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- ^24 Unterstützung der Leib-Grenadiere in den Wald von Genoo- »ille vor. Bataillon v. Nostitz, von seinem in langer Lei densschule des Stellungskrieges vielerfahrenen.Kommandeur vom Feinde unbemerkt aus La Neuville herangeführt, sicherte vor Einbruch der Dämmerung den Besitz der für den Fluß- übergang wichtigen Ortschaft! Berechtigter Stolz erfüllte die tapferen Sachsen, als sie nach diesem blutigen Tage die kalt« Nacht im feuerlosen Biwak oder auf Feldwache am Feinde verbrachten. Di- Truppe, ar?ger Stande den Erfolg zu überblicken, müßt« sich begnügen mit dem Bewußtsein,' einen zähen Gegner geschlagen zu Haben. Vor dem Auge der Führung be- leuchteten noch während der Nacht einlausendc Meldungen die volle Tragweite des errungenen Erfolges, wie er später oon der Armee und von dem Deutschen Kronprinzen rühmend anerkannt wurde. Di« Division hat am 29. strahlenförmig angreiefnd um ihren Ausgangspunkt bei Hangest herum i» einem gewaltigen, zwischen 3 und 6 Kilometer breiten Halb kreise jeden feindlichen Widerstand hinweggefegt und die Vor- bedingungen für den AEübergang am nächsten Tage nicht nur für fhr eigenes^ Korps, sondern, auch für den linken Flügel der Armee v. d. Marwitz geschaffen. 3. Di« Nacht blieb nicht unausgenützt. Während di« Gre nadier-Regimenter Gewehr im Anschläge ruhten, betrieb das Bataillon Nostitz, rüstig nach den leichteren Kämpfen des ersten Tages ein stilles wichtiges Unternehmen. Handeln, Zupacken, keine Ruhe lassen, Flußübergang, Brückenkopf, diese sieghaften Worte, die der großen Schlacht den unwidersteh lichen Zauber geben, herrschten im Kopf des tapferen Kom^ mandeurs. Leis« schlugen die Pioniere der 3. und 4. Kom- vani« Laufstege über das mondglänzende Wasser des Avre- flüßchens, unbeirrt von den glucksenden Kugeln der Schützen am Feindufer; mit dem Frührot gingen die ersten Trupps hinüber. Noch ließ das Tageslicht kaum Freund und Feind unterscheiden, als die Bataillone v. Nostitz und v. Römer, plötzlich den solche Kühnheit nicht vermutenden Gegner an packten und das stark besetzte Dorf Braches gegenüber von La Neuville nach kurzem heftigem Gefecht erobern. Rasch di« Uferhöhen östlich und westlich des Dorfes erklommen, und der Brückenkopf war geschaffen. Gegen 9 Uhr begannen die Pioniere eine fahrbare Brücke über das von breiten, versumpften Strichen eingefaßte Fluß- hett, das an sich nicht breiter ist als etwa die Weißeritz ober halb des Plauenschen Grundes, zu bauen. Die Division zog Verstärkung heran. Weil aber die feindliche Gegenwirkung den Brückenbau bis in die viert« Nachmittagsstunde verzögerte, und die Grenadiere noch an den Feind gebunden waren, muß ten die Schützen sechs Stunden lang ohne wirksam« Artillerie den überlegenen Feind beschäftigen und den Sturm auf das dis steilen llferhöhen krönende Dorf Sauvillers verschieben; ihre Lage ohne Anschluß rechts wurde mit jeder .Stunde bedenklicher. Inzwischen hatte eine württembergische Division die Gre nadier-Regimenter vor Moreuil abzulösen begonnen, als gegen 10 Uhr ein feindlicher Gegenangriff mit seinen Ausläufern die abziehenden Truppen, mit voller 'Wucht aber das noch nicht abgelöste Bataillon Jungnickel traf. Drei Attacken ritt die erste kanadische Kavallerie-Brigade gegen das Bataillon. Ein« den offenen Flügel angreifende Schwadron wird zu- sanvnengsschossen. Zwei Schwadronen, die, vom welligen und buschigen Gelände gedeckt, gegen dir Mitte des Bataillons angaloppirren, brechen in die Infanterie ein, nachdem die Minenwsrfer des Leutnants Stegemann blutige Lücken unter den Anreitenden gerissen haben. Einzigartiges, fast groteskes Geschehnis, daß leicht« Minsnwerfer attackierend« Kavallerie abwehrrn! Hinter den Reitern schließt die über den Hausen gerittene Infanterie den Ring, und in wütendem Nahkampf werden dir eingeschlossenen Dragoner erledigt. Hauptmann Jungnickel hat unterdessen ein schweres württembergisches Ge- Mtz auffahren lassen. Eine dritte Attacke, von Infanterie ge folgt, bricht unter dem Feuerstrahl der Kanone zusammen. Als sämtliche Kanoniere bis auf den Offizier gefallen sind, springt Vizefeldwsbel Groß der 8. Kompanie mit einigen Leuten herzu, sie bedienen nach Weisung des Artillerieleutnants das Geschütz. Tas blutige Gefecht dauerte eine halbe Stunde. An