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— 848 — den. Und als die Reorganisation beendet war, stand eine vollkommen neue Armee unter denselben Führer an derselben. Stelle. . Welche Rolle die Armee nach den Plänen der Obersten Heeresleitung in den Kämpfen- spielen soll, die in der Nacht des 15. Juli mit der Eroberung der ersten französischen Stellung auf etwa 40 Kilometer Breite und 5 Kilometer Tiefe, begonnen haben, weiß außer wenigen Eingeweihten niemand. Dor allem nicht, ob ihr weiters oder engere Ziele, gesteckt sind. Soviel aber ist gewiß: Was befohlen wird, wird erreicht werden. Dr. Loafs, Offizier-Kriegsberichterstatter. 6» velucb auf helgola«ö Im Wege 3. Friedensarbeit. Eine Unsumme von zäher, aber sehr erfolgreicher Arbeit steckt in der roten Nordseeinsel. Das kann nur derjenige voll ermessen, der die Entwicklung von Helgoland in den - letzten 10 Jahren ,mit eigenen Augen verfolgt hat. In meinem letzten Aufsatz über das Wunderwerk in der Tiefe des Oberlandes habe ich bereits einen Teil dieser Schöpfungen s gestreift. Doch es gibt noch diele andere Früchte mühsamer Arbeit auf der Insel zu sehen, oben, unten, an den Seiten- ! wänden. Und man kommt bei all der staunenden Bewunderung ' zu dem Schluß: Wo die deutsche Marineverwaltung ein Werk, anpackt, da macht sie. ganze Arbeit. Wahrlich, das Geld des deutschen Steuerzahlers ist. aus Helgoland in einer großzügigen, sehr ersprießlichen Art an gelegt worden. Als wir das rote Felseneiland von den Eng ländern übernahmen, da hatte man es von vornherein gegen «inen tückischen Feind zu verteidigen, gegen, das Nagen der Elemente. Langsam, unaufhaltsam zerfraß die Wühlarbeit des Meeres den Untergrund der Insel, tobte gegen die Fels wände und verschlang in mancher Sturmnacht erklecklichen Boden, besonders der westlichen und südwestlichen Abhänge. Der Felsen barst und riß. Von oben lief Regen- und Schnee- Wasser in die Risse und der Frost sprengte dann das ver witterte Gestein auseinander. Ein« Entwässerungsanlage er stand und leitete darauf die Himmelswasser ab. Die klaffen den Risse würden geschlossen und die Gefahr beseitigt. Heute ist der Felsen gegen Sprengwirkungen, Granateinschläge und schwerste Erschütterungen beim Abfeuern der Riesengeschütze . völlig gefeit. Dem Wühlen und Nagen der See wurde enex- —gisch Einhalt geboten. Schutzdämme erstanden vor den am meisten von der See bedrohten Stellen, um einen Wall gegen den Wellenschlag zu bilden. Zementbäuten, Betonwerke wur den zur Ebbezeit aufgeführt und später zwischen Felsen und . Schutzbau liegender Meeresboden aufgefüllt. Wie oft aber vernichtete eine einzige Sturmnacht die Arbeit von Wochen! Anbefchadet schritt die Arbeit weiter, und heute haben wir - ein Helgoland, dem nach menschlichem Ermessen das Wüten l nagender Wogen nichts mehr anhaben kann. Der Fels im ; Meer steht fest! Im Süden der Insel aber entstand Neuland. Eine neue ! Jnselsläche, deren Oberfläche die des alten Oberlandes sogar > noch etwas übertrifft. Von den Sandbänken wurden Schiffs- - ladungen über Schiffsladungen von Baggersand herange- - schafft. Tie Loreleybank liefert im Monat allein 10 000 Kubik- : meter Erde. Molen erstanden und in ihnen die Schutzhäfen. ! Ein Meer von Arbeitern setzte die genialen Pläne des Marine- oberbaurates Eckhard in die Tat um. Krähne kreischten und - fauchten, Bagger schafften knirschend tiefe Fahrrinnen, kleine i Feldbahnen keuchten über das neugewonnene Gelände, Schuten ! ärmen und entleerten ihren festen Inhalt auf den Meeresboden f und fuhren wieder ab, um neue Sandladungen heranzuschaffen. - Ein vielstimmiges Hohelied der Arbeit erklang auf Helgoland von früh bis spät, und emsiger Menschenfleiß, zielbewußts ' Plansicherheit der Bauleiter paarte sich mit dem metallenen > Singen höchstgespannter Maschinenkräste. Die Verstärkung der Garnison Moang zu entsprechenden > Neubauten für die Unterkunft von Offizieren und Mann- ? schäften. Kasernen und Dienstwohngebäude erstanden, ein ! einfaches, aber schmuckes Offizierkasino wurde gebaut. Arbeiten f und Schaffen überall. Und heute genießt man den Erfolg - einer zähen Friedensarbeit. Das .heutige Helgoland ist ' somit ein gewaltiges Denkmal deutscher Technik und deutschen - Fleißes. . - Liniemaule Ein uralter Seemannsbrauch verlangt es, "daß alle Neu linge, die zum ersten Male den