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— 3^4 — ßen versuchte aus der Einsamkeit, in tue er sich vergraben. Es würde ihr ja doch nicht gelingen, was konnte sie ihm denn auch sein? Li« — die Braut eines anderen Mannes. Wollte sie nichts anderes als Freundin ihm sein, -und konnte sie ihm wahre Freundschaft geben? Ach, Joachim von Treutndorf merkte, daß seine Gefühle für dieses Mäd- chen weitab lagen von einer ruhigen und gleichmütigen Freundschaft? .... ' Er blieb nervös und verstimmt in den nächsten Tagen, in denen er Maud nur ganz flüchtig sah. Am Sonntagvor- mittag gab er seine Karte in William Kelseys Haus ab und atmet« frei auf, als es hieß, "die Herrschaften seien ausge- sahren. Als er dann am Abend vor dem etwas verwitterten Re- naissance-Palais Kelseys in der fünften Avenue stand, da beschlich doch wieder eine leise Freude sein Herz. Und eine leise Erwartung . . . Kelseys empfingen den kleinen Kreis ihrer Gäste in der Gemäldegalerie. Mit Joachim von Treuendorf betrat das Ehepaar Wil» cor, Mark Tryons Schwester und Schwager, die Galerie. Nun waren die Gäste vollzählig. Maud Kelsey empfing Joachim von Treuendorf mit strahlendem Lächeln. Sie stellte ihn ihren anderen Gästen vor, und wußte nicht, wer er war, der Kupferkönig Henry ! Kennan zog ihn in ein Gespräch, an dem sich auch seine Gat- i tin, die französische Vicomtrsse, beteilgte. Hemy Kennan, ' der über «in ungeheures Vermögen verfügte, wirkte klein und unscheinbar, unbedeutend neben der königlichen Erschei nung seiner zweiten Frau, von deren hochmütiger Unnah barkeit ebensoviel gesprochen wurde, wie von der Pracht ihrer Edelsteine, die viele Millionen »wert waren. Es war das erste Mal, seit Joachim Deutschland ver lassen, daß er sich in einem Kreise eleganter Menschen wieder bewegte. Aber sein« gesellschaftliche Sicherheit hatte er nicht v«rloren in den Jahren der Einsamkeit. Er sprach gewandt und sicher. Aber immer wieder während des Gespräches eilten-seine Augen zu Maud Kelsey, die neben ihrer'Freun- , bin, Mable Kennan und ihrem Verlobten saß und plauderte, i Joachim hatte,ne noch nie in großer Abendtoilette ge- § sehen. Sie erschien ihm heute anders als. in den verflösse- s nen Wochen, noch schöner, noch strahlender, aber auch wei ter noch, viel weiter von ihm entfernt als bisher. Er dachte zurück an jenen Sommerakind, an dem er sie zuerst gesehen. Damals hatte sie einer Knospe gegli chen, deren Entwicklung zur Blume eben begann. Heute hatte sie. sich entfaltet. Schön, wunderbar schön war Maud Kelsey geworden. Bei der Tafel saß Joachim neben Mable Kennan. Ihm gegenüber hatten Maud und Mark Tryon Platz genommen. Und immer wieder zog Maud ihn in ein Gespräch. Im kleinen Gobelinsaal wurde heute gespeist. Drr ölten Gobelins, die die Wände bedeckten, repcSsentterten ein Ver mögen. Auch die Gemäldegalerie William Kelseys konnte sich sehen lassen. Man merkte, hier hatte ein künstlerischer, ein erzogener und gebildeter Geschmack gesprochen; nicht wie in so vielen amerikanischen Millionärshäusern waren hier Kunstwerke und Kostbarkeiten wahllos zusammengetragen. Joachim erkannte Mauds Geschmack, ihren Willen, ihre starke und ausgeprägt« Persönlichkeit, wie «r sie in seinen Gesprächen mit ihr kennen gelernt. Der Moika wurde in einem der Prunksalons gereicht. Und Joachim von Treusndrof, der in Fürsten- .und Kö- nigsschlössern oft Last gewesen in Deutschland und sich dort wohl und heimisch gefühlt, fand sich heute beglückt von dem unermeßlichen Reichtum, der Maud Kelsey um gab, der zu ihrer Persönlichkeit und ihrem Leben gehörte. Die Herren vereinten sich zum Spiel im Spielzismmer des Hausherrn. Nur Joachim schloß sich aus. Seit seiner Leutnantszeit hatte er kein« Karte mehr angerührt. Und «r meint«, daß Hl diesem Haufe wohl kaum um klein« Sum men gespielt werden würde. So blieb er zurück, letzte sich zu hen Damen, beteiligte sich an ihrer Unterhalrung. Fremd unv bedrückt hatte er sich den Zan-en Abend ge fühlt. Nun aber, im Gespräch mit Mauo Kelsey, ergriff ihn wieder jenes Elücksgesühl, das er noch stets in ihrer Nähr empfunden. Mauds Schwiegermutter und Schwägerin waren mit