Volltext Seite (XML)
Frankenberger ErMler Unterhaltungsbeilage zum Frankenberger Tageblatt Mrd jüa Mittwochs«, Freitags« und SonntagSMummer ohne Preiserhöhung des HaupLlatteS beigegrbeu. Somrtag de« 25. August 1S18 M. 92 - kacdMukt Mitternacht, die Sterne funkeln. Mitternacht. ' Der Mond beleuchtet matt den Weg, den Baum, das Haus. Am Telegraph steh' ich, zum Fenster schau hinaus. Alles schläft Der Eisenbahner hält war "Wacht. Glänzend liegt die Schiene; frei! Bald naht der Zug. Ein Blick Hinauf, hinab, ein Griff dann zum Signal. 'Der Flügel Hoch und grün das Licht. Es zeigt" dies Mal: ^srei die Bahn!" Der Eisenbahner hält hier Wacht. Liebchen schläft und träumt. Ihr Eisenbahner wacht. Und morgen "Abend ist er frei und sie bei ihm. — Es braust, — aufdonnernd fliegt der Zug vorbei — - dahin. Rot das Licht. Er sichert. Wieder schweigt dir Nacht. . F. H. Gräfe, Zwickau. Die Ehre der HesuLndor^s. Sloman von Lola Stern. verbuken Als die Herren sie verlassen, le^te sich Maud in ihrem Ankleidezimmer auf den Diwan. Sie war müde von der durchwachten, durchweinten Nacht, frost- und fisbergeschüttslt lag sie und schloß die Augen. Aber die furchtbare Erregung ihres Innern ließ sie keinen Schlummer finden. Warum wollte Joachim von Treuendorf gehen? Gestern, nach ihrem Zusammensein, hatte er seine Kündigung an Mark Tryon geschrieben. Irgend etwas stimmte hier nicht. And sie mutzte Gewitzheit haben, sie mutzte! Denn sie konnte nicht mehr ohne ihn sein. - Als sie einen Entschlutz gefatzt hatte, wurde sie ruhiger. Sie' sand nun auch für eine kurze Weile Schlaf, und als jie pch um vier Uhr erhob, fühlte sie sich frischer und wohler. Cie ging ans Telephon, verband sich selbst mit der Dffice und verlangte Herrn von Treuendorf zu sprechen. „Hallo, Herr von Treuendorf, sind Sie es selbst? Hier Maud Kelsey. Hören Sie, ich mutz Sie sprechen, und zwar heute noch." „Ich stehe zu Ihrer Verfügung, Fräulein Kelsey," sagte Joachim, „kommen Sie nachher ins Bureau?" „Nein, ich gehe heute nicht aus. Ich möchte Sie bitten, Zu wir zu kommen. Cie können es doch möglich.machen, Herr von Treuendorf? Hören Cie, mir liegt viel, sehr viel daran, Sie heute zu sprechen. Ich erwarte Sie in einer Stunde. Cie werden kommen?" Er hörte ihren dringlichen Ton. Und wenn dies Wieder sehen mit Maud Kelsey, die er meiden und lassen gewollt, auch entgegen seinem Willen und seinem festen Vorsätze, so sagte er dennoch zu, weil sein Herz und feine Wünsche ihn zu ihr zogen. 9. Ein Diener führte Joachim von Treuendorf in Maud Kelseys Boudoir. Am gedeckten Teetisch erwartete sie ihn in einem Tea-Gown, das wie eine Wolke von Duft und «Schim mer ihre schöne Gestalt umflotz. Nie war sie dem Manne so berückend, so begehrens wert erschienen wie an diesem Tage. Er beugte sich schwei gend über ihre Hand, Vie sie ihm reichte und die Heitz und Mckend in der seinen lag und erbebte, als seine Lippen sie scheu berührten. . . , , Nun satz er ihr gegenüber. Sie reichte ihm Tee, aber ihre Finger, dir Lie feine Schale hielten,» zitterten. Sie hatten ein paar gleichgültige Wort« gewechselt, nun aber schwiegen sie, weil es ihnen töricht erschien, von anderen Dingen zu sprechen