Aequator, die Linie, pas sieren, „getauft" werden. Es ist selbstverständlich, daß von dieser Sitte auch während des -Krieges nicht abgegangen wurde, wo immer sich einem deutschen Kriegsschiffe 'Ge legenheit bot, die Linie zu passieren. Die Kommandanten. unserer Hilfskreuzer „Möwe" und „Wolf"', sowie der Prisenoffizier .des letzteren Schiffes, schildern in den von ihnen über ihre Fahrten herausgegebenen Büchern in recht anschaulicher Weise, wie schön diese Linientaufen vor. sich gingen. Ganz „friedensmäßig"! Der Verlauf einer Aequarortaufe ist fast immer derselbe. Am Abend vor dem Passieren der Linie erhebt sich plötz lich an Deck großes Geschrei. Aengstlichr Gemüter stürzen darauf an Deck, meinend, daß sich vielleicht ein Unglücks fall zugetragen hätte. Da sehen sie eine oder mehrere Ge stalten in abenteuerlicher Gewandung gerade über die Ree ling steigern Außenbords hängt eine Lotsenleiter, so daß es ganz den Anschein hat, als ob die Fremdlinge soeben erst 'angekommen wären. In kurzen, etwas herrischen Worten verlangt Triton, der Führer der Abordnung und persönlicher Generaladjutant Seiner nassen Majestät des Meerbeherrschers Neptun, den Kapitän zu sprechen. Ihm vorgeführt, entledigt er sich kurz seines Auftrages, nämlich die Ankunft seines Gebieters in Begleitung hochdero Ge mahlin Thetis mit großem Hofstaat für den nächsten Tag kund und zu wissen zu tun. Da Triton von seiner langen Fahrt etwas .hungrig und durstig ist, wird er auf dem gastfreien Schiffe dann bewirtet. Der Durst ist besonders höchst erstaunlich, ebenso wie auch die Vorliebe des hohen Herrn für Rauchmaterial. Hat er nun seine Botschaft aus- gerichtet, so zieht er wieder von dannen, und eine qm Heck über Bord geworfene brennende Teertonne deutet die Stelle an, wo Herr Triton in das feuchte Element Lu- rückgestiegen ist. sDann kommt der nächste Tag. Vom Vorschiff aus er tönen plötzlich Musikklänge, und eine in Oelzeug und Süd western gekleidete Unterseekapelle leitet den Einzug des Meerbeherrschers ein, an dessen Arm eine mehr oder weni ger liebreizende Thetis tiefvcrschleiert hängt. Zuweilen läßt sich aber feststellen, daß Thetis sogar einen Schnurrbart hat. Dem Hohen Paar folgen dann die Mitglieder des Hofstaates. Leibarzt, Hofbarbier mit unheimlichen großen Holzinstrumenien wie Scheere und Rasiermesser, Hofprediger, Bettelmönche, Polizisten, Indianer, Neger, der Hofnarr usw.' Aus dem Festplatze angekommen, hält Neptun eine schwungvolle Rede, auf die der Kommandant oder der Kapitän erwidert. Dann beginnt der Taufakt. Die Neulinge werden recht gründlich von allem Erdenstaub befreit, der Leibarzt verabreicht ihnen ein bitterbös schmeckendes Tränklein, dann werden sie ein geseift und rasiert. Robuste Neger bemächtigen sich darauf der Opfer und tauchen sie gehörig in dem Tauchbecken mehrere Male unter. Alsdann muß her Getaufte noch eine längere Reise machen und durch einen sehr engen und langen Windsack durchkriechen, an dessen Ende ihm endlich der „Tauft schein" überreicht wird. Nun folgt der zweite Teil des Fest- - Programmes. Humoristische Vorträge wechseln mit Reden ab, Künstler produzieren sich, der Hofnarr reißt seine Witze und zum Schlüsse, ehe Neptun sich zum Aufbruch rüstet,, verleiht er mit einer huldvollen Ansprache viele schöne, aus Messing, Blech und Leder gefertigte Orden, deren Bezeichnung manche Anzüglichkeiten enthalten. Ist der Meerbeherrscher dann mit allem Dargebotenen zufrieden gewesen, dann ver spürt er, genau wie Triton am Abend vorher, großen Durst, und es erregt nicht gelindes Kopfschütteln, daß er sowohl wie auch seine „Gemahlin" und der ganze Hofstaat äußerst trinkfeste Leute sind. Nach reichlicher Bewirtung zieht sich der Hof dann in fein nasses Reich zurück. Auch auf allen Handelsschiffen, besonders den Passa gierdampfern, wird die Linientaufe in ähnlicher Form ge feiert. Besonders beliebt sind darf Bespritzungen mit einem dicken Feuerlöschschlauch. Auf sämtlichen Schiffen deutscher Flagge erregt aber dieser harmlose Seemannscherz die gleiche Heiterkeit und ist besonders im ^einsamen und gefahrvollen! Hilfskreuzerleben ein hübsches Stückchen Poesie, eine hoch willkommene Abwechslung in dem Einerlei des schiffever- senkenden Alltags. ' Verantwortlicher Redakteur: Ernst Roßberq tn Frankenberg i.S. — Druck und Verlag von C- G. Roßt rrg in Frankenberg t.S-