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— 340 — und jetzt erkannt, daß es sich um ein von einem Dampfer geschlepptes Segelschiff handelte. Durch Flintenschüsse wurden die Fahrzeuge zum Stoppen bewogen und dann ging das Flugzeug auf das Wasser hinunter und forderte den Schlep per auf, heranzukommen, immer mit vorgehaltener Pistole, denn man konnte ja nicht wissen, ob Verrat geplant war. Die Besatzung der Schiffe war aber durch diesen Ueberfall aus der Luft derartig überrascht, daß 'sie gar nicht an Wider stand dachte, und rief nur immer: „Gut Fremd, gut Fremd, mr schießen!" Nach vielen Schwierigkeiten gelang es nun dem Beobachter, auf den Dampfer zu steigen und mit diesem an das Segelschiff zu fahren. Aus den Schiffspapieren ergab sich, daß es sich um «inen russischen Segler handelte mit einer Ladung Bannware nach Riga bestimmt. — Beide Schiffe zu versenken, war nicht gut angängig, und so wurde beschlossen, die Mannschaft des Seglers auf den Schlepper zu verladen und dann den Segler durch Anbohren der Planken zum Sinken zu bringen, denn Sprengpatronen hatte das Flugzeug nicht, und seiire Bomben hatte es auf Riga abge- worsen. - Nachdem dir Versenkung in der verabredeten Weise vor-- genommen war, stieg das Flugzeug wieder auf, flog weiter und erreichte nach Auffüllen seiner Benzinbehälter glücklich das Mutterschiff, wo der Erfolg bei einem kühlen Trunk glücklich gefeiert wurde. Später trug diese Tat dem Flieger und seinem Beobachter noch das Eiserne Kreuz erster Klasse ein. Aber nicht immer lausen dis Fliegeruntsrnehinungen so gut ab, dies sollten,wic in den nächsten Tagen erfahren. Es wurde von zwei Fliegern eine Aufklärung geflogen, welche sich bis zum Dunkelwerden ausdehnte. Auf dem Nachhause wege flogen beide Flugzeuge zusammen und dachten an nichts Böses, als sie unter sich im Halbdunkel mehrere Torpedo boote vor Anker lieLen sahen. Durch Signale verständigten sich die Flieger, diese anzugreifen und fuhren einen Anlauf, er hielten aber unverhofft Feuer von anderen Booten, welche sie in der Dunkelheit nicht gesehen hatten, und das letzte Flug zeug wurde so schwer getroffen, daß es abstürzte und von den Russen erbeutet wurde, wobei Flieger und Beobachter in Gefangenschaft gerieten. Wir betrauerten den Verlust dieser lieben, tüchtigen Kameraden aufrichtig, aber unser Tatendrang konnte hierdurch nicht gelähmt werden. , Bereits am anderen. Morgen wurde wieder eine 'Auf klärungsfahrt mit zwei Flugzeugen unternommen, die der Verabredung gemäß um 12 Uhr mittags ihren Abschluß sand. Ueberraschungen waren wir ja von unseren Fliegern gewöhnr, aber diesmal brachte doch ein besonderer Vorfall Abwechslung in unser Dasein. Das «ine Flugzeug brachte uns ein kleines russisches Schwein mit, welches am Strande vereinsamt herumlief und von unseren scharfsehenden Flie gern entdeckt, diese zum Landen veranlaßt«. Das Schwein war bald eingesangen, ins Flugzeug gebracht, und in schnellem Fluge ging «s den Fleischtöpfen des Flugzeugmutterschiffs entgegen. Hier brachte das zarte Borstenvieh in unsere etwas eintönig gewordene Küche «ine angenehme Abwechslung. Beim Verzehren des willkommenen Leckerbissens belachten nur dieses Fliegerstückchen aus vollem Herzen. Was für ein Gesicht mag aber erst der Besitzer des jetzt so seltenen Vierfützlers gemacht haben, als er feinen Verlust feststellte. Nachdem noch verschiedene Aufklärungen geflogen wgren, erhielten wir Befehl, "wieder heimzukommen, und so wurde denn eines Abends Anker gelichtet und bald darauf im Aus gangshasen geankert, ohne daß die Heimreise durch besondere Vorkommniss« gestört word«n wäre. velronomir tl-v-MNeger Je länger der Krieg dauert, um so .mehr müssen wir darauf bedacht sein, ihn auch ökonomisch zu führen. Das gilt nicht etwa nur von der rein wirtschaftlichen .Seite der Kriegführung — denn hierbei ergibt sich die Notwendig keit, rationell vorzugehen, ohne weiteres —, sondern in hohem Maße auch von der militärischen Führung des Krieges. So rühmen wir mit Recht unserer Obersten Heeresleitung nach, daß sie bei der Offensive im Westen eine Operation größeren Stils in dem Augenblick abzubrechen pflegt, wo