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Kreitag den 5. Inti 1918 Nachdruck verboten L2 7 ? e.LkLZkLx LL ? -Z 2 A? Z verrweMviig Verzweiflung heißt man eine Seelenwunde, Die das Bewußtsein in der Wahrheit schlägt. — Wenn Du sie heilst zur selben Schicksalsstunde, Dein Herz dann leicht der Seele Narbe trägt!' — > Harrs Jesora. Weben heißt Kärnten Roman von H. Courths-Mahler. Dann kam Frau Kruse mann herein und umsorgte Eva in ihrer derben, aber gutmütigen Art, und diese ließ es sich lächelnd gefallen. Eines Abends kam Charlotte gegen ihre Gewohnheit bald wieder nach Häufe. Eva war noch nicht zu Bett gegangen und blickte erstaunt auf, als ihre Mutter sehr aufgeregt ins Zimmer trat. Charlotte zerrte ungeduldig .die Handschuhe von den Händen, warf den neuen, eleganten Hut in wertem Bogen auf einen Sessel, und zog so unruhig und nervös an ihrem Kleide, daß der Besatz zerriß. Dabei sprach sie kern Wort, nur ihre Augen irrten unruhig umher. Sie sah entsetzlich schlaff und verfallen aus, trotz Puder und Schminke. Eva betrachtete sie schweigend eine lange Zeit. Dann er hob sie sich . „Ist dir etwas geschehen, bist du unwohl?" Charlotte lachte forciert auf. - „Nein, warum denn?" „Werl du so. früh- heimkehrst, früher als sonst." Ihre- Mutter verzog höhnisch den Mund. „Dielleicht trieb mich die Sehnsucht nach dir heim." Das junge Mädchen blickte sie ernst und ruhig an. „Ich weiß, daß dies nicht der Fall ist. Uebrigens siehst du unwohl und elend aus. Charlotte funkelte sie zornig an mit ihren dunklen Augen. „Unsinn. Warum siehst du mich so neugierig an mit dei nen großen, kalten Augen? Als wolltest du mein ganzes Inner« ausspiönieren. Ich Habe nicht nötig, dir Rechenschaft ab zulegen, ob ich früher oder später nach Hause komme." — Eva setzte sich wieder in ihren Sessel. „Ich frug nur, weil ich dich von einem Unwohlsein befallen glaubte und dir helfen wollte." „Wie rührend", höhnte Charlotte und fuhr fort: „Heuchle doch nicht kindlich« Liebe für mich. Bis jetzt hast du mir ja nie welche gezeigt." ' Eva zog die Stirn zusammen, ihr Gesicht wurde blaß. ' „Du hast ja nie versucht, solche Gefühle in mir zu wecken. Heuchelei liegt mir fern." , „Nun also, dann tue auch nicht, als ob dich mein ver meintliches Unwohlsein interessiere." „Wenn ein Mensch leidet, möchte man ihm helfen, gleich, viel, ob ^r einem nahe steht oder nicht. Soll ich dir ein Glas Limonade bereiten? Oder bedarfst du sonst meiner HM?" „Nein, ich danke --- ich gehe zu Bett. Gute Nacht", sagte Charlotte kurz und ging ins Schlafzimmer. Eva folgte ihr bald. Sie lag schon mit geschlossenen Augen rm Bett, Ihr Atem ging kurz und unruhig und die Lider zuckten nervös. Eva merkte sehr wohl, daß sie nicht schlief. Sie sah im flackernden Kerzenlicht hinüber zu ihr. — Charlotte hatte die Schminkettrbgewaschen undflah mm in dem zuckenden Licht furchtbar elend aus. Der Mund war wie im Schmerztest zusammengepreßt. Bei diesem Anblick stieg.plötz lich warmes Mitleid in Eva auf. Sie sah, die Blutter litt heimlich irgendwelche Schmerzen und vermochte es nicht über sich, das zu. ignorieren. Sie trat ans Bett heran und strich mit ihren schönen, schlanken Händen leise über Charlottens Stirn. „Mutter, ich sehe doch, daß du leidest. Kann ich denn gar nichts für