Volltext Seite (XML)
— 288 — unter bist, rate ich dir, nicht zurückzukommen. Wenn du blei ben kannst, bleib'! Denn ich habe an deiner Photographie gesehen, Latz du nicht unglücklich bist. Uns aber haben sie von Hause weggeschleppt; sie haben uns in Viehwagen ge worfen wie die Tiere; zwei Tage haben sie uns ohne Essen und Trinken gelassen.... Du hast auch immer reichlich Tabak gehabt. Joseph hat schon seit vier Wochen nichts mehr zu rauchen. Wir sind schlimmer dran als du!" Der Schreiber des Briefes, der- dis Räumung, semes Heimatortes durch die eigenen Landsleute und Engländer milerlebt, redet, also dem Gefangenen zu, datz er nicht in dis Heimat zurückkehren solle! Gibt es einen besseren Beweis da für, daß die Schauergeschichten über deutsche Gefangenenmiß- handluiigen gemeine Verleumdungen sind? Und einen besseren Beweis dafür, wie herzlos und brutal die französische Solda teska mit ihren eigenen unglücklichen Landsleuten aus den Operationsgebieten verfährt? Und denkt man nicht unwill kürlich wieder: Wie gering sind doch die Entbehrungen, die uns der Krieg auferlegt, im Vergleich zu den Leiden, die wir zu erdulden hätten, wenn der Feind in unserem Lande wäre! Um ass Mmmmgebiel Eine englische Beleuchtung Im englischen Unierhause fragte der Abgeordnete King (liberal) den Staatssekretär des Auswärtigen, ob ihm folgende Tatsachen bekannt seien. Die russische Sowjet-Regierung, habe die Unabhängig keit Finnlands anerkannt. Diese Unabhängigkeit wurde einer finnländischen Sowjetregierung gewährt, die deutschfeindlich gerichtet war, und Rußland trat Hr Petschenga an der Murgranküste ab, um einer befreundeten, den Deutschen feind lichen Macht, ernsn Ausweg an das Meer zu geben. Nachdem die fmnländische Sowjetregierung durch die finnländischen Bür- Milichen mit deutscher Hilfe beseitigt war, lehnte die russische Sowjetrsgierung ab, die Unabhängigkeit Finnlanös zu rätt- fizieren und legte bei der deutschen Regierung Protest dagegen ein, datz deutsche U-Boöte die Murmanküste benutzten Und datz die U-Boote mit finnländischrr Unterstützung arbeiteten. King fragte, ob England oder die Verbündeten der russischen Sowjetregierüng maritime und miiitärsiche Unterstützung an geboten habe oder anbieten werde, um die Häsen der Mur- manküste Rußlands gegen Finnland und den deutschen Ein fluß zu erhalten. Lord Robert Eecil antwortete, die angeführten' Tat sachen seien rm wesentlichen richtig, falls die Sowjetregierüng eine Ausforderung zu maritimem oder militärischem Beistands ergehen ließe, um russisches Gebiet gegen Deutschland zu ver teidigen, so wird sie eine sympathische Erwägung finden, aber ich bm zur Zeit nicht in der Lage weitere Erklärungen abzugeben. - . sroMno Skizze von Otto Rieb icke.') Ja, das hätte sich die alte Scheune von 1789 nicht träumen lassen, daß A. D. 1917 leibhaftige Gespenster in Frack und großer Toilette an ihre Wand springen würden und statt des Klöppelklangs der Dreschflegel fast musikalische Klaviermusik durch die Tenne tingelte. Und noch damals, vor ein paar Wochen, als man das zerschossene Gemäuer aus Schmutz und Dreck herauszog und ihm die schützende Regenkappe aufdrückte, damals noch standen ihre Wände recht steif und gemessen da, als wollten sie mit Würde jeder Neuerung entgegentreten. Ja — sie hatte aber auch nicht mit den Bayern gerechnet, mit den tüchtigen Bayern dieses Krieges! Die nahmen nämlich Kalkkelle und Malpinsel und glätteten die Fugen und zeichneten darüber Wilhelm Buschs „Fromme Helene" in ihren sittenreinen Taten. Und ein Herr von der Kommandantur nahm den dicksten Pinsel und schrieb, damit es sei, wie in einem richtigen Kientopp . . . schrieb ') Wir entnehmen diese Skizze mit Genehmigung des Verlages Philipp Reclam jun. in Leipzig der tertlich und bildlich reich ausgestatteten Wochenschrift „Reclams Univer sum". Preis jedes Heftes 45 Pf. auf den mittelsten Querbalken „Rauchen verboten!!" und an die Torflügel setzte er den „Notausgang!" Und ein anderer legte den surrenden Ventilator an, und. Tischler bastelten ungehobelte. Bänke zusammen