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Frankenberger Erzähler Unterhaltungsbeilage zum Frankenberger Tageblatt ^-ttwvchr-, und SormtagS-Nmmner ohne Preiserhöhung des Hauptblattes belgegeberr. M. 71 Mttwsck- den Snki 1918 Lebt euer Sola Don Josref Stollretter, Unteroffizier d. R. (r. Felde). § - .(Nachdruckverboten.) Es geht ein Flüstern, einuiaunen durchs Land: Wer hat noch Gold" und müßigen Tand? Wer ist mit schuld an dem Meer von Blut, Wer kann sich nicht reißen von flitterndem "Gut Zu Hemmen, zu stillen die Todesflut, . ! Die Völker aufzehrt in rastloser Glut? Ein Knistern steht auf in der tiefen Nacht, Ein Raunen, das zischelt und Unheimlich lacht: Das Gold, das Gold, das in Schränken noch liegt, Zum Feinde steht, daß er Deutschland besiegt! Den Schmuck, den ihr am Leibe wollt tragen Wird einst verflucht sein — er hat euch geschlagen! Und wenn rn schwereren 'Zeiten einmal Das Volk sich aufrafft aus Knechtschaftsqual, i Und wieder ringt in den Wettern der Schlacht Mit übermenschlich verzweifelter Macht, Dann wird ein Fluch aufhallen im Land, Gewaltig, erschütternd, dem seilen Tand, Mit Am sie sich spreizten, dieweil in Blut Dahmsank des Volkes herrlichstes Gut, . i „Wir könnten ein mächtigstes Deutschland haben, Und sind nun Knechte — nur weil sie nicht gaben In sener flammentruntenen Zeit Ihr Gold von Körper, Bildschmuck^und Kleid! Cie sollen nicht Ruh', nicht Schlaf in der Ewigkeit kennen« ! Das Gold soll ihnen wie Glut in den Seelen brennen! ' Sie sollen nicht Frieden finden drüben im Tod, Die ihr Gold nicht gaben der deutschen Not!" Mbeu heißt Kämpfen Boman von H. Courths-Mahler. 2I Nachdruck Verbote« Charlotte steuerte auf das Restaurant zu. In der Wein. Abteilung fanden sie noch einen hübschen Platz, gleich vorn ! an der Terrasse. Interessierte und bewundernde Blicke folgten ! dem schlanken, schönen Mädchen. Einige Herren in der Nach- i barschast putztem die Kneifer und Monokel und rückten sich so, daß sie Eva im Auge behalten konnten. i Charlotte entging nichts von alledem. Sie strahlte und ' bestellte nachlässig elegant beim Kellner ein Diner. /Kurze Zeit darauf kamen zwei Zerren in eleganten Jackettanzügen mit seinen söstbaren Panamahüten vom Hauptweg herüber. Der eine von ihnen, ein schlanker, braungebrannter Dreißiger, dem man ansah, daß er kürzlich aus dem Seebad zurück-- gekehrt war, faßte plötzlich leicht den Arm des andern, eines" etwas beleibten, untersetzten Herrn, der einige Jahre mehr zählen mochte. „Stopp, Seydell. — ich sehe da die Grabow sitzen. — Fatales Frauenzimmer, laß uns umkehren, ich möchte sie hier nicht grüßen." Cie blieben wie unschlüssig stehen. Seydell sah angestrengt nach einer anderen als der > gefährdeten Richtung, während der Schlanke noch einmal , verstohlen hinüberblinzelte. ! „Donnerwetter!" entfuhr es plötzlich bewundernd feinen Lippen. „Was ist dem, Wendlin?" „Du — bei der Grabow sitzt ein entzückendes Geschöpf. Wie kommt denn die zu der alten Komödiantin?" „Wahrscheinlich eine junge Komödiantin." „Glaub ich nicht. Entschieden Dame — feines Gesicht, wundervolles Haar von unbeschreiblicher Farbe, herrliche Augen und scheinbar vollendet schöne