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mkeiten Frankenberger Erzähler r Wird jeder Mitwochs-, Freitags- und SonntagS-Nummer Sonntag de« 7. JE 1S18 l Weben heißt Wurden Boman von H. Courths.Mahler. 2L Näckdruck verboten Frau Krusemann machte sich im Wohnzimmer zu schaffen und sah zuweilen verstohlen zu Eva hinein. Diese merkte es nicht. Sie lag wie leblos, wie zerschmettert auf den.Knien und barg den Kopf in den Händen. Sie kam nicht los von dem einen furchtbaren Gedanken: „Meine Mutter r'm Gefängnis." , Endlich konnte es die alte Frau nicht mehr mit ansehen. Sie trat zu Eva heran. „Kindchen, armes Fräuleinchen, nu kommen Cie man wieder .zu sich. Da is doch nu mal nischt zu ändern. — Stehen Sie "man auf, ick kann das nicht mehr mit ansehen." Eva blickte empor in das alte, mitleidige Frauengesicht. Langsam stand sie auf und blickt« ratlos um sich. Was wurde nun aus ihr? Der Boden war ihr unter den Fügen wrggezogen. Upd so schwach er auch gewesen war, er hatte ihr doch einigen Halt verliehen. Sie sah die Wirtin ver ängstigt an. - - „Kann ich denn nun noch hier bei Ihnen bleiben, oder weisen Sie mich hinaus?" - AM Wille, Willie ist vonnöteti! Der wird retten oder töten. Wille ganz m allen Dingen, Im Erhabenen, im Geringen. Herz, bleib treu dem höchsten Richter! Sieger werden nur Verzichter. Erst Verlornes wird Erworbenes: — Ewig lebt dir nur Gestorbenes! Henrik Ibsen. Unterhaltungsbeilage Mm Frankenberg« Tageblatt Mitwochs-. FreitaaS- und SonntagS-Nummer ohne Preiserhöhung des Hauptblattes beigegebcn. Grabow. Ich weist, Sie suchen einen Pflichtenkreis, Arbeit. In meinem Hause finden Sie beides. Ich habe zwei leb hafte Kinder und einen großen Haushalt, und es fehlt mir an Zeit, mich selbst damit zu befassen, Sie können mir ein« große Hilse sein. Wollen Sie mit mir kommen?" — Eva, der di« Fremde «inen sehr sympathischen Eindruck machte, sah sie traurig an. ich will, gnädige Frau — ach, es wäre ein groß« Glück für mich. Aber — ich — ich fürchte — Sie werden mich nicht haben wollen. Ich besitze weder Zeugnisse noch Empfehlungen, und —" „Lassen Sie das doch. - Sie sind nur sogar sehr warm empfohlen worden, und ich brenne darauf, Sie mit mir zu nehmen." Eva sah überrascht in das gütige Gesicht^der Fremden. „Darf ich wissen, wer mich Ihnen empfohlen hat?" „Gewiß. Erstens Kommerzienrat Wendenburg und dann mein Neffe Bernhard Gerold." Das junge Mädchen fuhr empor und stand mit glühendem Gesicht kerzengerade neben ihrem Stuhl. Ihre Hand, welche, die Lehne umfaßt«, zitterte leise. „Tante Maria — Sie sind Herm Gerolds Tante Ma ria!" ries sie, mit Mühe ihr« Aufregung beherrschend. Maria lächelte. „Ja — und wenn Sie nur wollen, dann will ich auch Ihnen Tante Maria sein. Sie sehen also, daß ich gern auf weitere Empfehlungen verzichten kann."- Eva liest sich wieder in ihren Stuhl gleiten. „Ja, das seh« ich," sagte sie leise. „Aber ich sehe noch mehr. Sie wollen tnir aus*Onkel Horsts Bitte «ine Stellung in Ihrem Hause schaffen.