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d ^»*^2 >?j N 8«s8L L2>»r»^ 'Z«"'LL^ Z-o 'S»« «« »ZL — 346 - - Doch der Gedanke an Sie "ließ mir keine Ruhe gestern und heute. So kam ich, um mich zu überzeugen von meinem Irrtum, und sand nun, daß «s doch keiner mar." Ahr Freimut, mit dem sie ihm ihr Interesse an ihm ein- gestand, lächelnd und ohne jede Verlegenheit, entzückte ihn. „Sagen Sie," fragte sie lebhaft, „haben auch Sie mich vorgestern abend sogleich erkannt?" Er war ehrlich, obgleich^es ihn sofort reute, als er eine leise Enttäuschung bei seinen Worten in ihren Augen las. „Ich erkannte Sie halb und wüßte nicht, wer Sie waren. Sie erschienen mir wie eine Gestalt aus meinem früheren Leben, das nun so lange hinter mir "liegt, an das ich nur noch selten denke. Heute aber, als Sie Ihren Namen nannten, da stand alles greifbar deutlich vor meinen Augen. Jener Sommerabend, an dem ich die Freude hatte, Sie kennen zu lernen, mit Ihnen zu plaudern und zu tanzen. Wie lange liegt das alles nun schon zurück!" „lleber vier Jahre," sagte sie. „Warum aver machen Sie es Ihren Bekannten aus früherer Zeit so schwer, Sie zu erkennen? Warum leben Sie unter einem falschen Namen?" „Ich wollt« .alles auslöschen, was an das frühere Leben erinnert. Die Vergangenheit und der Mann, der einmal Joachim von Treuendorf hieß, muß tot für mich sein." „Hat die Vergangenheit Ihnen so Schreckliches—ge bracht?" .Es war keine Neugierde, die sie so fragen ließ. Warme, innige Anteilnahme an ihm und seinem Lose sprach aus ihrer Stimme, leuchtete aus ihren klargrünen Augen. „Schreckliches?" wiederholte er fragend. „Ich weiß nicht, abev doch, sa, es war schrecklich, was ich erlebte. Und es war so schwerwiegend, daß es mich aus.allen Fugen riß. Ich habe mein Gut verkaufen müssen, Fräulein Kelsey, ich mußte alle Brücken abbrechen hinter mir und ein ganz neues Leben beginnen." „Warm war das alles?" forschte sie. „Sehr bald nach jenem Sommerabend bei Gerlachs. Jenes Fest ist die letzte schön« Erinnerung in meinem Dafern." Sir war ergriffen. „Ich wußte von dem allen nichts," sagte sie leise. „Nur, daß Ihr Herr Bruder damals so plötz lich starb. Aber nun, nicht wahr, nun wollen wir unsere alte Bekanntschaft erneuern? Mir müssen Sie schon er lauben, weiter in Ihnen den Herrn von Treuendorf zu sehen, als den ich Sie damals kennen lernte." Sie streckte ihm in warmem Impuls die Hände ent gegen, und er nahm sie ein zweites Mal, umfaßte sie mit Druck und zog dann ihr Rechte, alter Gewohnheit folgend, für einen Moment an die Lippen. Im nächsten Augenblick erschien ihm sein Tun verkehrt. Und ein plötzlicher Zorn gegen das schöne Mädchen, das froh und lächelnd vor ihm stand, erfaßte ihn nun. Warum drängte sie sich in sein Leben? Warum holte sie ihn her vor aus der Vergessenheit, in dir er sich geflüchtet, vor allen Menschen und auch vor ihr? Was, was wollte sie von ihm? - Sie war die Verlobte seines jetzigen Chefs, er wär ein simpler Angestellter geworden, war arm, sie war die ver wöhnte, die unerhört reiche Tochter des Lurus, der großen Welt, die in Newnork zu den ersten Kreisen gehörte. Auch gesellschaftlich klaffte ein Riesenabgrund zwischen ihnen. Aber sie schien ihn nicht zu sehen. Schien auch die Abwehr nicht zu fühlen, die plötzlich wieder in seinen ern sten Zügen lag. Sie setzte sich unbefangen und froh, und forderte ihn durch «im Handbewegung auf, Platz zu nehmen. Sie dachte nicht an seine Arbeit, nicht daran, daß er vielleicht simge eilig« Briefe zu "schreiben hätte, sie gab sich, ohne Nach denken und ohne Ueberlegung der Freude hin, den Mann wiedergefunden zu haben, an den sie so manches mal in den vergangenen Jahren gedacht. Und allmählich schwand auch der düstere Ausdruck aus Joachim yon Treuendorss Zügen. Ihre Lebhaftigkeit, ihre Frische und Natürlichkeit, ihre reizvolle und entzückende "Art zu plaudern ri^en ihn fort. Nicht so, als ob sie sich einmal nn Leben gesprochen und nun erst nach langen Jahren unter völlig veränder ten Verhältnissen wiedergesehen, war ihre Unterhaltung, sie sprachen miteinander, als ob sie sich lange und nahe gekannt. Und mitten