Figur." - „Was denn noch? Komm, du schlägst sonst hier Wurzel und die Grabow entdeckt uns." „Soll sie> mein Lieber, soll sie. Die schöne Begleiterin ändert dir Sache. Da pürsche ich mich ran. Vor einer schönen Frau ist Fred Wendlin noch nie ausgekniffen. — Komm mit — da muß ich ein paar schöne Augen loslassen. —" Seydell stieß einen pfeifenden Ton aus, „Na, denn los — hier können wir doch nicht länger stehen bleiben." Die beiden Herren schritten nun, scheinbar unbefangen plaudernd, vorwärts/ bis sie dicht vor dem Tische der Damen Halt machten. Wendlin begrüßte Charlotte dam scheinbar sehr überrascht und frug, ob er mit seinem-Freund Seydell Platz nehmen dürfe. Erst als Charlotte strahlend die Er laubnis erteilt hatte, gab sich Wendlin den Anschein, Eva zu bemerken. Er verneigte sich artig und sah Lharlötte- fragend an. Diese verstand sofort und stellte vor: „Baron Seydell, Herr von. Wendlin, meine Nichte, Fräu lein Grabow." Die Nichte — wie kommt die Grabow zu so einer Nichte? dachten die Herren überrascht. Sie nahmen Platz und plauderten sehr animiert. Eva beteiligte sich nur sehr wenig an der Unterhaltung. Sie empfand die Art, wie sie die Herren, betrachteter:, peinlich. Seydell beschränkte sich auf dieses Ansehen, aber Wendlin begann, nachdem er etwas warm geworden, Eva auf Tod und Leben den Hof zu machen. Sein schmales, scharfes Gesicht zeigte dabei «inen Ausdruck, den Eva nicht definieren konnte. Es lag aber etwas in seinem Blick, was sie unruhig machte, und das ihr die Röte ins Gesicht trieb. Cie antwortete nur einsilbig aus seine Reden, während Seydell gefällig Char- lotte beschäftigte. Wendlin merkte, daß Eva mit Absicht sehr zurückhaltend war, aber das reizte ihn um so mehr. Er hatte seine lln- widerstehlichkeit bei Frauen genugsam ausprobiert und leichte Siege galten ihm nichts. Je stiller und zurückhaltender Eva wurde, .je kühner ging er vor. Dabei war er Kenner genug, um zu merken, daß er da kein Durchschnittsgeschöpf vor sich hatte. Er fand Eva entzückend, anbetungswürdig, und wollte auf jeden Fall Erfolg haben. Eva warf bittende Blicke zu ihrer Mutter hinüber. , Die schien jedoch mit Seydell so vertieft in ein Gespräch zu sein, baß sie scheinbar nicht hörte, was an der Mderen Seite des Tisches vorging. Und Wendlin wurde immer .aufdringlicher und faßte endlich mitten im Gespräch nach Evas Hand, um sie zu küssen. Eva entzog sie ihm hastig und richtete ihre schönen Augen ernst und kühl auf sein Gesicht. Dann erhob sie sich und wandte sich an ihre Mutter. „Ich möchte nach Haus«, bitte, laß uns sofort ausbrechen", sagte sie bestimmt. ' Charlotte hatte trotz ihrer angeregten Unterhaltung kein Wort verloren, welches zwischen Eva und Wendlin gewechselt wurde. Sie war wütend über Evas Verhalten und schalt sie innerlich ein prüdes Gänschen. Aber sie dachte an die Rente, die ihr Wendenburg aussetzen wollte und an di« Be dingungen, die sich daran knüpften. So mußte sie sich fügen und suchte durch doppelte Liebenswürdigkeit Evas Wesen gut zu machen. Sie verabschiedete sich wortreich von den Herren, während Eva nur kühl und stolz den Kopf neigte. Die beiden Herren sahen einigermaßen bettoffen aus.