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Frankenberger Erzähler Unterhaltungsbeilage znw Frankenberger Tageblatt Wird jeder Mittwochs Freitag-- und Sonntags-Nummer ohne Preiserhöhung des Hauptblattes beigrgebes. Mr. 85 Sonntag de« 4. August 1918 Lira sul aen i. ?lalm Melodie: „O Durchbrech«' Heil dem Menschen, der nicht wandelt In der Gottvergeßnen Rat, Der nicht wie die Spötter handelt Noch an Sünd' Gefallen hat, Sondern es als Lust erschauet, Gott zu dienen Nacht und Tag, Sich an seinem Wort erbauet Und ihm treulich folget nach. Wie ein Baum an frischer Quelle Unverweltlich, reich an Frucht, Wird er steh'n an seiner Stelle, Wenn ihn «inst der Gärtner sucht. Wenn wie Spreu in: Wind zerstieben Die Gottlosen im Gericht, Dürfen, die Gott redlich lieben Schau'n sein gnädig Angesicht. Ebersdorf. Schirrmeister. Tie Dhrs dee Menendoeßs. Roman von Lola Stern. 7 Nachdruck verboten Es war ein Triumph für den Mann, der jahrelang zäh und-ausdauernd um das schöne Mädchen geworben. Kluge und bedeutende Persönlichkeiten hatten Maud Kelsey um worben, Männer mit berühmten Namen, zwei deutsche Grafen, ein englischer Lord und sogar ein französischer Fürst hatten sich Körbe von ihr geholt. Nun ward ihm der Preis. Die Zofe war mit ihrer Frisur fertig, legte als letztes den Reifen aus Brillanten und Perlen um Stirn und Kopf des jungen Mädchens. Und der Glanz der edlen Steine wetteiferte mit dem Schimmer, der den rotgoldenen Haaren entströmte. Maud Kelsey erhob sich und trat vor ihren Ankleide spiegel, stand sinnend davor, schaute sich an, träumte sich wieder zurück in die.Vergangenheit, während die Zofen ihr langsam und vorsichtig das Kleid überstreiften. Eigentlich hatte sie sich ihr Berlobungsfest immer an ders gewünscht. Sie war so kühl, so ruhig. Keine Spur mm Erregung, von Herzklopfen, von Erwartung. Ob sie ' nicht lieben konnte? Es schien fast so, denn sonst hätte doch einer unter den vielen Männern, die sie umschwärmt, wär mere Gefühle in ihr auslösen müssen. Als Backfisch war sie einige Male verliebt gewesen, Gatte geschwärmt, sich begeistert für irgendein hübsches Ge sicht, für einen berühmten Künstler. Später nie mehr. Maud Kelsey dachte plötzlich zurück an einen Sommer- «Gend in Deutschland. Das war nun schon vier Jahre her. Damals hatte sie auf grünem Rasen getanzt und war dann neben ihrem Tänzer durch stille und dunkle Parkwege ge schritten und hatte gefühlt,- daß dies Schreiten, daß die Nähe dieses Mannes schön für sie sei. An diesem Abend war der Wunsch sie überkommen, mächtig und stark, an der (Arte dieses MaiMs, Len sie zum erstenmal sah und sprach, durchs Leben zu schreiten. Denn er schien ihr nahe und vertraut, obgleich sie ihn nicht "kannte. Sein Gespräch fesselte sie, der weiche Klang seiner Stimme schmeichelte sich zu ihrem Herzen. Am .nächsten Tage war sie nach Berlin gefahren, chatte dort ihren Väter getroffen und war mit ihm nach Norder ney gereist. Und in den Wochen, die dann folgten, war eine leise Unruhe nicht wieder von ihr gewichen, eine führ und bange Erwartung: ob er kommen würde? Ihr fol gen, "wie sie es hoffte, ihre Nähe suchen, wie sie es ersehnte? Aber er war nicht gekommen. Kein Wort, kein Gruß, keine Zeile hatte sie