- Das ist sehr gütig von Ihnen. Um so undankbarer must ich scheinen, dast ich ihr Anerbieten ablehnen must." „Und warum müssen Sie?" fragt». Maria ruhig und ernst. Eva schlang die Hände fest ineinander. , „Fräulein, «ine Dame is draußen, sie will Ihnen sprechen. ! Coll ick sie rin lassen?" , Eva richtete sich rmide auf. „Eine Dame? Hat sie ihren Namen genannt?" „Nein, aber sie -sieht sehr vornehm aus. Vielleicht is I das eine, die für Sie 'ne Stelle hat. Sie sagt, sie hätte 'ne ! dringend« Angelegenheit und müßte sie unbedingt selbst ! sprechen." „Lassen Sie die Dame eintreten," sagte Eva matt und - ordnet« schnell ihren Anzug vor dem Spiegel. ! Gleich darauf trat Maria Herbig in das Zimmer. Sie : -trug ein elegantes, aber sehr schlichtes Meisekostüm und ein kleines englisches Hütchen. Ihr noch immer hübsches, blühendes Gesicht -wandte sich erwartungsvoll auf Eva, und ihre schönen blauen Augen blickten voll Herzsnsgüie in das bleiche Mäd chengesicht.- Die Damen grüßten sich mit einer Verneigung. „Gnädige Frau, was verschafft mir die Ehre?" fragte ' Eva artig. Maria trat näher heran. „Zuerst gestatten Sie mir, daß ich meinen Namen nenne. Ich heiß« Maria Herbig." Eva verriet dieser Name nichts. Sie hatte zwar oft . von Bernhard gehört, daß Tante Maria und Onkel Fritz ihm die liebsten Menschen seien nach der Mutter, hatte auch Onkel Fritz persönlich kennen gelernt, aber sein Familienname war ihr nicht hasten geblieben. ' Eva verneigte sich und bat, Platz zu nehmen. Die beiden Damen saßen sich nun gegenüber. Marias Herz schlug in warmer Teilnahme.' Das süße, traurige Mäd- . chenantlitz stahl sich ihr ins Herz. ' „Ich Pin gekommen, um Sir mit mrr zu nehmen, Fräulein /.Aber Kindchen — die Krusemann is doch kein Unmensch. Nu nee — Sie können doch nischt vor so 'ne Mutter, das sieht doch 'n Blinder ohne Brille. Jotte doch, mit die Polizei kommt hier leicht einer ins Gemenge, das is nu mal so. Und ick hab' es schon immer jedacht, daß es mit ihr kein jutes End« nimmt, 'n leichtes Huhn war sie schon. Aber davor können Si« doch nischt, Sie sind so 'n braves, anständiges Fräulein., Nu bleiben Sie man ruhrg bei die Krusemann, bis sich was vor Ihnen findet, so, wie die, kann ick Ihnen ' noch allemal bemuttern." ' i Sie zeigte mit dem Daumen hinter Charlotte her. Eva strich mechanisch mit den Händen an sich herab. „Glauben Sie, dast meine Mutter bald zurückkommt?" „Das ist so 'ne Sache. Wen die Polizei ' mal beim Schlafittchen hat, den lästt sie sobald nicht los. Na, und Ihre Mutter muß schon ordentlich was auf dem Kerbholz Aden, sonst wäre sie nicht so ftilleken mitjejangen. Wissen Sie, was ick mir denke? Sie hat schon jestern abend jewußt, daß man ihr was will. Das war wohl ihre.Krankheit diese > Nacht. Irgend 'n guter Freund wird ihr das jestochen ! haben, und da hat sie's mit der Angst jekriegt." "Eva wußte, daß die Frau recht hatte. Das Benehmen,: ihrer Mutter gestern abend war ihr nun klar. Schuldbewußt- s fAn und Angst vor der Strafe hatten sie so erregt. Frau Krusemann schlich sich hinaus. Sie mochte wohl fühlen, daß es besser war, sie ließ Eva allein, damit sich ihr Schmerz austoben konnte. Eva war nun allein. Stundenlang saß sie mit ver- . grabenem -Gesicht am Tisch, «in.Opfer der Verzweiflung. > . Es war langst Mittag vorbei, da kam Frau Krusemann s Herein.