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Sormtag de« 28. JE M. 82 1S18 5 Die VhM des Treueudsrfs. Roman von Lola Stein. Nachdruck verboten Lebel Mach mich stark, ich mutz am Glück vorübergehn. Mach mich still, ich mutz dem Schmerz ins Ant- "Atz sehn. Mach mich heiter, datz mit klarem Sinn Andern guter Weggenoss' ich bin, Trag mich über Alltagswunsch und Leid, Mach mich frei und reif zur Ewigkeit. Cornelia Kopp. - Sein Versprechen mutzte er halten. Nicht des haltlosen, leichtsinnigen Menschen wegen, der sich da gebrochen und völlig verzweifelt vor seinen Augen wand. Aber — weil sie aus demselben Geschlecht waren. Weil er sein Wort nicht brechen durfte und konnte. Und weil lein Makel fallen sollte — solange er es hindern konnte — auf den blanken Ehrenschild der Treuendorfs. Er erhob sich mühsam, stand nun neben dem Bruder, sagte leise und müde: „Erich, dir ist ja nicht zu helfen! Einer Natur wie dir niemals! Auf dein Glück, das dich bisher durchs Dasein ge leitet, hast du vertraut, als du diese Schulden machtest. Nun hat es dich schmählich im Stich gelassen. Aber wieder wür dest du auf Glückszufälle vertrauen, wenn dir diesmal in zwölfter Stunde geholfen würde! Du würdest dich nicht än dern, Erich!" , „Ich würde es, Joachim, ich schwöre es dir! Glaube mir, diese Tage gehen nicht spurlos an mir vorüber. Alles würde anders sein in Zukunft. Alles Leichte und Frohe wäre ja fort aus meinem Leben! Edith! Und die Sorglosigkeit, die ich durch ihren Besitz erlangt hätte!" „Ja, es wäre alles anders, bitter anders, Erich. Hast du schon alles bedacht? Es gibt nur einen Weg, einen einzigen, wenn ich dir helfen soll: das ist der Verkauf Treuendorfs Erich sah scheu in das tiefernste Antlitz des Bruders. „D-s darf nicht sein! Treuendorf, an dem du so hängst! Gr mutz einen anderen Weg geben. „So nenne mir einend Ich weiß keinen anderen. Treuen» darf verkauf«, als erstes. Dann mütztest du natürlich aus Er sagte: _ „Ich .habe Sie empfangen, obgleich wohl kaum noch etwas zu sagen ist zwischen uns. Aber Ihnen, Herr Joachim von Treuendorf, wollte ich ein« Aussprache nicht verweigern." Joachim neigte das Haupt. „Ich danke Ihnen, Herr Oberst, und ich bitte Sie, meinem Ehrenwort zu glauben, datz ich bis gestern völlig ahnungslos war von allem, was mein Bruder getan." „Ihr Ehrenwort genügt mir, Herr von Treuendorf. Was aber haben »Sie mir zu sagen?" Sie beredeten nun die Angelegenheit. Erich blieb stumm. Joachim wollte vor allen Dingen wissen, ob der Oberst zu schweigen gewillt sei. „Ich habe keine Ursache, meinen verflossenen Schwieger sohn noch unglücklicher zu machen, als er schon ist. Durch eigene Schuld geworden ist. Ich gedenke zu schweigen, so lange ich von der ganzen schmutzigen Geschichte nichts sehe und höre. Werden die Wechsel, die meine Unterschrift tragen, rechtzeitig eingelöst, gut! Werden sie mir aber präsentiert, werde ich zur Zahlung gedrängt, dann kenne ich keine Rück sicht mehr, meine Herren! Dann mag Erich von Treuendorf die Konsequenzen seiner Handlungen im Zuchthaus über denken. Für einen Mann, der schlecht genug war, mit dem Herzen meines Kindes zu spielen, rühre ich keine Hand!" „Es ist nicht wahr," schrie Erich auf, „ich habe Edith geliebt!" Der alte Herr lachte schneidend. „Eine seltsame Art von Liebe, das mutz ich sagen! Er verspielte, verwettete, ver sumpfte die Mitgift seiner zukünftigen Frau, ehe er sie in Händen hatte. Wovon wollten Sie denn eigentlich leben mit Edith? Wie? Sie haben gedacht, laß den Ollen man rausrü^en, er hat ja Geld genug! 