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— 332 — Schlosses. „Uns treibt nicht Eroberungslust!" und jenes nicht minder bedeutungsvolle: „Ich kenne keine Parteien mehr!" Das Wort ward zur Tat. Zu jener zweiten Sitzung im Reichstagsgebäude selbst. Alle Gesetze, die unserem Wirt schaftsleben die nötige Sicherheit schaffen sollen,- werden ein stimmig beschlossen. „Ml reinem Gewissen zieht Deutschland in den Kamps — das ganze deutsche Volk bis aus den letzten Mann!" Die besrerende Tat. Frei, siegesgewitz, 'felsenfest stand - Deutschland da als junger Held, als weltenstürmender Sieg- s fried, In schimmernder Wehr und Waffen. Und er zog sein > geschliffen Schwert aus der Scheide, holte aus zu wuchtigen Schlägen: Tannenberg, die Schlachten in Masuren, Gorlice- Tarnow, Narew, die Weichselfestungen, Brest-Litowsk und Skagerrak. Da staunte die Welt. In unaufhaltsamem, stür mendem Siegeslauf war es fünf Armeen währenddessen im Westen^ anvertraut worden, das falsche Belgien zu bezwingen und dre Engländer und Franzosen mit all ihren bunten Söldlingen aus aller Herren Länder zu Paaren zu treiben und in Schach zu halten. - - Die befreienden Taten! . s Deutsches Volk, denke daran zurück! Wir vergessen zu rasch. Vergessen erlittenes Unrecht eben so schnell wie eigene Ruhmestaten. Manches ist anders ge worden seitdem; härter, zwingender, gewaltiger. Damals zogen unsere Freiwilligen hinaus zu Hunderttausenden in endlosen Zügen mit trotzigen Inschriften unter schmückendem Grün und unter Bergen von Liebesgaben. Heute ist's stiller geworden beim Abschied, ernster, fester, bestimmter. Unsere Zungen von damals, sie wußten kaum, um was es sich handelte. Heute helfen sie selbst bereits eifrig mit als Jungmannen, voller Ofer im vaterländischen Hilfsdienst. Damals kannten wir kein Kriegsernährungsamt, kein Be zugsscheine, keine Kohlenkarte. Wer uns damals gesagt hätte: Bereitet Euch vor auf den fünften Kriegswinter, den hätte man verlacht, verspottet, ^verhöhnt. Nie haben wir unser heiliges deutsches Vaterland so geliebt, wie in jenen heißen Augusttagen 1914. Von dieser Liebe zehren wir heute noch. Nur diese Liebe allein rief unsere Frauen auf^den Plan, schaffte die Heimarmee, vollbrachte das Hindenburgprogramm, .vollendete unseren Krieg zu Wässer, zu Lands ^und in der Luft. . . ' Nicht genug mit jenen befreienden'Schlägen der deutschen Helden! Italien fiel.uns in den Rücken. Rumänien übte Verrat. Serbien mußte gezüchtigt werden. E in neuer Bund erhob sich wir ein Phönir aus der Asche, nachdem der alte Dreibund im Weltenbrande abgestreift, was falsch und häß lich. Bulgarien und die Türkei schlossen sich uns an. Ter Balkanzug ist das Symbol der Einigkeit der Mittelmächte von Flanderns Küste bis zum Persischen Golf. Da mutzte Albion geschlagen das gescheiterte Dardanellen-Unternehmen aufgeben, um durch Königsverrat und schändliche Knechtung eines kleinen freien Volkes einen neuen Posten im Orient mit Gut und Blut ebenso teuer zu erkaufen. Zwei entscheidende Ereignisse geben dem dritten Kriegs jahre ihr unverkennbares Gepräge: Die russische Revolution und die Kriegserklärung Amerikas. Jene krönte unseren unvergleichlichen Siegeszug im Osten. Diese bewies am deut lichsten die lähmende Wirkung unseres A-Bootkrieges auf dre Schar unserer Leinde. Die siegende Tat warf zehnfache Uebermacht nieder, brachte im vierten Kriegsjahre uns den Frieden von Brest- Litowsk und Bukarest. Ws- sollen wir beginnen, wollten wir all unserer Helden am heutigen Tage gedenken, deren Namen zukünftigen Geschlechtern leuchten werden in strahlender, nie verblassender Helle: Jmmelmann, Boelke, Richthofen; Graf Spee, Weddigen, Graf Dohna, von Müller, die Admirale Hipper und Scheer. Unser Mund würde erlahmen, unsere Lippen stumm werden, wollte man all der Helden gebührend' gedenken. Schweres haben wir durchgemacht, Unsägliches erduldet, Furchtbares erlitten, aber wir wollen siegen, darum werden wir siegen. Jetzt, an der Schwelle des fünften Kriegsjahres, sicherer und stolzer als jemals. Die besreiende Tat brachte uns diese Erkenntnis. Und diese gründet sich aus'unseren unumstößlichen Glauben. Un geheures liegt hinter uns. Gewaltiges steht uns bevor. Nicht nur das gegenwärtige Reich gilt es zu