen, von Büchern. Mark Tryon lächelte «in wenig mitleidig und «in wenig gönnerhaft. Mochten sie! 'Solche Gespräch« waren nicht gefährlich. Maud aber machten sie Freude. 5. - Mark Tryon fuhr mit seinem Schwiegervater zum Lunch kn Kelseys Palais in der Fünften Avenue. Di« Herren hatten sich telephonisch von Perth Amboy aus bei Maud zum Frühstück angesagt, um ihr eine Freude zu machen. Sie aßen selten bei ihr, es ging zuviel Zeit verloren. Wark Tryon nahm seinen Lunch gewöhnlich .in Perth Amboy, William Kelsey frühstückte meistens in der Eity. „Man wird Euch zu Ehren natürlich überall Gesellschaften war Anfang Oktober. Man plauderte von der beginnend«» Saison und den gesellschaftlichen Anforderungen, die sie stelle» würd«. „Man wird Euch zu Ehren natürli Hüberall Gesellschaften geben," sagte der alte Kelsey. „Das ist nicht anders bei einem Brautpaar." „Können wir dem nicht entgehen, indem wir sehr bald heiraten, Maud?" fragte Mark Tryon. Aber davon wollte sie nichts hören. Zuerst hatte man die Hochzeit für Januar geplant, aber Maud schob den Ter-, mm immer weiter hinaus. ' „Nicht vor dem Frühjahr, Mark," sagte sie entschieden. Er widersprach, Mauds Stimmung schlug um, sie wurde gereizt. Da griff ihr Vater vermittelnd ein. „Laß Maud den Willen, Mark," sagte er, „auch ich freue mich, sie noch etwas länger in meinem Hause zu haben. Denke, wie leer der große Palast später sein wird. Ich muß sie hergeb«n, und du bekommst sie für das ganze Leben. Also laß mir noch die kurze Frist." Mark Tryon sah finster auf seinen Teller nieder, aber Maud lächelt« ihren Pater dankbar an. Sie konnte heut« noch nicht an ihre Ehe denken. In der letzten Zeit war ihr die Heirat mit Mark Tryon Zuweilen widersinnig und nicht möglich erschienen. Aber aus welchem Grunde sollte sie ihr Verlöbnis lösen? Sie mutzte ihr selbst- gewähltes Schicksal tragen. Aber sie wollte noch eine Frist, noch eine Spanne Freiheit, ehe sie ihr Leben untrennbar mit dem Mark Tryons verband. Cie wurde nun wieder munter, plaudert«: „Ich habe zu Sonntagabend ein paar Gäste geladen, Pa," sagte sie. „Nur «in ganz kleiner Kiew, acht Personen. Kennans, Grace mit ihrem Mann, deine Eltern, Mark, und Herrn von Treuendorf." Sie' sagt« es .harmlos und so, als sei es die selbstver- ständlichste Sache von der Welt, obgleich sie innerlich «in bißchen nervös war. Fortsetzung folgt. »orneGme Zurückhaltung brachte ihn ihr »Erlich nur noch »a-er. Ost wich er ihr aus, fuchte eine Unterhaltung p» ver» «ekden. Aber das reizte sie nur noch mehr. Wollte sie Joachim von Treuendorf sprechen, so sprach De ihn. Sie suchte ihn auf, wenn er sic mied. Sie zwäng Ihn in ihre Nähe, sie zwang ihn, mit ihr zu plaudern. Und dann färbten sich seine Augen dunkler, wurde sein Blick weicher, schwand der herbe und düstere Ausdruck von seinen Zügen. Dann wurde er ein anderer Mensch, froher »nd freier.' Und Maud Kelsey fühlte, daß ihre. Nähe, ihr Gespräch es war, das ihn veränderte. Es waren ja nur immer kurze Minuten, die sie sich sahen. Eine Viertelstunde, manchmal eine halbe Stunde viel- »eicht. Und was sie sich sagten in dieser Zeit, das hätte jeder hören können. S«It«n sprachen sie von sich selbst. Selten von der Vergangenheit. Um