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— 3L8 — 1 Baantw örtlich« Redakteur: Ernst Roßberq in Frankenb«g t.S. — Druck und Verlag von C. G. Roßkerg in Frankenberg i. D unser« Küsten bedrohen könnte. Gottlob, daß die trotzige Meeresseste deutsch ist. Ihr kriegerisches Leben MI ich in den nächsten Abschnitten schildern. CM ae» ZtoMot? Durch eine neue Erfindung in der Tertilindustrie, dir sich an das Kunstseideverfahren anlehnt, ist es, wie wir dem Konfektionär entnehmen, möglich geworden, eine kurze Faser herzustellen, die beliebig verarbeitet werden kann. Unter dem Namen Zellulosegarn ist sie in unterrichteten Kreisen bekannt geworden. Technisch wird dieses Produkt heute allgemein Garn aus Stapelfaser genannt. Nach diesem Verfahren ist es möglich, Kleiderstoffe jedweder Art, sowohl für Männer- wie für Frauenbekleidung und vor allem Wirkstoffe in höchster Vollkommenheit herzustellen. Von vornherein sind Bestrebungen im Gange gewesen, die Fabri kation auf möglichst breite Grundlage zu stellen und nicht nur diejenigen Unternehmungen allein, welche das Parent erworben hatten, mit der Anfertigung zu bettauen. Aus volkswirtschaftlichem Interesse sollte jedem, der hierzu'bereit und imstande war, die Anfertigung der Stapelfaser gestattet sein. Andere Schwierigkeiten, die es zu überwinden galt, betrafen die Bereitstellung von gewissen Chemikalien in ge nügender Menge, dir zur Herstellung der Stapelfaser not wendig sind. Auch dieses Hindernis kann als überwunden gelten. Die Kriegs-Rohstoff-Abteilung hat sich der Ange legenheit angenommen und nun soll mit der Herstellung in großem Matzstab begonnen werden. So steht, wie der Leiter der Reichsbekleidungsstelle, Geheimer Rat Dr. Beutler, im Reichstag und in seinen Vorträgen ausgeführt hat, in kurzer Frist eine durchgreifende Verbesserung kn der Versorgung mir Stoffen zu erwarten. Er hat von vornherein den' Einwand eines zu grohen Optimismus damit abgetan, datz die verant wortlichen Stellen in der Kriegs-Rohstoff-Abteilung noch üiel größere Erwartungen hegen, die die seinen bei weitem über treffen. Es bedarf gar keiner näheren Ausführungen darüber, von welcher Wichtigkeit für das gesamte deutsche Wirtschafts leben diese Tatsachen sind. Gerüchte hierüber sind schon seit einiger Zeit im Umlauf und haben an den deutschen Börsen plätzen zu einer Hausse für die Aktien von TerMmter- nehmungen geführt, He sie seit langem nicht zu verzeichnen gewesen ist. Die Steigerung im Aktienkurs erstreckt srch aber nicht nur auf die Wertpapiere solcher Unternehmungen, die tatsächlich die neue Faser Herstellen, sondern auch die Aktien von Firmen werden davon bettoffen, die mit der neuen Fabrikattonsweise -nicht das geringste zu. schaffen haben. In allerkürzester Zeit ist in erster Reihe eine bessere Besäftigung in der Textilindustrie zu erwarten, der sich wohl auch bald «ine Geschäftsbelebung in der Konfektionsindustrie entschließen dürft«. vermischtet ' Ein gelungener Fluchtorrsuch. Der Obermatrose, Kriegsfreiwillige Paul Römpler von der 9. Kompanie Z. Mattosenregiment, von Geburt Berliner, vor Ausbruch des Krieges wohnhaft im Sömmerda in Thüringen, hat bisher sämtliche Gefechte und Operationen des Regiments mit gemacht. Bei Patrouillengängen tat er sich stets besonders hervor. Er wurde für sein tapferes Verhalten vor dem Feinde mit dem Eisernen Kreuz zweiter Klasse ausgezeichnet, und zum Obermatrosen ernannt. In der Nacht vom 2. zum 3. Februar d. I. schloß er sich einer Patrouille an, die den Auftrag hatte, den Feind während eines Unternehmens auf L. (Lombartzyde) zu beobachten. Er bat den Patrouillen führer, weiter vorgehen zu dürfen, um einesteils besser Dek- kung zu finden und zweitens, um besser beobachten zu können. Hierbei stieß «r auf eine feindliche Patrouille in Stärke von drei Mann. Nach kurzer Gegenwehr war R. überwältigt, und wurde mit zurückgenommen, nachdem ihm vorher sein Revolver und seine Gasmaske abgenommen waren. Nach Durchschreiten der feindlichen Hindernisse und im Begriff, in den feindlichen Graben zu klettern, nahm R. die Gelegenheit wahr, zu entfliehen. Rasch entschlossen machte er kehrt, und trotzdem hinter 'ihm hergeschossen wurde, gelang es ihm nach sechsstündiger Abwesenheit, in die eigene Linie zurück zukehren. Nur sein