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schon angekommen. Ms rotes Viereck lag sie hinter den Glasscheiben des Schalters. Ich trat an den Schalter, nannte meinen Namen und verlangte mein Geld. Der Beamte ent gegnete indessen, es ginge heute nicht. Er könne das Geld nicht auszahlen. Ich glaubte, das läge an der ungenügenden Ausweisung und ^Ligte dem Beamten meinen Militärpatz. Doch schüttelte er auch darauf nur den Kopf. Also ging ich mit meinen Begleitern zur Stadt und suchte dort ein uns schon bekanntes Gasthaus auf. Der Wirt, der selbst Gemeindevor steher und in Asiago gut bekannt war, erklärte sich bereit,, mit mir zur Post zu gehen. Er sollte mich legetimieren. Aber auch das schien nicht hinzu reichen: Der Beamte lieferte das Geld nicht aus. Er versicherte nur immer wieder: es ginge nicht. Doch bat er mich, am nächsten Tage noch einmal vor zusprechen. Und am nächsten Morgen war ich wieder auf der Post. Dort war diesmal ein anderer Beamter. Entweder konnte oder wollte er nicht zahlen, jedenfalls sagte er mir, ich möchte am Nachmittag wieder vorfprechen. Und am Nach mittag war ich wieder da. Kaum hatte mich der alte Beamte durch die Scheiben entdeckt, als er den Schalter schloß und auf alles Klopfen nicht mehr reagierte. Was half es, mied«: mutzte ich unverrichteter Sache umkehren. 'Aber am anderen Mittag erschienen, wir dafür acht Mann hoch, darunter der Wirt, auf der Post, diesmal wollten wir unbedingt Aufklärung haben. Und diesmal empfing mich der Beamte sehr freundlich. Er Hötte schon auf mich gewartet, das Geld läge bereit. "Er zählte es auf. Es stimmte, er forderte keine Legitimation mehr, sondern schien zufrieden zu sein, das.Geld losgeworden zu sein. Da war ich aber doch verwundert. „Weshalb gaben Sie es mir denn nicht schon früher?" fragte ich. Er wurde ver legen: „Ja, wenn ich es gehabt hätte! Soviel Geld geht hier nie ein, und man mutz lange warten, bis solche Beträge zusammenkommen. Es ist auch nur ein Zufall, daß heute von einer Gesellschaft dieser größere Bettag eingezahlt wurde, sonst hätten Sie noch lange warten müssen. . ." Asiago und die Geldkalamität der dortigen Post bleibt mir immer in Erinne rung. Dr. Sch. vermischter * Das „HMgWm", der Taufstein. Man schreibt uns aus Einbeck: Ein Hamster, das ist ein Mensch, der in dem Wahn verfangen ist, er könnte dir Kriegszeit nicht überleben und sich nicht mehr an den vollbedrckten Tisch seliger Friedens zeiten setzen, ist stets daraus bedacht, seine Schätze, die er (gleich unter welchen Umständen) erwerben kann, so zu ver bergen, datz einmal die Hüterin der mehr als tausend Kriegs oerordnungen, Gesetze und Erlasse, keinen Wind von ihnen bekommt, dann aber auch der gute Nachbar nichts davon er fährt, da bekanntlich der Neid noch niemals grötzer war als heute. Und so ein Hamster, der seine Sorge mit seiner Beute hat, ist ost erfinderisch. In Einbeck Lat einer das Beste, was er tun konnte, er brachte seinen Schatz dort unter, wo stets Hunderte von Menschen versammelt waren und deshalb hier am wenigsten ein Hamsterlager vermutet wurde. Er hatte entdeckt, datz der Taufstein in der Kirche der Baptisten nur einmal km Jahre gebraucht wurde, und das verleitete ihn dieses „Heiligtum" als Hamsterbau zu benutzen. Wann und wie weitz man nicht, jedenfalls schasste er sechs Zentner Hafer, «inen Zentner Roggen und etwa einen Zentner feinste Bohnen in den täglich bestaunten Stein, vor dem Hunderte nieder knieten und auf dem viele Augen voll Entzücken zu ruhen gewohnt waren. Dieser Tage kam der Stein aus irgendeinem Grunde aber doch jemand verdächtig vor, vielleicht war's auch nur Neugierde: Jedenfalls entdeckte man zur großen lleberraschung der Umstehenden und wohl auch zum Schrecken des Hamsters, der seinen Schatz wie im Himmel geborgen wähnte, das Getreide. Er wanderte in das Kornhaus und nun sucht man nach dem findigen Mann, der sein Gut hier so vertrauensselig ohne Aufsicht ließ. ' D:r Wrllreistnde. Aus Berlin schreibt man uns: Namentlich die Straßenbahnen zwischen Stettiner Bahnhof, Friedrichstratzen-Bahnhos, Potsdamer und Anhalter Bahnhof sind ost gespickt voll von Vaterlandsverteidigern, die von der Front kommen oder zur Front reisen wollen. Staunende Blicke der Dörfler, deren Stiefel ost schon die ganze Welt Verantwortlicher Redakteur: Ernst Roßbera tn Frankenberg i-L