allgemeine Dinge drehte sich ihre Unter» Haltung. Sie plauderten von Schönheit und Natur, von Kunst, von Philosophie, von Büchern und Bildern. Mit geheimem Entzücken erkannten sie den Gleichklang ihrer Seelen, die Aehnlichkeit ihres Empfindens. Beide liebten sie Musik, Kunst in jeder Form. Beide Gatten sie viel gelesen und begegneten sich in gleichen Urteilen. Beiden gaben diese kurzen und flüchtigen Minuten viel, »nendlich viel. Mit Mark Tryon konnte Maud nicht über diese Dinge sprechen, auch Mit ihrem Vater nicht. Kunst, ja gewiß, sie gehörte zum Leben, sie mußte sein. Aber man fand keine Zeit, sich mit jhr zu beschäftigen. Und die fachwissenschaftliche Literatur war so groß und mußte bewältigt werden, daß für die schöne kaum jemals emsthast Z«it blieb. Ein Moderoman, von dem alle Welt sprach, nun ja, der wurde im Auto schnell durchflogen. Aber mehr — nein, mehr ward es rücht. Man begleitete seine Frauen auch in Konzerte und Theater. Das waren gesellschaftliche Verpflichtungen wie Bälle, Diners, andere ^Festlichkeiten auch. Aber im ganzen bewahrte man Kunst und Künstlern gegenüber doch sein« kühle und ein wenig überlegen« Ruhe. Es waren eben Menschen und Dinge aus einer anderen Welt, fernab von den Sorgen des Geschäfts. Diese Dingen gehörten den Frauen, sie fielen in ihr Gebiet. Auf der Jagd nach dem! Dollar blieb für die Männer keine Zeit für Begeisterung und Kunstschwärmerei. Aber «s wurde doch langweilig, nur mit Frauen von Kunst und von Büchern zu sprechen. Ja, wahrhaftig, das wurde es! Durch die Unterhaltung mit, Joachim von Treuen dorf, durch sein Urteil, seine Art, die Dinge zu sehen und zu kritisieren, wurde Maud angeregt. Das war etwas anderes als das Geplapper und Nachsprechen .der 'Freundinnen, die der Ansicht der Kritik huldigten, ohne'-sich ein eigenes Urteil zu bilden. r - ' Es gab auch andere Frauen. Und Maud kannte sie. Es hatte «ine Zeit in ihrem Leben gegeben, wo sie sich der Frauenbewegung angeschlossen hatte, dem Sufftagettentum. Auch jetzt noch hatte sie viel übrig für die modernen Be strebungen des Weibes. Aber ihr Dat«r wünschte nicht, sie kn den Reihen der weiblichen Anarchisten zu sehen, man spöttelte über sie in ihren bisherigen Gesellschaftskreisen, und Maud war die Sache nicht ernst genug gewesen, um dem Wunsche des Vaters zu trotzen und sich völlig der Bewegung zu widmen. So unterstützte sie späterhin diese ganzen Be strebungen nur noch durch sehr reichliche Mittel, di« mehr wert waren als ihre eigene Person. ' Sie war damals etwas enttäuscht und unbefriedigt zu ihren Freundinnen, zu ihren Kreisen zurückgekehrt und hatte gefunden, daß fast alle Mädchen der reichen Klassen unbefrie digt waren und nach einem Inhalt ihres Daseins suHten. Aus dieser inneren Deere heraus erwuchsen dann die Extravaganzen auf allen Gebieten, die ihr so verhaßt waren, und von denen sie sich fern hielt. Tann hatte sie sich verlobt, weil es das Natürliche und Notwendige war Und nun war Joachim von Treuendorf in ihr Leben getreten. Sie wurde «ine ändere durch ihr Gefühl. Das Tiefste »nd B«ste, was in ihr geschlummert, von 'keinem geahnt, von keinem gewußt, das brachte er zur Entfaltung. Durch Z Z Z oi ^.--6 -s Ad L L iStV