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Frankenberger Erzähler N»terhalt«naLbtilage M« Frankenberger Tageblatt Mrd jeder Mittwoche, Freitags* und Sonntags-Nummer ohne Preiserhöhung des Hauptblattes deigegÄeu. Nr. 80 MittwoS de« S4. I«N 1S18 Vie Leit O alte Zett, wo bist du hin? Du gingest und ich blieb;' Und ach! seit ich dir ferne bin, Hab ich dich doppelt lieb. Ich denke deiner spät und früh, Wie an ein fernes Glück. Und dennoch, dennoch wünsch ich nie: O kehrtest du zurück. Was du mir schenktest, wahrt' ich auf Zn einer sichern Truh': Was du mir nahmst, führt meinen Laus Der ewigen Heimat zu. s - Julius Sturm. . Me KhM des Teendorfs. Roman von Lola Stein. 3 Nachdruck verboten Cie bat: „Erzählen Sie mir etwas aus der Zeit, da Sie noch Offizier waren. Man sagt ja, dah für die deutschen Männer dies der schönste Beruf sei. Wir kennen das nicht. Bei uns wird anders gearbeitet, Sie'wissen es! Aber es inter essiert mich doch sehr, wie die Menschen in Deutschland denken." Er tat ihr lächelnd den Willen. Plauderte mm den fernen Zeiten, schilderte ihr ein Manöver, das er mitge- macht. Redete sich in Feuer, in Begeisterung hinein. Wurde jung und strahlend und Heitz bei seiner Schilderung. Und fühlte wie ein seltsames und nie gekanntes Glück die klaren grünen Mädchenaugen Ms seinem Antlitz ruhen, an seinem Munde hängen, gebannt und voll von Interesse. Und Joachim wutzte nicht, wie es kam. Plötzlich sprach er zu diesend fremden Mädchen, das ihm nah schien und ver traut wie keine sonst, von dem jähen Sterben des Vaters und von dem Tag, als er die Kunde erfuhr. Von der Zeit, als er das Gut übernahm, als dre Sorgen sich über sein junges Leben senkten, als er seine ^Jugend, seinen Uebermut, seinen strahlenden Frohsinn auf immer begrub. Und während sie ihm ernst und teilnahmsvoll zuhörte, schien es ihm, als versinke Vergangenheit und Gegenwart mit ihren Sorgen, mit ihren quälenden Nöten. Als spräche er sich frei mit seinen Worten. Ein ungekonntes Glücksgefühl durchströmte sein Herz. Seine Jugend, die er so ost vergab, brach sich gewallsam Bahn. Leicht und froh und jung war ihm zu Sinn. ' Er schritt an Maud Kelseys Seite durch die Gänge des mächtigen und gepflegten Parkes. Diener räumten ge räuschlos und eilig die Tafel ab, denn auf dem grohen Rasen wollte die Jugend tanzen. Sie hatten sich weit entfernt von dem eigentlichen Schauplatz des Festes, waren aus dem Bereich der bunten Lamprons gekommen, schritten aus einsamen Wegen, die nur vom Licht des Mondes erhellt waren und von dem Geflimmer der unzähligen Sterne, die ihnen zu Häupten glänzten. Es wurde nicht dunkel in dieser Sommernacht, d» warm und gütig war und wunderbar schön. Geschaffen zum Träumen, geschaffen zum Glücklichsein. Die Lust war erfüllt von dem Dust erblühender Rosen, die ihre Wohl gerüche ^vermischten mit den blühenden Linden. Leise, leise rauschten die alten Bäume im Traum. Sie standen an dem kleinen Teich, der tief verträumt nn "Parke lag, und Maud Kelsey fragte: „Wo liegt Ihre Besitzung, Herr von Treuendorf?" Er deutete in die Ferne. „Eine knappe Stunde von - hier ist mein Haus. Aber es ist nicht so modern und nicht so gepflegt wie diese neue Besitzung, die Sie hier sehen." s Sre machte eine abwehrende Handbewegung, als sei ; das gleich „Ich möchte Ihr Gut sehen." Ihm schlug das Herz. „Das würde eine grotze Freude s für mich sein! Wollen Sie mit EdW und Frau von Gerlach kommen.?" „Ich kann nicht," sagte sie betrübt. „Morgen früh mutz ich schon fort. Pa erwartet 'buch in Berlin. Und dann wollen wir'in ein Nordseebad für einige Wochen. Und An fang September nach Paris." ! Sie überlegte einige Minuten und fragte dann: „Reisen Sie nicht auch ein wenig, Herr von Treuen dorf? Wollen Sie sich dicht auch an der See erholen von l Ihrer vielen Arbeit?" ? Er fühlte ihr Interesse für ihn in ihrer Frage. Ein i jähes Glücksgefühl durchströmte ihn und dann eine tiefe ! Traurigkeit. Ja, er hätte alles von sich tun mögen, um j diesem Mädchen nachzureisen, um mit ihr zusammen zu sein i am Strand den Blick gerichtet in die Unendlichkeit des ' Meeres. Sonnenuntergänge am Meer sehen mit ihr zu sammen. Hinausfahren, weit, weit hinaus, allein mit ihr sein in der Unermehlichkeit. Aber es ging ja nicht. Er sagte schwer: „Wie gern möchte ich! Aber ich bin ja nicht frei, kann nicht fort. Jetzt im Hochsommer ist es unmöglich Die Ernte steht vor der Tür." Sie meinte, ein klein wenig bedauernd und ein klein wemg spöttisch: „Ach, denken Sie nicht immer nur an Ihre Pflichten. Was bleibt dann von den Freuden des Lebens?" „Sie haben recht! Herzlich wenig. Aber wer Pflichten hat, mutz sie doch erfüllen." Sie gingen schweigend zurück zu den anderen. Auf dem Rasen tanzten die Paare. Sütz und schmeichelnd klangen die Weisen des kleinen Orchesters, das im Freien konzer- trerte. „Sie tanzen, Herr von Treuendorf?" Er tat es nicht oft. Aber heute lockte es ihn, Maud Kelseys Nähe zu fühlen, und'er sagte: „Wenn Sie mir die Ehre geben, gnädiges Fräulein." Dann hielt er sie in den Armen und fühlte mit Ent zücken den Rhythmus ihrer jungen und sportgeübten Glie der beim Tanz. Als er fie dann freilieh aus seinen Armen, wurde sie von den anderen Herren umschwärmt. Sie gefiel, wurde bewundert, zum Tanze begehrt. Joachim stand allein. Sah ihr nach Sah ihr weißes Kleid schimmern und wenn sie an ihm vorbeistreifte, ihr goldrotes Haar. „So in Gedanken, Herr von Treuendorf und so sehr m Anspruch genommen heute abend?" Es war Frau von Falbendorf, die neben ihn trat. „Sie haben noch Nicht einmal Zeit gefunden, mich zu begrüßen,, lieber Freund!" Der 'Ton ihrer Stimme war schmollend, sie schien ge kränkt. Und Joachim entschuldigte sich Er muhte plötz lich an die Worte des Bruders am heutigen Nachmittag denken. Die junge Witwe Zeichnete ihn aus. Er schien ihr zu gefallen. Wenn er sich Mühe gab, würde sie vielleicht seine Frau. Sie war vermögend, jung, hübsch Aber sein Herz schlug nicht wärmer in ihrer Nähe. Er sah sie an, wie sie da vor ihm stand und plauderte und lachte. Banales Zeug, das ihn langweilte. Und seine Augen schweiften von Hr hinüber zu Maud Kelsey, die mit