und stellten sie gar eng genug auf . . . damit es sei, wie in einem richtigen Kientopp. Und dann kam „Stephan", der große Mann aller Sol daten, der noch großer ist als der „Franz" und der „Hein rich" bei den Fliegern. Der nistete sich in einem Starkasten an der Giebelwand-ein und pustete den gelbsüchtigen Filmen so Hellen Lebensatem ein, daß sie vor Schreck in voller Lebensgröße an die Leinwand gegenüber sprangen ... die wunderhübschen Frauen und die feinen Herren und die Diebe und die Verbrecher und die Detektive, die immer so geheim nisvoll „feuergefährlich" in der Holzkiste ankommen. Und nun müssen sie ihre Geheimnisse verplaudern, alle ihre Ge heimnisse, wortlos mit Klavierbegleitung. Srephan kurbelt . . . und wir sitzen davor. So, wie wir aus dem Graben gekommen sind, das Koppel umgeschnallt und die Gasmaske auf dem Rücken. Durch das nicht ganz dichte Dach blinzelt der sonnenhelle Tag und aus der Draht kommode poltern Sentimentalität und Scherzos. Aber wir haben noch eine andere Musik, eine Musik, wie sie kein groß städtisches Kino aufweisen kann, das ist das Orchester der Front, das Tag und Nacht so dröhnt, daß die alte Scheune zittert und die Bänke beben. Und oft runksen die Flaks dicht neben uns, so daß es ist, als -ständen wir im Graben gegen Minen und Granaten. Und wie man in richtigen Theatern ,Mer, belegte Brötchen gefällig!" ruft, wenn die Pause da ist, so ruft man auch bei uns — ohne daß die Pause da ist, mitten im Stück, vielleicht.dicht vor der Kata strophe. Aber das, das klingt anders, als das hingeflötete ,,... gefällig!" Kurz, bündig, militärisch ruft diese Stimme „Musketier Johow! ... Unteroffizier Bock!" und so weiter, rmmer diese Frage, <ytf die ein strammes „Hier" antwortet. Dann heißt es: in der Stellung ablösen, oder manch...mal auch ... auf Ur...laub sah...ren. Stephan aber, der kurbelt ruhig weiter . . . bannt es ist wie in einem richtigen Kientopp. vermilcdt« > ' Das (befangenlager von Vadelaincourt. Der ausge ¬ tauschte Infanterist B. erzählt von diesem Gefangenenlager, das sich etwa 18 Kilometer hinter Verdun befand: „Vor allem litten wir dort unter Mangel an Wasser, das uns kaum zum.Kochen ausreichte. Oft mußten wir aus diesem Grunde ohne Frühstück zur Arbeit gehen. Unsere Wäsche konnten wir höchstens alle sechs bis acht Wochen einmal waschen. Wir mußten anfangs in .kleinen Hütten, die aus Reisig und Lehm gebaut waren,., kampieren. Bei Regen wetter standen die Hütten vollständig unter Wasser. Wir mußten im Steinbruch sehr angestrengt arbeiten; wenn wir dort vom Regen durchnäßt waren, erhielten wir weder Mantel noch Zeltbahn und mutzten in diesem Zustande die Nacht in den feuchten kalten Hütten zubringen. Die Fußbekleidung war sä- knapp, datz fünfzig Prozent der Kameraden im Winter mit Holzbrettchen an den Fützen zur Arbeit gehen ! mutzten und daher allen die Füße erfroren. Krankmeldungen wurden nicht berücksichtigt. Der aufsichthabende französische Pionieroffizier sagte: „Die deutschen Schweine sollen zu grunde gehen, damit sie mit uns keinen Krieg mehr anfangen. Französische Kultur! * Di: gesteigerte Kaufkraft der Hände Arbeit. Einem "Berichte über eine Wohltätigkeitsakademie für das „Offi ziers-Witwen- und Waisenhelm", die 3260,39 Kronen emge- ! bracht hat, sieht sich die „Badener Zeitung" in Oesterreich i genötigt, nachstehende Bemerkungen anzuschlietzen: „Nicht un- ! erwähnt können wir lassen, datz für dir Ueberführung des i Klaviers vom städtischen Kursaal ins Theater (etwa 300 Schritte) und zurück von zwei Dienstmännern die unglaub- ' liche Summe von 200 Kronen gefordert und ihnen auch aus- bezahlt wurde. Es stellte sich demnach die Nummer des ! Herrn Professor Grünfeld, der in nobler und selbstloser Meße ! für seine Person kein Honorar forderte, auf 300 Kronen, ' da nutzer den erwähnten 200 Kronen an die Dienstmännsr ! noch 100 Kronen als Leihgebür für das Klavier entrichtet i wurden. Verantwortlicher Redakteur: Ernst Roßberg in Frankenberg i.S. — Druck und Verlag von E. G. Roßberg tn Frankenberg i.S> l, bietet >aft des »rathaus