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— 318 selbst nicht verstand. - . . '3. Der Gesang der Mägde scholl durch die klare, sommer liche .Luft. In die Zeiten Reihen des gojdenen, wogen den Korns schlugen hie Sensen in blitzendem, taktmäßigem Schwung immer neue'Furchen, links lagen schon große Stop pelfelder, aber rechts standen noch weite Flächen voll schwan Rede sein. Sie war meine Tischdame, und wir haben ganz gut geplaudert. Du sagst selbst, sie sei Unermeßlich reich. Wer vor dies Mädchen hintritt, der mutz ihr mehr zu bieten haben als ein verschuldetes Gut." Erich Zähnte. „Ja, diese Mädels sind eklig verwöhnti Passen auch nicht in unsere Kreise. Da ist mir meine kleine Maus mit weniger Geld und größerer Bescheidenheit schon lieber." - Dann schwiegen sie beide und fuhren durch die laue Sommernacht' dahin. Erich müde und träge und Joachim düster, in einer wehen und zerrissenen Stimmung, die er kender Äehren. Voll beladen fuhren die Erntewagen dem Eutshause zu. Joachim von Treuendorf ritt durch die Felder. Er war überall. Er gönnte sich keine Ruhe. Er sah aus den gol denen Segen nngsum und dachte: „Gott sei Dank! Nun ist die Ernte bald unter Dach, «in paar Tage noch, dann kann ich aufatmen." Die Mägde und Knechte blickten dem Gutsherrn nach, der hoch zu Rotz durch die Felder trabte. Sie wußten.alle^ seinem scharfen Auge entging nichts. Er war beliebt, trotz seiner Strenge, denn er hatte stets ein offenes Ohr für berechtigte Klagen. Aber energisch und zielbewußt und von unermüdlicher Arbeitskraft, verlangte auch von seinen Leuten Ausdauer und steten Fleiß. — Der Inspektor kam vom Gutshause aufs Feld geritten. Er suchte seinen Herrn. „Der gnädige Herr sollten sich jetzt ein wenig Ruhe gönnen. Der Agent Meyer aus Berlin ist gekommen und verlangt den gnädigen Herrn zu sprechen." „Ich bin für niemand heute und morgen zu sprechen, Thieme, habe keine Zeit. Haben Sie das dem Mann nicht gesagt?" „Doch, aber er war picht loszuwerden. Er behauptete, es sei eine dringende Sache." Joachim ritt heim. Er war erschöpft und müde. Der Diener kam ihm entgegen^ nahm das Pferd in Empfang, meldete, daß der Agent auf den gnädigen Herrn noch warte. Verdrossen ging Joachim ins Haus. Bestaubt, hungrig, ruhebedürftig. In seinem Arbeitszimmer saß . der Agent, mit dem er so manches Geldgeschäft schon gemacht, der bei Käufen und Verkäufen sein Vermittler gewesen war. Er erhob sich, als der junge -Gutsherr das Zimmer be trat. Ein großer, breiter Mann, mit rotem grobem Gesicht, dessen Zügen der Trunk seinen Stempel aufgedrückt hatte. „Guten Abend, Herr von Treuendorf." „Guten Abend, Meyer. Mein Inspektor hat Ihnen doch gesagt, daß ich in diesen Tagen nicht zu sprechen bh,. Für niemand. Ich habe keine Zeit und keine Lust zu ir gendwelchen Geschäften." „Warum so aufgeregt, Herr von Treuendorf? Ich weiß, daß Sie jetzt die Ernte im Kopf haben und weiter rnchts. Eben darum bin ich gekommen, aus reiner Gefälligkeit. Damit Sie nicht unvorbereitet sind und ich Ihnen nicht un bequem komme in einigen Tagen, wenn der Wechsel fällig ist!" „Wechsel?" fragte Joachim erstaunt. "Was für ein Wechsel? Ich weiß von keinem." „Es handelt sich um die zehntausend Mark, die ich dem > Herrn Referendar geliehen habe, und die übermorgen fäl- lig sind." Joachim wurde blaß. Was hörte er da! Eine Un ruh «Ergriff ihn plötzlich Aber er sagte nur kürzt „Was kümmern mich die Wechsel meinem Bruders, Meyer?" „Nun, Sie waren doch so freundlich, Herr von Treuen dorf, Ihre Unterschrift unter das Papier zu setzen. Auf Lie Unterschrift des Herrn Referendars allein hätte ich mein schönes Geld nicht riskiert! Jetzt nicht mehr! Dazu sitzt Herr Erich von Treuendorf zu tief kn der Kreide! Und ich weiß auch, daß es gar keinen Zweck haben wird, ihm über morgen den Wechsel zu präsentieren, er hat nischt! Darum bin ich ertra herausgefahren, um Sie an dis Sache zu ! erinnern." Halbem Lächeln auf die Worte lauschte, die der junge Offi