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280 — Verantwortlich« Redakteur: Trust Roßberq in Frankenberg i.S. — Druck und Verlag von C. G. Roßberg in Frankenberg i.S s'M öderen hat die auf französischem Boden stehende „tapfere Armee" nicht geerntet, sondern im Gegenteil bei unserer gro ßen Offensive ganz gehörige Schläge bekommen. Also folgt man dem amerikanischen Beispiel und fabriziert sich Helden taten. So teilte das portugiesische Blatt „Commercio do Porto" am 5. Mai mit, daß im Marjnemimstermm folgen des Telegramm eingelaufen sei: „Am 28. April um 2 Uhr mittags eine halbe Meile nordwestlich von Madeira wurde . von dem portugiesischen Kreuzer „Sad Gabriel" in 1 Kilo meter Entfernung luvwärts an Steuerbord das Periskop eines Unterseebootes gesichtet. Der Kreuzer drehte bei, und nachdem die Besatzung in Kampfstellung war, feuerte er auf das Unter seeboot, das ihn verfolgte, einen Schutz aus einem 4,7-Zenti- meter-Eeschütz, um sich einzuschießen, dann einen Schuß aus dem 12-Zentimeter-Eeschütz und zuletzt einen aus dem 15- Zentimeter-Geschütz vom Oberdeck. Das Unterseeboot „scheint getroffen worden zu sein", denn die Granate schlug ganz in der Nähe ein; es tauchte und kam nicht mehr zum Vorschein. Die Besatzung des Kreuzers zeigte große Kaltblütigkeit. Der Kreuzer erlitt einige kleine Schäden durch die Heftigkeit der abgefeuerten Schüsse." Wir haben uns die Mühe gemacht und bei zuständiger Seite über diese „Seeschlacht" Erkundigungen eingezogen, jedoch den Bescheid bekommen, daß ein deutsches Unterseeboot hierfür nicht in Frage kommt. Sollten die tapferen Portu giesen etwa ein verbündetes Unterseeboot vernichtet haben? Das ist kaum anzunehmen, denn die Granate schlug in der „Nähe" ein. Die „große Kaltblütigkeit" der Besatzung ist bemerkenswert. Noch bemerkenswerter aber sind die Beschädi gungen, die der Kreuzer durch dir eigenen Schüsse erhielt. Da nach muß der „Sao Gabriel" ein recht morscher Kasten sein und das Fahren auf solchen Kriegsschiffen direkt lebensgefähr lich sein, noch, dazu, wenn erst die Kanonen losgehen. Aber seien wir-unseren Feinden doch von Herzen dankbar, daß sie dafür sorgen, daß in dieser ernsten Zeit auch der Humor zu seinem Rechte kommt. teils weil sie äußeren Einflüssen unterworfen waren, nicht mehr arbeiten konnten. Man mutzte nun zu der primitivsten Art der Verständigung, der Nachrichtenübermittlung durch Tiere, greifen. Der Meldehund, dem eine kleine leichte Trommel mit geschriebenen Nachrichten um den Hals gehängt wurde, erwies sich nicht selten zuverlässiger als der elektrische Funke. Noch ausgiebiger hat die Nachrichtentruppe jedoch die Brieftaube verwendet. Jetzt verfügt jede Di vision über einige sogenannte „Heimatschläge" mir Hunderten von Brieftauben. Sobald eine große Kampfhandlung unmittelbar bevorsteht, werden die Tauben, gewissermaßen in kleine Trupps aufgelöst, in der vordersten Linie verteilt. Da die Taube das Bestreben zeigt, auf dem geradesten Wege zu ihrem Heimatschlag zurückzukehren, bringt sie mit größter Zuverlässigkeit die Telegramme in den kleinen Aluminium hülsen aus der vorderen Linie zum Heimatschlage. So haben die Nachrichtenformationen des ersten Kriegs jahres, die aus den alten Telegrafenbataillonen des Friedens hervorgegangen waren, eine Entwicklung durchgemacht,. die an Breite und Tiefe der Entfaltung der anderen Waffen gattungen würdig zur Seite steht. Während die Nachrichten truppe ursprünglich nur ein Organ der Stäbe, der höheren Kommando stellen war, ist sie im Laufe des Krieges auch zum Kameraden und unentbehrlichsten Helfer der Kampsttuppe geworden. Vie neuen ilkianbttrüge Am 1. Juni ist die Urlaubssperre aufgehoben worden. Für die Ürlaubsreisenden sind nunmehr neue Vorschriften getroffen worden. Sie werden in besonderen Militärtrans porlzügen befördert. Man will dadurch erreichen, daß trotz, der Verminderung der Zugzahl eine größere Anzahl Urlauber befördert werden kann. Zu diesem Zweck wird für jede Armee ein Bahnhof bestimmt, auf welchem sich täglich alle Urlauber der Armes zu sammeln haben. Von diesem Urlauber-Armee- Bahnhof gehen täglich Züge nach bestimmten Heimatsgebieten ab, welche die Urlauber so nahe wie möglich an ihr Urlaubs ziel heranführen. Die Rückkehr erfolgt in der gleichen Weise« Um jedem Urlauber einen Platz