sich tun? Ich möchte dir so gern helfen", Lat sie weich und herzlich. In dem Gesicht der Mutter zuckte es. Dann schlug sie die Augen auf und sah zu Eva empor. Der ungewohnte Ton klopfte doch wohl an ihr Herz. Plötzlich rannen zwei schwere Tränen über die eingefallenen Wangen. Eva beugte sich her ab und wischte sie fort. „Mutter, was fehlt dir?" Frankenberger Erzähler Unterhaltungsbeilage zum Frankenberger Tageblatt Wird jeder Mittwochs-, Freitags- und SonntagS-Nummer ohne Preiserhöhung des HauptblatteS beigegebeu. Maria umfaßte herzlich Bernhards Schultern. „Das bedarf doch der Versicherung nicht, Bernhard. — Selbst wenn es für mich nicht so ein großer Gewinn wäre — ich suche ja schon lange nach einer Persönlichkeit, der ich meine Kinder und meinen Haushalt anvertrauen kann — ich würde sie doch aufnehmen, dir zu Liebe. Verlaß dich auf uns, Bernhard, deins arme Eva soll von uns gehütet werden, wie ein eigenes, liebes Kind." Bernhard.küßte ihr inbrünstig dre Hand. „Ich wußte, daß ich nicht vergeblich bitten würde. Ihr beiden lieben Menschen habt mir schon aus mancher Not ge- holfezi, nun auch aus der schwersten, dis mich je bettoffen." — Sie berieten nun die Ausführung des Planes. Maria er bot sich kurz entschlossen, Eva gleich selbst von Berlin abzu holen. Bei ihrem Charakter sei gar nicht sicher, daß sie einer brieflichen Aufforderung allein Folge leiste. Es gab da viel leicht allerlei Bedenken zu zerstreuen. „Und kurz und gut, ich reise selb st hin und komme ohne sie nicht zurück", sagte sie zum Schluß. Fritz lachte über dis kriegerische Haltung. Die drei Menschen setzten nun fest, daß Maria am über nächsten Tage nach Berlin reisen würde, ohne daß man Eva zuvor davon eine Mitteilung machte. Sobald sie mit Eva die Heimreise anttat, sollte sie ein Telegramm nach Hattenfeld ab senden, welches den glücklichen Ausgang ihrer Expedition meldete. Zum Schluß drückte Bernhard Onkel und Tante noch einmal die Hände. „Ich bin euch schon so viel Dank schuldig und weiß nicht, wie ich das je wsttmachen soll. Laßt euch von mir weiter lie ben und verehren, wie ein dankbarer Sohn. Und wenn 'ich in der nächsten Zukunft nicht zu euch komme, so wißt ihr, daß es nur Evas wegen geschieht. Wir dürfen uns fetzt nicht Wiedersehen, bis wir unsere Herzensruhe wieder gefunden ha ben", sagte er bewegt. So hatte Bernhard alles getan, um Eva eine gute Stätte pi bereiten. Er reiste ruhiger und befreiter wieder zurück. Es hatte ihm unendlich wohl getan, sich einmal offen und rück haltlos aussprechen zu dürfen. Und Onkel Fritz' gute, ver ständige Worte waren auf einen fruchtbaren Boden gefallen. Immer mehr fühlte sich Eva von dem Thesen ihrer Mutter abgestoßen, und Charlotte nahm seit dem verunglückten Versuch, sich Evas Schönheit zu nutze zu machen, nur wenig Notiz mehr von ihr. , Sie schlief bis Mittag, lag dann stundenlang mit.irgend einem modernen Roman auf dem Divan, rauchte dabei «ine - Unmenge Zigaretten oder knabberte kandierte Früchte. Sie ließ sich von Frau Krusemann auserlesene Speisen herbei schaffen und bei keiner Mahlzeit durste der geliebte Test fehlen. Eva erhob keinerlei Einwendungen, obwohl es ihr unangenehm war, daß Charlotte auf Onkel Horsts Kosten ' fo verschwenderisch lebte. Abends ging Charldtte stets aus.