einer Stelle deckten wohl 200 Reiter und Pferde den Boden. Französischer Elan war an der sächsischen Tapferkeit zu schanden geworden. Erst gegen 4 Uhr nachmittags konnte das Gros der Di vision zum Angriff jenseits der Avre vorgehen. Die un natürliche Spaltung des Angriffs nach zwei Fronten am ersten Tage war endlich in die ursprüngliche Marschrichtung zurückgebogen worden.' Trotzdem schien die Lage bedrohlich. Rechts wurden die Württemberger und Schlesier durch "starke' Gegenangriffe von Moreuil äbgedrängt, so daß der recht« Flügel der Sachsen dauernd entblößt war. Links lag die Garde selbst in schwerem Kampf um Aubvillers. Unbeirrt beschloß die Division vorwärts zu stoßen, hielt jedoch das Leib-Erenadier-Regiment als bewegliche Reserve auf dem Ost user der Avre zurück. Kaum war die letzte Bohle der Brücke geschlagen, jagte di« Feldartill«rie hinüber, durch dar heftig beschossene Braches hindurch und eröffnete hinter den Schützen das Feuer aus Sauvillers. Während das Gre nadier-Regiment die Höhen vor'Mailly erstieg, trat gegen 6 Uhr abends, das bisher geschont« Bataillon v. Schweinitz vom Schützen-Regiment mit frischer Kraft zum Sturm gegen Sauvillers an. Die Bataillone v. Nostitz und v. Römer erheben sich unter dem feindlichen Granatfeuer, das seit Stun den unter sir. schlägt, und so, von drei Seiten umzingelt, fällt das Dorf. Vor den Stürmenden zischt der Geschoßhagel von fünf Maschinengewehr-Kompanien, krachen He Granaten Ler Abteilung Sulzberger und Martins in die Häuser. Im Nahkampf, von Keller zu Keller, wird der zähe Gegner überwältigt.' Rechts stürmen die Grenadiere bis an die Straße Sau villers—Moreuil vor. Unter den Tapfersten zeichnet sich Vizefeldwebel Heitzig, Führer der 2. Kompanie, aus. Weiter vorzudringen war der schwergeprüften Truppe gegenüber einem verstärkten Gegner nicht vergönnt. Auch der zweit« blutige Tag endete mit einem stolzen Erfolg. Die Avre war überschritten, ein Brückenkopf, der die Grundlage für die weiteren Operationen der Arme« werden sollt«, war geschaffen und erweitert worden. Neben der Garde stand die Division an der Spitze des gegen Amiens vor- getriebenen Keils. An lausend Gefangene, an hundert Ma schinengewehr« und 1 Geschütz wurden eingebracht. . ' 4i Am Ostersonntag stieß noch einmal das Grenadier-Regi ment gegen die Höhen von Mailly vor. Zwei der ältesten Kompanieführer und zwei Bataillonsführer besiegelten den teueren Eeländegewinn mit dem Tode. Das Bataillon v. Rö mer nahm die Adelpareferme, Bataillon v. Schweinitz das Bois de Arachis. Dieser Wald blieb bis zum 4. April die Spitze des in der großen Schlacht eroberten Geländes.^ In den folgenden Tagen waren einzelne Kämpfe zu be stehen, die oft schwerer und bitterer waren, als an den Tagen siegreichen Angriffes. Vom 1. bis 4. April wurde die Front unter täglich wachsendem Arlilleriefeuer gehalten. Staffeln, Munitionskolonnen, Meldetrupps und Verpflegungsfahrzeuge hatten erm schwersten unter der stellungskriegartigen Be schießung des Hintergeländes zu leiden. An dem Angriff westlich Moreuil am 4. April nahmen die Batterien und Minenwerfer der Division teil. Das Schützen-Regiment warf am 5. «in bei Aubvillers einge brochenes französisches Detachement zurück, wobei die 9. Bat terie unter Oberleutnant Harz sich durch ein entscheidendes Schnellfeuer 1000 Meter hinter der Schützenlinie hervortat. In der Nacht vom 5. auf den 6. kämpften die Bataillone v. Schweinitz und v. Einsiedel Schulter an'Schulter mit der Garde in dem berüchtigten blutigen Park! von ^Gri- vesnes. Leutnant Emmrich, der für seinen gefallenen Batail lonsführer die Führung übernahm, zeigte sich als geborener Führer in schwerer Stunde. Vom 8. bis 15. April hielten die erschöpften und ge lichteten .Truppen die Stellungen zwischen Aubvillers und Malpart. Am 15. wurde die tapfere Sachsen-Division zurückgezogen, nachdem sie ununterbrochen acht Tage marschiert und biwa kiert, drei Tage und Nächte einen starken Feind geschlagen, sechs Tage unter schwerem Feuer und in blutigen Einzsl- kämpfen gestanden und acht Tage am Feinde gehalten hatte, alles in allem 25 Tage in Marsch und Feuer, im Angriff und in der Verteidigung. Leutnant v. d. Goltz. Verantwortlicher Redakteur: Ernst Roßberg m Franlenberg i.S. — Druck und Verlag von C. G. Roßberg in Frankenberg i.S-