zu sichern, werden in diesen Zügen Platzkarten ausgegeben. Die Beförderung in diesen Zügen bedingt jedoch eine längere-Reisedauer, die aber nicht auf die bewilligte Urlaubsdauer angerechnet wird. Außerdem sollen die Urlauber wie Truppen verpflegt werden, die sich auf Transporten befinden. Den Offizieren wird die Be nutzung dieser Züge ebenfalls empfohlen, und als Anreiz dazu wird ihnen die Mitnahme des Burschen und unbeschränkten Gepäckes gestattet, was in den D-Zügen verboten ist. Die Benutzung der D-Züge ist künftig aus folgende Fälle be schränkt: 1. Für vorausbefördertes Personal verschiedener Truppenteile; 2. bei Todesfällen und schwerer Erkrankung nächster Angehöriger; 3. zur Regelung privater Angelegen heiten, welche die sofortige und persönliche Anwesenheit des Beurlaubten erfordern; 4. für Burschen kriegsbeschädigter Offi ziere und höherer Beamten; 5. Burschen von Offizieren und höheren Beamten beim Antritt eines Kommandos; 6. Burschen von Stabsoffizieren und höheren Beamten in Regiments kommandeurstellungen und aufwärts, sowie höheren Beam ten des gleichen Ranges. Man hofft durch diese Zusammen fassung der Urlauber in besonderen Transportzügen dB uner laubten Entfernung von Mannschaften wirksamer als bisher entgegentreten zu können. Jedenfalls wird die llrlaubsreise erheblich unbequemer gemacht als bisher. L«Mge geschickten in ernster Leit So tiefernst diese Kriegsjahre und so hart ihre Folge erscheinungen sind, so sorgen doch unsere Feinde unablässig dafür, daß auch der Humor zu seinem Rechte kommt. In sonderheit ist es die Abwehr gegen den ll-Bootkrieg, die uns häufig Veranlassung gibt, die Einfalt unserer Feinde herzlich zu belachen. Besonders der Eintritt Amerikas in den Krieg hat, wie nicht anders zu ermatten war, eine neue Note in die Samm lung humorvoller Kriegsgeschichten gebracht. Man wird sich noch entsinnen, wie im Anfang letzten Jahres die See anekdoten sich häuften, die zu berichten wußten von kühnen Scharmützeln amerikanischer Dampfer mit deutschen Unter seebooten, wobei natürlich letztere stets den kürzeren zogen und sofort nach den ersten amerikanischen Schüssen wegtauchten, um rächt wieder hochzukommen, wenigstens in der Einbildung der amerikanischen Münchhausen. Derartige Geschichten endig ten stets mit dem großen Oelfleck, den das Unterseeboot zurückgelassen hatte, so daß dessen Vernichtung „mit Sicher heit angenommen werden konnte". Dann kamen dis erstaun lichen Berichte über den amerikanischen Schiffbau, dir Kunde von 3000 Holzschiffen, von 6,8 und 10 Millionen Tonnen Schiffsraum, welche die amerikanische Regierung in einem Jahre aus dem Boden stampfen wollte. Als die erste Freude über die Fixigkeit der amerikanischen Bundesgenossen im En tentelager diesseits des Ozeans verrauscht war und einer gründlichen Ernüchterung Platz gemacht hatte, legten sich die Märchenerzähler im Dollarlande auf das Gebiet der Erfin dungen. 40 000 Geisteshelden arbeiteten 40 000 neue Pläne aus; Edison, der Sprech-, Sing- und Schreimaschinenfabrikant, schloß sich mit seinen Arbeitern monatelang in seiner von hohen Mauern umgebenen Fabrik ein und erfand! Erstens unsicht bare Schiffe, zweitens drahtlose Wellen, die den Torpedo aus seiner Laufbahn ablenken sollten; drittens eine Erfindung, welche die Handelsschiffe unsichtbar macht; viertens, fünftens, sechstens usw. Viele, unzählig viele Erfindungen! Und der Erfolg? Man kann ihn Tag für Tag in den Berichten des Admiralstabes über neu versenkten Schiffsraum lesen und dar aus die Gewißheit schöpfen, daß unsere Torpedos denn doch ihr Ziel erreichen und die Schiffe weder unsinkbar noch unsicht bar sind. Der neueste Schlager amerikanischer Erzählerphanta sie ist die Heierei im Schiffbau. In 36 Tagen will matt jetzt Handelsschiffe fertiggestellt haben, zu deren Erbauung in Friedenszeiten ernsthafte Leute — und zu diesen können wir unsere Schiffbauer rechnen — annähernd ein Jahr benötigten. Es bleibt nur die Mutmaßung übrig, daß die Amerikaner mit den Kölner Heinzelmännchen einen Kontrakt abgeschlossen und diese als Helfer und Bundesgenossen gewonnen haben. Dann wäre diese neueste amerikanische Aufschneiderei zu erklären. Der Ruhm der großen Republik in der neuen Welt ließ anscheinend die Portugiesen nicht schlafen. Kriegerische Lor- . <7 . - - --- /HÄ-