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Frankenberger Erzähler ««ttchawmgSbeilage zum Frankenberger Tageblatt Wird jeder Mitüvochr-, Freitags- Md Sonntags-Nummer ohne Preiserhöhung des Hauptblatter beigegeben. M* 68 Mittwoch de« 26. Juni 1918 >8 Mb«« heißt käwtzfm Roma« von H. Courths-Mahler. Nachdruck verbäte« ewiger Leucdlen (Nachdruck verboten.) Als eine blütenjunge Seele Mit Feuerblick gen Himmel sah, Da fühlte sie sich freudetrunken Dem goldnen Glanz der Sterne «ah. Es gleißt und blitzt in lausend Funken So himmelhoch — so weltenweit Und götterstarke Adlerschwingen, Sie decken kühn das Erdenkleid. Hoch in den Lüften singen Stimme«, Entrückt der grauen TäoDchkeit, Im jauchzenvollen Jubilieren Zur endlichen Vollkommenheit; Es zieht di« ölütenreiche Seele Hin zu der Gottheit höchster Lust, Und nie geahnte Lebenskräfte Erwachsen in der jungen Brust. Doch — alles, was da staubgeboren Das muß zurück zum grauen Kleid; Was irdisch sich zum Licht erhoben Das ist «in Dorn dem blassen Neid. Der Neid entfacht das Höllenfeuer, Da bricht die Erde blutend auf: Und eine schwüle Feuersäule Hemmt selbst der Seele Höhcnlauf. Was «och dem Neide nicht gelungen, Das schafft die Zeit mit rauher Hand: Der jubelvollen Sternenseele Bleibt Erdenschmerz nicht unbekannt; Erfahrung reißt an ihren Schwingen Und zieht sie zentnerschwer hinab, Erschauernd sieht in Hellem Grauen Tief unten sie ein offnes Grab. Da. muß sie hin und muß begraben Der kühnsten Hoffnung schönstes Lied: Da steht erschrocken sie und weinend, Weil sie von Eötterträumen schied! Gebrochen sind der reichen Seele Der Adlerschwingen starke Macht; Im Alltagskleid und Heuchlermiene Der blass« Neid verstohlen lacht. So kommen Jahre — Jahre gehen, Bis schneebedeckt das müde Haupt Der Seele, die einst wonnetrunken An ihren Höhenflug geglaubt — Und doch — es lebt der Götterfunken, Brach auch die Kraft beim Adlerflug, Es blieb der blütenweichen Seele Des reichen Segens noch genug. O, niemals stirbt der Götterfunken, Wem so das Sternenglück gelacht, Wem in der eignen Brust verborgen Die Wunderblume aufgewacht: Da bleibt ein Glanz vom Sternenkleid«, Da bleibt «in Dust aus Rosenzeit; Es schmückt die staubgeborne Seel« Sich tausendfach in Seligkeit! Cl. Sell-Gräf«. Sie hatte mit geschickten Griffen Evas Haare zu einer sehr kleidsamen Frisur aufgesteckt, und lockerte hie und da noch wohlgefällig- daran herum. Eva war selbst erstaunt über die goldbraune Fülle, die ihr Haar deckte. Charlotte hielt ihr «inen Handspiegel vor. „Prachtvoll, entzückend! Du bist wirklich eine Schönheit erster Güte. »Ich werde Aufsehen mit dir mache«. Jetzt kleide ich mich schnell an und dann gehen wir 'aus.- 'Ich brenne dar auf, dich meinen Bekannten vorzustellen, du wirst Aufsehen «liegen." Eva sah befremdet zu ihr auf. „Heut ab«nd noch? Wir zwei Damen allein?" Charlotte lacht« belustigt auf. „Närrchen, du kommst aus der Provinz, da herrschen «och veraltete Ansichten. Hier in Berlin fällt das niemand auf. llebrigens finden wir natürlich auch Herren unter meine« Bekannten, die uns mit Freuden unter ihren Schutz nehmen werden." Eva sah wenig erbaut aus. „Ich möchte lieber zu Hause bleiben und mich niederlegen. Ich bin sehr müde und abgespannt." Charlotte macht« erst efn. enttäuschtes Gesicht. — Aber dann gab sie sich zufrieden. Es war am End« besser, sie be reitet« Evas Auftritt unter ihren Bekannten erst vor. — „Nun gut, so verschieben wir dein Debüt auf morgen. Mich mußt du aber entschuldigen, ich habe mich verabredet. Leg' dich nur ruhig einstweilen nieder, es wird möglicherweise spät, bis ich heimkomme. In Berlin fängt man jetzt erst an zu . leb«n." Eva sah beklommen zu, wie ihre Mutter Toilette machte. Sie hantierte ungeniert mit Puder und Schmink« aller Art, zeichnete die Augenbraunen «ach, frisiert« sich, indem sie das falsche Haar äbkgte und wieder aufsteckte, und zog sich das Kleid über, welches noch immer aus dem Sessel lag. Es war ein schwarzes Kleid aus Tüll und Seide, mit weitem Ausschnitt am Hols, der mit weißem Tüll und Pastetten überspannen war. Als sie fertig war, stellte sie sich siegesbewußt lächelnd vor Eva hin. „Nun — wie gefalle ich dir jetzt? Man kann sich noch s«h«n lassen, hm?" Eva sahW mit großen Augen an. Di« Schamröte stieg ihr ins Gesicht. Das war nun ihre Mutter, diese auf getakelte, geschminkte Komödiantin! Während sich Charlotte selbstgefällig lächelnd um sich selbst drehte, dachte Eva er schauernd an Bernhard. Wie gut, baß sie nicht sein Weib geworden war. Vielleicht hätte ihn das Leben einmal mit dkeser Frau zusammengeführt. Das wäre ihr furchtbar, un erträglich gewesen. Wie sie sich ihrer Mutter schämte! — Frau Charlotte trällerte «ine Operettenmelodie und weidete sich an Evas Sprachlosigkeit, die sie für Bewunderung hielt. »Ja, ja — man sieht noch ganz passabel aus, freilich nur des Abends. Ich gehe am Tage auch nur aus, wenn ich es nicht vermeiden kann. Und da nehme ich einen dichten Schleier. Jetzt gibt man mir doch höchstens dreißig Jahre, nicht? Oder meinst du, man sähe mir an, daß du meine Tochter bist?" „N«rn, gewiß nicht," stieß Eva, zitternd vor Scham, hervor. — Charlotte nickt« befriedigt, nahm den Hut und Hand schuhe, behängte sich mit dem billigen, unechten Schmuck und verließ, Eva eine Kußhand. zuwerfend, das Zimmer. Eva sah ihr mit starren, brennenden Augen nach. —