gutes Orientierungsvermögen, welches er auf jeder Patrouille bewiesen hat, ließ ihn den Weg durch die feindliche Linie und Hindernisse zurückfinden. Im Graben war der Jubel natürlich groß, da mit der Rückkehr des R. nicht mehr gerechnet wurde. ' Das Zeitungdrucken ist ein undankbares Geschäft. Mit diesem Stoßseufzer schließt der „Pforzheimer Anzeiger" eine Betrachtung über die Papiernot, in der das Blatt unter anderem ausführt: Bei dem Zustand, in dem sich die Papierlirferung der Zeitungen heute befindet, ^genügt ein einfaches Versehen des Papierlieferanten, das Erscheinen einer ! Zeitung in Frage zu stellen, denn Lie Zeitungen haben keiner lei Papiervorrat, sie sind gezwungen, aus der Hand in den , Mund zu leben. Treten Eisenbahnverkehrs- oder Fabrik- - störungen ein, so datz dir Papiersendungen verzögert ankom men oder auch auf unbestimmte Zeit ganz aüsbleiben, so - kann die Zeitung infolge Papiermangels nicht erscheinen. > Die Zeitungen müssen ihren Inhalt auf das Allernotwendigstc s beschränken, sie müssen ost ganze Seiten Anzeigen weglassen, : und das wenige Papier, das ihnen zugemessen wurde, geht - ihnen fast nur von einem Tag auf den andern zu. Auf diese Notlage ist der Verkehr mit den Papierfabriken abgestimmt, ' so Latz es Lem Zeitungsherausgeber als eine-Gnade erscheint, ' wenn er wieder eine Ladung Papier zugesandt erhält, trotz- > Lem er jetzt für 10 000 Kilo 5450 Mark zu zahlen hat statt > 2150 vor dem Kriege. — Dieser Notstand trifft für das s ganze Zeitungsgewerbe in Deutschland zu. * Dir Bohlens. Dr. Krupp von Bohlen und Halbach ' in Essen hat bei Schiffdorf (Hannover) das Bauerngehöft ' seiner Vorfahren gekauft. Die Hofstelle wird der Gememde : zugewiesen zu gemeinnützigen Zwecken. Das Gut nimmt eine Fläche von 60 Ar ein. Seim Ssskmültercben Aus der Feber einer der „Sechzig" nahenden Haus frau in Thüringen ging uns jüngst ein« gemütvolle Skizze zu, die in ein altes Bürgerhaus Gothas führt. Wir geben dem anspruchslosen Stnwnungsbild gern Abdruck: In der .heutigen rastlosen, ohne alle. Gemütlichkeit ge nießenden, ja'übermodernen Zeit, kehre ich oft und gern zu meiner schönsten und mir heiligsten Jugenderinnerung zu rück. Sie führt in eine kleine, alte Residenzstadt. Ganz in Ker Nähe einer uralten^ schönen Kirche lag die einfache, traute und doch so vornehme Wohnung meiner Großmutter. Ich .selbst wohnte im Elternhaus«, eine Stunde Bahnzeit von dieser Wohnung entfernt. Es gab für uns Kinder aber schon eine wochenlang« Vorfreude, wenn uns für die Ferien zeit ein Besuch in diesem Großmutter-Heim versprochen war. Ich sehe das Großmütterchen im Geiste noch deutlich vor mir, ihr" liebes, kluges, allzett freundliches Gesicht, der schlichte Scheitel, umrahmt von einer blütenweißen 'Mull- Haube mit lilaer Schleife, gekleidet in ein ganz einfaches, schlichtes, graues Lüsterkleid — so faß sie in aller Herr gottsfrühe hinter der schneeig-weißen Mullgardine am Fenster , - im Lehnstuhl, mit einem feinen weißen Stickzeug beschäftigt. Weder die uralten eingelegten Möbel, noch die alten Bilder ihrer Vorfahren, sondern lediglich ihr liebenswürdiges, be scheidenes und zufriedenes Wesen — trotz ihrer geistigen, be deutenden Vorzüge — gaben der ganzen Häuslichkeit die traute Behaglichkeit und den fesselnden RHz. Sie war die Frau eines hervorragenden Gelehrten, Mutter zahlreicher Kinder und hatte viele, viele Jahre einen recht unruhigen, wenn auch stets anregenden und veranttvortungsreichen Haus halt vorgestanden, wodurch ihre Gesundheit natürlich auch gelitten hatte. 'Aber trotz alledem sah ich sie nie mürrisch oder unzufrieden, im Gegenteil, sie hatte für Jung und Alt, Hoch und Niedrig stets freundliche Wort« und guten Rat .wenn er begehrt wurde. Waren auch die damaligen Witwenpsnsionen nicht gerstde glänzend, so ging «in Armer doch nie leer von ihrer Dhr . Wenn so mein« Gedanken auch «in Halbjahrhundert zurück in die Vergangenheit schweifen, wird mir erst fetzt — als. selbst alternd« Frau — richtig klar,, in welcher oberflächlichen Zeit wir leben und der einzige Grund, welcher mich veranlaßt, meinen Mit- schweftern davon zu erzählen, ist der Wunsch: möchten recht bald wieder viele solcher zur rechten Zeit alternde und ihren Enkeln ehrfurchtgebietende Großmütter erstehen! M. B.