'Aber es Mt eine Ee- „Nein," schrie er auf, „tausendmal nein! Aus Leichtsinn Habe ich gehandelt, aus Unbedacht, nenne es so, wie du willst! Worts nützen ja nicht! Aber ich wollte nicht schlecht sein. Joachim, glaube mir das! Du muht es mir glauben! Ich wollte dich nicht hineinziehen in diese Sache, du hättest pe nie erfahren, wsnn das Schicksal mir nicht diesen Streich gespielt! Ich konnte doch mit Ediths Vermögen rechnen, «s hätte mir doch gehört! Ich war leichtsinnig, matzlos dem Staatsdienst ausscheiden. Wir beide müßten versuchen, irgendwelchen Beruf Zu finden, der uns ernährt. Versiche rungsagent oder dergleichen!" Er lachte schneidend auf. „Viel- leicht auch Kellner oder Inspektor auf irgendeinem Gut! Es gibt ja viele Möglichketten!" Die starre Ruhe war von ihm gewichen, nun bebt« und zitterte alles an ihm vor Erregung. Erich von Treuendorf schüttelte das Haupt. „So geht es nicht, Joachim, so nicht! Es mutz, es wird sich ein anderer Ausweg noch finden. Wenn du mir nur helfen willst, wenn du mich nur nicht im Stich läßt." „Wenn ich mich von dir wende, dann bleibt mir das Zuchthaus für dich!" „Oder die Kugel!" „Ja, die auch. Aber die löscht die gefälschten Unter schriften nicht aus. Der Tod wäre für dich vielleicht bequem, aber für mich? Ich müßte dann einstehen für Las, was du getan!" " „Sei nicht so hart, so entsetzlich hart!" „Soll ich dir noch danken, daß du mein Lehen zerstört hast? Aber du hast recht! Worte bessern nichts. Komm, wir 'wollen zusammen zu Oberst von Gerlach gehen, noch'ein mal mit ihm sprechen. Vielleicht denkt er heute weniger hart als vor vier Tagen." » 5. Der Oberst hatte seine Stadtwohnung kn der Fasanen- stratze bezogen. Auch nach der großen Auseinandersetzung mit Erich war er mib den Seinen noch in Berlin geblieben. Er fühlte sich elend nach all den Erschütterungen und Auf regungen der letzten Zeit, er sehnte sich nach der frischen Lust des Landes. Aber Edith war krank geworden, lag zu Bett, apathisch, still und ohne zu sprechen. Ihre Genesung mußte abaewartet werden. * Oberst von Gerlach empfing die Brüder Treuendors. Er reichte Joachim die Hand. Erich beachtete er nicht. unbedacht» ich war wohl auch schlecht! Aber so schlecht doch nicht, doch nicht so erbärmlich, daß du 'mich nun verlassen willst^ mich Hinabstoßen in des Lebens schrecklichste Tiefen. Großer Gott, Joachim, "Joachim, das kann doch dein Ernst nicht sein!" Joachim von Treuendorf saß noch immer in seinem Sessel/ müde und gebrochen, und er dachte der Todesstunde der Mutter und des Versprechens, das er der sterbenden Frau damals gegeben, das sie von ihm verlangt hatte in ihren letzten bewußten Augenblicken: niemals, was auch je kommen möge, Erich im Stich zu lassen, ihm stets und ständig ein Freund zu bleiben, ein Bruder. Frankenberger Erzähler Unterhaltungsbeilage zmn Frankenberger Tageblatt Wird jeder Mittwochs-, Freitags« und SonntagS-Nunnner ohne Preiserhöhung des HauptblattrS beigegcheu.