schützen, zu festigen; mehr noch das kommende. Aus- daß es stark und einig bleibe. Das, deutsches Volk, fei dein Gelöbnis zu Beginn des fünftem Kriegsjatzres. Das sei unsere Hoffnung, unser Gebet. einem seläbkiel ... Nachts wurden wir plötzlich in Lastautos an einen gefährdeten Frontteil geschafft. Der „Schaden" war bald repariert. Aber wie sahen wir aus! Keine Menschen mehr, sondern die wahren Sandmänner, Leib und Gesicht mit dicker Staub- und Lehmkruste bedeckt. Trotzdem, wären wir in unserem flotten Tempo einmal durch Berlin „Unter den Linden" hsrgefahren, mancher Kriegsmüde'und böse Nörgler wäre bekehrt worden. . . . Ich kann mir denken, batz man in der Heimat ungeduldig wird. Aber wer die Hindernisse keimt, die uns gegenüberstehen, der begreift unser vorsichtiges Dorrücken. Der Erfolg muß unter allen Umständen sicher- gestellt werden. . . . Ja, wir werden es schassen, endlich ist der Sieg unser. Uns alle treibt's Mit Ungestüm vorwärts. . . . Heute bekamen wir wieder einmal Zeitungen zu Gesicht. Niemand begreift es hier, wo die Geschütze donnern, daß in der Heimat so wenig Einigkeit herrscht. Wir hier draußen meinen, jeder Deutsche müsse jetzt mit seinem ganzen Denken und Fühlen nur bei uns fejn, uns den Rücken zu stärken, damit unsere Kraft nicht erlahmt! ... » vemllcdter * Auch eine Fahnenflucht. Eine bezeichnende Anzeige erläßt der.Besitzer eines Rittergutes und der Baumschulen Zöschen bei Merseburg, Dr. Dieck. Darin sagt er, er wolle, „um der immer unerträglicher werdenden Kriegsbewirtschaf tung der landwirtschaftlichen Produktion" nach Möglichkeit sich, entziehen zu können, seinen landwirtschaftlichen Eigen betrieb auslösen und seine Grundstücke parzelliert verpachten. — Wohin kämen wir, wenn dies Beispiel allgemein nach- geahmt würde! Wer irgend kann, mutz aushalten. Das Halten der Heimatfront ist so wichtig wie das der Feldfront. ' Das üppige Deutschland. In der ^.Gazette de Lau sanne" schildert ein aus Rußland zürückgekehrter Westschweizer folgendermaßen seine Reise durch Deutschland — eine glän zende Reise durch das lururiöse, üppige und fette Deutsch land. (Es ist erfreulich, daß bem Mitarbeiter eines sonst deutschfeindlichen Blattes- unsere Verhältnisse noch in solchem Lichte erscheinen.) „Nein! In diesem Jahre wird Deutsch land noch nicht Hungers sterben. Das weiß Deutschland, und es will, daß die anderen es auch wissen." Der Verfasser des Artikels schreibt sodann über die vorzügliche Verpfle gung auf der Eisenbahn, die alle Erwartungen übertroffen habe. Er lobt besonders das gute Brot und hebt, hervor, daß noch für alles gesorgt sei. Auch die deutsche Pünktlich-- keit sei kein leerer Wahn. * Mn nmes Völkerschlachtdenkmal? Von Berlin aus wird eine Druckschrift verbreitet, die für die Errichtung eines Riesendenkmals zur Erinnerung an die ungeheueren Leistun-, gen des deutschen Volkes in dem gegenwärtigen Kriege wirbt. Auch in Tageszeitungen wird bereits für den Gedanken Stimmung gemacht. Das zu schaffende Denkmal soll gerade zu ungeheure Ausmaße erhalten und alle bisher errichteten Werke gleicher Art, insbesondere auch das Leipziger Völker schlachtdenkmal, der räumlichen Ausdehnung und seinem künst lerischen Ausbau nach in den Schatten stellen.' Für den Bau des Denkmals sind gewaltige Mittel erforderlich; wie sie zu beschaffen sind, verrat der Verfasser -nicht. Gerade diese Frage ist aber für die Oeffentlichkeit von-außerordentlicher Bedeutung. Der Krieg hat das deutsche Volk vor ungeheuere Ausgaben gestellt. Es gilt zunächst, die vom Krieg geschlage nen Wunden zu heilen. Dazu sind ganz außergewöhnliche Anstrengungen ersorderlich, und alle Kräfte und Mittel müssen zunächst zur Erreichung dieser Ziele, namentlich im Interesse der Kriegsbeschädigten, der Witwen und Waisen, vereinigt werden. Erst wenn diese Ausgabe ersüllt ist, ist die Auf wendung größer Summen für Gedächtniswerke gerechtfertigt. Daher sind auch die Behörden allen derartigen Bestrebungen bisher entgegengetreten. Der Kampf gegen sie darf aber nicht den amtlichen Stellen allein überlassen werden. Das ganze deutsche Volk mutz einmütig in ihrer Ablehnung sein. Lerantwortlich« Redakteur: Trust Roßberg in Frankenberg i.S. — Druck und Verlag von C. G; Roßberg in Frankenberg i.S