zier, der yeben ihr stand, ihr sagte. Wie jung sie war. Wie bezaubernd . . ., Frau von Falbendorf merkte seine Zerstreutheit. Sie folgte der Richtung seines Blickes. . „Die kleine Amerikanerin steckt sämtlichen Herren heute abend im Kopfe, scheint nur", sagte sie. lachend, aber es klang doch ein kLoN vön Erregtheit aus 'ihrer Stimm«. „Eine neue Erscheinung, reich und hübsch und sofort liegen sämtliche Männerherztn ihr zu Füßen?" Er wollte etwas erwidern, aber sie ging von ihm fori. Und Maud Kelsey sah in diesem Augenblick zu ihm her über, lächelte, winkte ihn an ihre Seit«, unbekümmert um den Offftrer, der neben ihr stand. „Ich mag nicht mehr tanzen," sagte sie, als Joachim zu ihr trat, „kommen Sie, Herr von Tveuendorf, wir wollen noch ein bißchen auf und ab gehen." ' And liebenswürdig und verabschiedend nickte sie dem Leutnant zu. - Joachim mußte innerlich lächeln über ihre souveräne Art. Nie würde ein deutsches Mädchen so auftreten, wie diese achtzehnjährige AGeritanerin. Woher, hatte sie, die in Pensionen bisher gelebt, diese gesellschaftliche Sicherheit^ diese absolute Unbefangenheit, dies« ruhige Art, Menschen und Dinge nach ihrem Willen zu lenken?" „Sie sind so anders, so ganz anders als unsere jungen Mädchen hier", sagte er sinnend, während er an ihrer Seite schritt und ein weiches Glücksgefühl ihn, wieder durchrieselte. „Sie sind noch so jung. Und schon so sicher. Man merkt Ihnen an, daß Sie zu tun gewohnt find, was Ihnen ge fällt. Woher kommt es nur, daß Sie so ganz anders sind?" ! Sie lächelte. „Unsere Erziehung ist anders als die der deutschen Mädchen. Die Haben zu warten und zu" schweigen, : bis man sie fragt. .Wir in Amerika reden auch ungefragt." Sie lachte. „Man ist so rückständig in Deutschland, Herr u von Treuendorf! Wenn ich an die Freiheiten denke, die ' wir von 'Jugend auf haben. Dadurch wird man sicherer, ! besonders wohl rm Verkehr mit Herren. Denn bei uns s trennt man die jungen Leute nicht so ängstlich wie hier. . Schon durch den Sport kommen wir viel zusammen." „Den haben wir ja nun auch hier," sagte er. „Ja," meinte sie gönnerhaft,,,von uns übernommen. Und sehen Sie, ich bin so viel gereist schon, habe in großen > Hotels gewohnt mit Papa. Habe immer tun dürfen, was ! ich wollte. Papa ist ja so gut." ' Sie plauderte nun von ihrer Kindheit, ließ ihn einen ! Blick tun in ihr Leben, so wie er vorhin seine Sorgen vor ihr ausgebreitet hatte. . ! Als klemes Mädchen war sie mutterlos geworden. Ihres Vaters einziges Kind war sie und einziges Glück. „Papa hat nicht wieder geheiratet," sagte sie unbefan gen, „ich glaube, er fand keine Zeit dafür. Und das war gut für mich.' Er hat so viel zu tun, von Jahr zu Jahr mehr. Er konnte sich'mir kaum widmen, das bedrückte ihn j oft, und dann ging er mit mir auf Reisen, um mich zu entschädigen. Ich konnte alles von ihm haben, alles!" Er hatte sie in die Schweiz gebracht, weil es ihr Wunsch gewesen war. Die wollte viel sehen von der Welt, fremde Sitten, neue Menschen. Nun kam, sie heim, weil sie es so wollte. Freute sich auf -die Heimat, auf das Leben, das sie dort erwartete. Joachim hörte ihr zu, versonnen und ganz benommen von dem Zauber, der von ihr ausging. Und dann sagte sie plötzlich: ' - „Wie schade,' die Gäste brechen auf. Es war «in so hübscher Abend." Er hielt ihre Hand in der seinen und sah ihr tief in d« ruhigen, klaren, meergrünen Augen. „Sie reisen morgen, gnädiges Fräulein. So kann ich Ihnen nichts mehr sagen als meinen Dank für den heutigen Abend und meine Hoffnung, Sie noch einmal wiederzusehen mi Leben." Sie lächelt«: ,Mo «in Wille ist, da ist ein Weg." Die Brüder bestiegen den offenen Landauer. Erich wollte in Treuendorf übernachten. „Ein schönes Mädchen, diese Amerikanerin. Und reich! Unermeßlich reich! Wer die heimführt, der ist geborgen. Sie hat dich ja ausgezeichnet heute abend, Joachim, willst du dein Glück nicht einmal-versuchen, alter Junge?" Aber der sagt« schroff: „Von Auszeichnung kann keine