hinein in ihr Plaudern klang Mark Tryons Stimme: „Maud, wo steckst du denn nur?" Er stand mit Vater und Schwiegervater auf der Schwelle, der Tür, breit, wuchtig, dir Hände in den Taschen, erneu erstaunten Ausdruck in dem beherrschten, kühlen Gesicht. Dann erhob sie sich lächelnd und unbefangen und sagte froh: „Denkt nur, ich habe hier «inen alten Bekannten aus Deutschland getroffen! Herr von Treuendorf, der in Ame rika feinen Adel abgelegt hat! Ist das nicht ein seltsamer' Zufall?" Es war erst peinlicher Moment für Joachim, das Er staunen, die Verblüffung in den Mienen der drei Herren zu lesen. Er lebte hier unter falschem Namen, mußte da nicht unwillkürlich ein Verdacht aufsteigen, daß seine Ver gangenheit das Licht zu scheuen habe? Auch Maud Kelsey empfand plötzlich das Peinvolle der Lage, in die sie den Mann gebracht. Und als di« drei Herren immer noch still blieben, da faßte sie ihres Vaters Arm und erzählte ihm die näheren Umstände, unter de nen sie Herrn v.ön Treuendors -einst kennen gelernt. Sie hatte ihm damals von dem jungen Gutsbesitzer erzählt, sie wußte es ganz genau, er mußte sich daran erinnern. Und er nickte mit dem Kopfe und stimmte ihr freundlich zu, ob gleich er keine Ahnung hatte, jemals von der Eristenz dieses Herrn etwas vernommen zu haben. Mein. Gott, Maud hatte ihm so vielerlei vorgeplaudert im Leben, er hatte so viele Namen gehört, wie konnte er sich alles dessen entsinnen! Aber er fühlte doch, daß Maud, die noch immer an seinem Arm hing, daran lag, daß er freundlich zu diesem Herrn .sei, und so sagte er denn einige liebenswürdige, gleichgültige Worts. Mark Tryon aber behagte die Situation nicht. Der Herr war sein Angestellter, nichts weiter. Sollte nichts weiter sein. Und so fragte er denn, als eine Pause im Gespräch ent stand, und seine Stimme klang noch unnahbarer und hoch mütiger als sonst, ob die Post zum Unterzeichnen fertig sei. Aber Maud enthob Herrn voit Treuendorf der Ant wort, sie wandte sich ihrem Verlobten zu, ihre meergrünen Augen sahen ihn zornig an, und sie meinte kurz: „Wie kann die Post denn fertig sein, wenn ich Herrn van Treuendors die ganze Zeit von der Arbeit abhielt?" Joachim hatte mit einer kurzen, entschuldigenden Ver beugung gegen Maud vor seiner Maschine Platz genom men. Er fühlte Mark Tryons Unwillen gegen sich. Und innerlich gab er dem Manne recht. Denn was sollte dieses ganze Zwischenspiel? Es war ja doch nicht mehr als-die plötzliche Laune einer verwöhnten Prinzessin des Reich tums. Morgen würde Maud Kelsey ihn vergessen haben, und er würde morgen und übermorgen und alle Tage nichts weiter sein als der Sekretär ihres Verlobten. Und "das war gut so und recht. Als er aber eine Viertelstunde später Mar? Tryon hie fertige Post hereinbrachte, und dann, wieder mit einer Ver beugung, das Zimmer verlassen wollte, da erhob sich Maud Kelsey aus dem Ledersessel, in dem sie gekauert, trat aus ihn zu, reichte ihm die Hand und sagte mit ihrem weichen und herzlichen Ton: „Leben Sie wohl, Herr von Treuendorf. Und auf bal diges Wiedersehen!" 4. In den nächsten-vier Wochen verging kaum'ein Tag, an dem Maud Kelsey nicht in die Maiden Lane gefahren wär«, um ihren Verlobten abzuholen. Sie kam nachmittags oder abends, zu den verschiedensten Zeiten, und Mark Tryons Bitte, ihn vorher telephonisch von ihrem Kommen zu benachrichtigen, damit er sich mit seiner Arbeit danach richten könne, oder di« Bitte, später zu kommen, erfüllte sie nicht. Sie überging seine Bemerkungen über dieses Thema mit einem Eigensinn, den er an ihr kannte und gegen den er ebenso machtlos war wie ihr Vater. Sie kam ins Kontor, schön wie der Frühling selbst, kostbar und licht-gekleidet an diesen heißen und wundervollen Sep- ! tembertagen, lächelnd und "froh und stets guter Laune. Sie erwartete nicht, daß Mark Tryon fertig war, wenn sie. kam. Sie nahm es ihm niemals übel, wenn er fie zu warten bat. Sie selbst forderte ihn auf, sich nicht zu über. ' eilen, sie wollte sich gern gedulden. Er war ihr dankbar für , ihre Geduld und Einsicht, war verwundert, daß sie so sanft und so vernünftig war, voller Verständnis für seine Pflichten.