der Dicomtesfe in «ine lebhafte Unterhaltung über Mode- ding« gekommen. Und so tnachte es sich ganz von selbst, daß Joachim und Maud «in intimeres Gespräch begannen, das von den anderen nicht beachtet wurde und nicht für sw bestimmt war. Mable Kennan saß zwischen diesen beiden Parteien. Sir schwieg beharrlich. Aber ihre sammetweichen Augen gingen beobachtend üon einem zum andern. Seit langem hatte sie Mauds gesteigertes Jnteres-e für den Sekretär ihres Verlobten bemerkt. Sie war ja ihre beste Freundin, die einzige, der Maud von Joachim von Treuendorf überhaupt gesprochen. Aber als 'Mable die bei den Menschen nun heute zusammen erblickte, als sie den Glanz sah und das Leuchten, das aus Mauds Augen brach, dis erhöhte Röte ihrer Wangen, das Lächeln ihres Mundes, da schien es ihr doch an der Zeit, den Mann warnen, der ihr der einzig Treue war, unter den Männern der Welt. Mabl« Kennan erhob sich, glitt aus dem Gemach, von keinem bemerkt. Sie ging ins Spielzimmer, in dem di« Herren bei den Karten saßen und so versunken waren in ihr Spiel, daß sie ihres Eintritts nicht achteten. Das junge Mädchen sah Mark Tryon an. Ruhig und wuchtig, sicher und unnahbar saß er da. Nichts ahnend, nichts wissend. And doch war sein Verhängnis ihm nahe. Mable Kennan stand hinter seinem Stuhl, beugte^sich plötzlich über ihn und sagte leise, nur 7hm hörbar: „Mark Tryon, ich warne Sie! Halten Sie Ihre Augen offen!" Sir liH dem Verdutzten nicht Zeit zu antworten. Wie sie gekommen, unhörbar und schnell, so glitt sie auch aus dem Zimmer. Und gesellte sich zu den anderen. Mark Tryon folgt« ihr bald. Er fand sein« Braut mit leuchtenden Augen und lächelndem Munde im Gespräch mit Joachim von Treuendorf. Und er fand seinen Sekretär an ders, als er ihn bisher gesehen. Auch die dunklen Augen des Mannes leuchteten, der harte und finstere. Ausdruck sei nes Gesichtes war verschwunden. Weich schien sein Mund, der lächelte. Tryon setzte sich an die Seite seiner Braut. Das Ge spräch der beiden Menschen verstummte jäh. Den ganzen Abend wich Mark nicht mehr von Maud Kelseys Seite. 7. In den nächsten Tagen ließ Mark Tryon sein« Braut keine Minute warten, wenn sie ihm vom Büro abholte. Sie mochte kommen, wann sie wollte, er war stets fer tig. Sie konnte ihm keine Vorwürfe über seine Höflichkeit und Zuvorkommenheit machen, wie sie es so gern Zetan. Denn er handelte ja nur so, wir sie es im Anfang ihre» Brautzeit von ihm gefordert. Er stand ihr zur Verfügung, < sowie sie erschien. Aber sie war außer sich über di; Wandlung in "seinem Benehmen. Denn sie wußte sofort, daß er jede, aber auch jede Möglichkeit nehmen wollt«, Herrn von Treuendorf zu sehen und zu sprechen. Die Saat des Mißtrauens, die Mable Kennan in seine Seele gelegt, hatte Wurzeln geschlagen, war ausgegangen in seinem Innern. Das Interesse, das Maud seinem Sekre tär entgegenbrachte, hatte Mark Tryon seit langem miß fallen, aber er hatte es als «ine ihrer Launen genommen und ihm keine.große Bedeutung beigelegt. Nur als sie Herrn von Treuendorf in ihr Haus geladen, war er stutzig geworden. Doch auch da hatte er den mißtrauenden Ge danken nicht lange Raum gegeben. ! Nun aber, da Mable ihn gewarnt, brannte und lodert« seine Eifersucht, stand sein Verdacht in Hellen Flammen. Wenn andere Menschen schon Mauds Interesse .gemerkt, dann müßte es weit gediehen fein. Er hatte zuerst an eine offene Aussprache gedacht, aber diesen Gedanken verworfen. Ein Sprechen über diese heiklen Dinge würde sie vielleicht nur verschlimmern und nichts' bessern. Und er beschloß, ihr jede Möglichkeit zu nehmen, mit Herrn von Treuendorf wieder zusammen zu treffen. And bei dem ersten sich bietenden Anlaß wollte er seinem Sekre- ätr die Stellung kündigen. Und wenn sich kein Anlaß fand, so wollte er einen bei den Haaren herbeiziehrn. Denn das Kapitel Joachim von Treuendorf mußte bald ausgespielt haben in seinem und Mauds Leben. Das war ihm klar. Er war nörgelig und unausstehlich in diesen Tagen, ' launisch und herrisch, wie Joachim ihn nie zuvor gesehen. Aber der blieb beherrscht und kühl und gab keinen Grund zu Klagen. Eine Woche lang kam Maud vergeblich in die MaLen