durchwandert, fliegen umher: Berlin! M an merkt es ihnen an, sie sind stolz darauf, auch einmal Berlin, wenn auch nur im Fluge, kennen zu lernen. Nun stand ich mitten unter ihnen, und ein Urberliner hielt große Vorträge. „Det is dir Fried richstraße; wenn jemand hier aussteigen will, Richtung nach überall." Einig« folgten seinem Wink. Die 101er aber fuhren weiter. „Det is das hohe Haus, der Reichstag, da. wo immer so viel gequasselt wird." Die Hälse recken sich. „Und dahinter, det h die Sirgessäule mit unserm Hindenburg. Der is jetzt janz benagelt." Es war nicht viel zu sehen, aber man war doch rm Bilde. „Hier aber," fuhr er in seinen Erklärungen fort, „det rs det Brandenburger Tor, sowat hat nur Berlin." Schweigen und Stille, Sechen und Verwunderung. Plötzlich meint eine Stimme: „In" Bettin? Und ich denke immer, ich bin in Stettin!" Ein donnerndes Gelächter schallt durF den Wagen. „Ja, Mann Gottes, in Stettin gibt's doch keenen Stettiner und Potsdamer Bahnhof, wie hab'n Se sich denn zurechtgsfunden?" „Zurechtgefunden?" Da wußte der Landstürmer nichts zu sagen. „Zurechtgefunden? Ich fuhr bis zum Stettiner Bahnhof. Alle aussteigen. Auf'm Pots damer Bahnhof geht's weiter, sagten Kameraden. Na, da is et doch ganz gleich, ob es Berlin oder Stettin is?" Ja, diesem Weltreisenden war es gleich, wo er sich befand, ihm war die Hauptsache, daß er den Weg fand, was am Wear lag, und selbst Berlin regte ihn nicht weiter auf. * Das zweite Erficht. Aus Kassel wird uns geschrieben: Prof. Heinrich Franz teilt folgenden Vorfall mit: Am 12. November 1317 starb in einem Orte 40 km von Kassel der Schwiegervater meiner Tochter. Eine Trauerkunde erfuhren wir erst am folgenden Tage. In der Nacht Mrher aber sah meine Frau unsere Tochter im Trauerhui mit Mgem Schleier, , während sie seit Monaten nicht von ihr geträumt hatte. Die s Tochter selbst hatte wenige Stunden vor dem Todesfall ihren s Schreiner gefragt, ob die von ihr bestellten Gegenstände be stimmt im Laufe der Woche fertig würden. Die Antwort lautete: Wenn kein Sarg dazwischen kommt . . . Das geschah alsdann! Punkt s/44 Uhr, ge aüe als die Trauerstier im House begann, blieb dis Wanduhr in demselben Raume stehen. Professor Franz teilt dieses „zweite Gesicht" im Anschluß an eine Meldung über ein ähnliches aber Jahre zurückliegendes Ereignis in Kassel mit. H. * Kein Champagner mehr. In der „Sunday Times" heißt es: „Ein Vertreter der Firma Hedges und Butlar er klärte, datz wohl bald kein Champagner mehr zu haben sei. Der weitere Sektbezug hänge vom Vorrücken der deutschen Truppen ab. Bleibe derFeind außerhalb Reims und Epernay, so werde der „goldene Wein" wie bisher seinen Weg ins Land finden. Der Preis werde natürlich infolge der immer mehr zunehmenden Transportschwierigkeiten bedeutend stei gen. Der Champagner sei zum größten Teil in tiefen Kalk kellern unter der Stadt Reims aufbewahrt. Diese Keller seien schon seit langer Zeit versiegelt und würden nur geöffnet» wenn neuer Vorrat exforderlich sei. Der Eintritt in die Keller sei sorgfältig verborgen, aber die Deutschen wüßten, datz der Wein dort lagere, und ein eifriges Suchen werde ihnen bald die verborgenen Plätze verraten." * Wie England Hatz sät! Eine vor 3 Tagen aus England zurückgekehrts Dame schreibt an einen Seeoffizier u. a.: In England gehts rapid bergab. Nahrungsmittel und Roh materialien sind seit Ihrer Abreise unendlich viel knapper geworden. Frisches Fleisch gibts während des Sommers überhaupt nicht, nur etwa 1/2 Pfund (englisch) 227 Gramm minderwertiges Gefrierfleisch in der Woche. Ein lilrputanisches Hühnchen 25 Schilling; vor drei Wochen kostete ein schönes Huhn noch 71/2 Schilling, wie Sie ja wissen. — Die Kriegs stimmung wird künstlich durch ein« riesenhafte Plakatpropa ganda aufrecht erhalten, mit der, unter Zuhilfenahme der niedrigsten Mittel, der Haß gegen Deutschland geschürt wird. Z. B. zeigt ein Plakat ein« deutsche Rote-Kreuz-Schwester, von einem verwundeten englischen Offizier angefleht, ihm Wasser zu reichen. Statt dessen läßt die Pflegerin das köstliche Naß vor seinen Augen in den Sand träufeln und lacht dazu höhnisch. Zwei deutsche Offiziere freuen sich der teuflischen Tat. Die Moral lautet ungefähr: „GeZen einen solchen Geist müssen wir Krieg führen. Zeichnet National War Bonds". . — Druck und Verlag von C. <8. Roßt rrg in Frankenberg i. S