als von denen, die sie so ganz erfüllten. Maud Kelsey sagte nach einer Weile: „Herr von Treurn- dorf, ich habe die letzte Zeit geglaubt, daß Sie mir ein Freund seien. Heut« sind nur Zweifeln gekommen. Aber ich will Klarheit. Und ich frage Sie auf Ehre und Gewissen: Empfin- Len Sie Freundschaft für mich?" Joachim von Treuendorf sah sie an. Und aus seinem , Blick las sie bedingungslose Ergebenheit. Er sagt«: „Fräulein Kelsey, verfügen Cie über mich, wann immer Sie wollen. Verlangen Sie von mir, was Ihnen gefällt. Prüfen Sie meine Freundschaft, und Sie werden erkennen, datz sie, echt ist. Zu jeder Stunde meines Lebens werde ich bereit sein, für Sie zu tun, was Sie von mir verlangen, für Sie Zu sterben, wenn ich Ihr Glück erkaufen könnte mit meinem Tod." Seine Stimme war ernst. Maud Kelsey fühlte, datz es keine Phrase wa^ was er sagte. Und datz sein Herz ihr verfallen sei. Ta sagte sie bebend: „Nicht sterben, leben sollen Sie, Herr von Treuendorf. Und, nun werden Sie mir der Wahr heit gemäß die Frage beantworten, die ich an Sie richten möchte?" Er neigte Las Haupt. Sie aber bat: „Versprechen Sie mir, die lautere Wahrheit zu sagen, ganz gleich, ob sie mich schmerzen wird oder nicht. Versprechen Sie es mir, Herr von Treuendorf." „Ich verspreche es Ihnen, Fräulein Kelsey." „ildun denn," — wieder atmete sie tief und erregt — „sagen Sie mir, warum wollen Sre fort von Mark Tryon. Fort auch aus meiner Nähe?" Ein Schweigen entstand. Ein banges, lastendes Schweigen. In zitternder, fordernder Frage hingen die großen Augen des Mädchens am Antlitz des Mannes. Und als er ihre Angst sah und ihre Lübe, die sie nicht mehr verbergen konnte und wollte vor ihm, da verließ auch ihn die Kraft. Da erhob sich Joachim von Treuendorf, stand vor Maud Kelsey und sagte leise, mit stoAeyder Stimme: „Ich will fort, um unser beider Ruhe willen. Ich muß fort, weil ich auch nur ein schwacher Mensch bin. Weik ich es nicht länger ertragen kann, Maud, in Ihrer Nähe zu leben und zu entsagen." Da breitete sich ein solcher Ausdruck von Glücks«ligk«tt über Maud Kelseys Antlitz, daß Joachim von Treuendorf erschüttert statlA. Lejse, leise murmelte sie: „Warum entsagen, wo alles in mir doch zu Ihnen will? Wo mein ganzes Sein nur noch Sehnsucht ist nach Ihnen, mein ganzes Wesen Erwartung der einen Stunde, die nun gekommen ist." Hatte er die Arme nach ihr ausgebreitet, war sie ihm zuerst an dis Brust gesunken? Sie wußten es beide nicht. Nun aber lag sie an seinem Herzen, an dem Platz, an den -sie gehörte, und er hielt ste mit beiden Armen umschlossen, fest, ganz fest hielt er sie an sich gepreßt, als ob er sie nie wieder lassen wollte aus seinen Armen. Die Welt war ihnen versunken. Gegenwart und Zukunft vergessen in diesem Augenblick der Beseligung. Sie sahen, sie fühlten, sie dachten nur sich, nur ihre Liebe, nur ihr Glück. Sie sprachen nicht. Nur einzelne geflüsterte, gestammelte Laute durchdrangen manchmal die Stille des Raumes: Ge liebte du!" „Einziger"! Einziger!" Sie hielten inne im Küssen, um sich zu bettachten, als hätten sie sich nie vorher gesehen. Sie staunten sich an wie ein Wunder. Und wie ein Wunder war «s ja auch, datz sie sich