jemals von ihm erreicht. -Äks sie mit ihrem Vater in Paris war und von dort aus Edith Gerlach einen Gruß sandte, da hatte sie von der Freundin ein Schreiben erhalten, in dem diese ihr in kur zen,. verzweifelten Watten den Sturz ihres Verlobten und seinen Tod mitteilt«. Don ihrem Schwager erwähnt« jre nichts, und Maud hatte in ihrer Antwort nicht nach ihm fragen wollen. Die Korrespondenz zwischen den Freun dinnen war dann eingeschlafen, bis Maud vor einem Halden Jahre die Vermählungsanzeige Edith von Gerlachs mit einem Regierungsrat von Jellin erhielt. An diesem Tage hatte sie wieder lange und versonnen an Joachim von Treuendorf gedacht. Auch heute dachte sie an ihn, wunderte sich, daß dieser Mann immer noch von Zeit zu Zeit in ihre Gedanken kam, daß er die Träumerei ihrer verschwiegenen Stunden zuweilen gewesen und immer noch war. Sie lächelte über sich selbst, «in bißchen weh mütig, daß es ihr'nicht gelang, diesen Mann völlig aus ihren Gedanken zu bannen, ihn, den einzigen, der ihr durch sein Schweigen und sejn Fernhalten von ihr zu verstehen gegeben, daß sie ihm gleichgültig geblieben war. Die eine Zofe, die am Boden gekniet und den Falten wurf der Schleppe geordnet hatte, erhob sich nun, die an- der« trat herzu und legte Maud das Verlobungsgeschenk ! Mark Tryons um den Hals. Es war eine Kette aus gro- ; ßen, mattschimmernden, vollständig gleichmäßigen Perlen, dre > einige Male um den Hals geschlungen wurde und barm zu beiden^Seiten auf das Kleid herniederfiel, um sich unter der Taille wieder zu vereinen, verbunden durch einen Schmetter ling aus Brillanten von märchenhaftem Glanz und Feuer. Keine Königin hätte sich diese Kette, dieser sehr großen und völlig gleichmäßigen, mattschimmernden Perlen zu schämen brauchen. Ein Strahl von Freude verklärte Maud Kelseys schö nes Antlitz, als die köstlichen Perlen ihre schimMerndweiße Haut liebkosend berührten. Das Nachdenkliche schwand aus ihren Zügen, machte einem Ausdruck von Frohsäm Platz, von Freude und Zufriedenheit an. ihrer eigenen schönen Person. Sie musterte ihr Spiegelbild. Ja, st« konnte zufrieden sein. Weich floß das Kleid an ihrer schlanken und 'dennoch vollen, hohen Gestalt herab, eine Wolke von Seide und Chiffon von zarter, mattgrüner Farbe. Die große Schleppe d«s Kleides war aus gleichfarbigem Samt von Silbsrsticke- reien durchzogen. Arabesken, Blätter und Blumen waren in den Stofs gestickt, und sie alle waren durchsetzt von Bril lanten. Auch an dem Kleid 'selbst waren diese silbernen Blumen, deren Staubgefäße aus kleinen Brillanten bestan den, angebracht, verhüllt von rieselndem Chiffon, halb ver deckt von kostbaren Spitzen, so daß das Blitzen und Schim- ' . mern der Edelsteine gedämpft und halb verhüllt wurde. „Nun noch ein paar Blumen," sägte Maud. Die Mädchen probierten die Blumen, die der Gärtner gesandt. Man entschied sich für halberblhhte, duftschwere La-France-Rosen, die mit kleinen Brillantschnallen auf der Schulter, an der Brust und auf der Schleppe befestigt wurden. Jetzt klopfte es an die Tür, Mauds beste Freundin, Mable Kennan, steckte den Kopf herein. „Darf ich eintreten?" Und sie.huschte ms Zimmer und trat auf dis Freundin zu. Mable Kennan war ebenfalls in großer. Toilette, über-