der Menscheneinsatz nicht mehr im richtigen Verhältnis zu dem zu erwartenden Erfolge stehen würde. Das ist di« Oslo norme der Kräfte. Aehnlich liegt die Cache beim U-Bootkrieg: auch er muß unbedingt ökonomisch geführt werden, wenn auch in anderem Sinne äls der Landkrieg. Der dem U-Bootkrieg zugrunde siegende "operative Gedanke ist und bleibt: Weg- räumung des feindlichen und im Dienste unserer Feinde fahrenden Schiffsraumes, wo auch immer sich die beste Ge legenheit dazu bietet. Darin liegt also ohne weiteres die Forderung, die U-Boote nicht auf bestimmte Schiffe oder eine bestimmt« Art von Schiffen, z. B. amerikanische Trup pentransporter, anzusetzen. Erst vor kurzer Zeit hat sich der Chef des Admiralstabes in einem durch die Presse be kannten Interview zu dieser Frage geäußert, allerdings nur »in einem Umfange, wie es eben im Rahmen einer kurzen Unter haltung möglich ist. Ihr Zweck ist, hier und dort aufgetauchte Fragen und Zweifel zu klären und Mißverständnisse zu zer streuen. Sie erreichen diesen Zweck aber oft nur unvollkommen, weil sie in ihrer kurzen, prägnanten Form den einzelnen Gegenstand unmöglich erschöpfend behandeln können. 'Deshalb ist es angezeigt, in irgendeiner Weis« nachzuhelfen und den aufgenommenen Faden weiterzuspinnen. Der Krieg mit seinen unendlich vielen Begleiterschei- j nungen bietet ein vorzügliches Mittel, um Fragen der mili tärischen und besonders der Seekriegführung, die dem breiten Publikum"nicht leicht verständlich find, durch Vergleiche aus dem täglichen -Leben kritisch zu behandeln und dem Auf fassungsvermögen des Lesers' anzupassen. Wie.jst es zum Beispiel mit der täglichen Lebensmittelbeschaffung? In der ersten Zeit, als das eine oder andere der gewohnten Nahrungs mittel knapp wurde, trat sofort das bekannte „Anstellen" ; in die Erscheinung. Auch heute finden wir es noch hier und j da, aber im großen und ganzen hat cs doch gottlob ausgehört. Es wäre aber ein Irrtum, zu glauben, daß dies lediglich , auf die Rationierung der betreffenden Lebensmittel, auf die i Kundenlisteneinrichtung und sonstigen behördlichen Maßnah- s men zurückzuführen wäre. Zn hohem Maße vielmehr hat ! die Erkenntnis des Einzelnen dazu beigetragen, daß es un- i ökonomisch ist, an einer bestimmten Stelle auf einen be- ! stimmten Handelsgegenstand zu warten. Denn nur allzu häufig i ereignet es sich, daß, wenn man längere Zeit „gestanden" hat, j die Waren verkauft, der Laden leer ist. Betrübt und enttäuscht zieht man von dannen, während man bei L oder P in der Nebenstraße durch Zufall Gelegenheit gefunden hätte, das Gewünschte zu erhalten. So kann man denn heutzutage, und schon seit geraumer Zeit, wahrnehmen, daß die Haus frauen nicht mehr auf die Jagd nach bestimmten Lebens mitteln gehen, sondern automatisch beim Verlassen des Hauses die Markttasche über den Arm hängen, um die „Gelegenheit i zur Beute" wahrzunehmen, wo sie sie finden, gleichgültig, ob der Weg sie zum Besuch einer Bekannten, zum Arzt, zur Brotkommission oder ins Kino führt. Das Täschchen ist immer da. ... Der Vergleich klingt zwar etwas banal, aber es ist doch in der Tat ähnlich wie beim U-Bootkrieg. Es wäre unöko nomisch und daher unklug, wenn die U-Boote sich auf An marschwegen bestimmter feindlicher Dampfer „anstellen" wür den, um auf «inen gemeldeten großen Dampfer, z. B. Trup pentransporter aus Amerika, auf der Lauer zu liegen. Auch sie würden nur allzu oft betrübt und enttäuscht diesen Jagd grund verlassen müssen, weil aus diesem oder jenem Grunde, die erhoffte Beute ausgeblieben ist, während auf anderen Handelsstraßen so mancher schöne Dampfer oder Eeleitzug gefahrlos passiert und ihnen entschlüpft wäre. Unser U-^oot-Material ist in der Tat zu kostbar, als daß wir uns den Lurus leisten könnten, imr um eines zweifelhaften moralischen Augenblickserfolges willen das große Ziel aus dey Augen zu verlieren, und dieses heißt: Suchet den Feind dort, wo ihr ihn immer Al finden hoffen könnt!. Verderbt daheim nicht mit den Zungen, was euer Schwert im Feld errungen! Verantwortlich« Redakteur: Ernst Roßberg in Frankenberg i.S. — Druck und Verlag von L G. Roßberg in Frmckenberg i.S