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,i« vntor N88V, Areitag de« 28. Juni 1S18 Webr« heißt Nmtzfm Roman von H. Courths.Mahler. Nachdruck verboten «md stellte ihn Eva hin. Diese setzte sich nieder, um die alte Frau nicht zu verletzen. „Ich bin hiehergekommen, um mir eine Stelle zu suchen als Gesellschafterin, als Stütze — gleichviel als was. Nur möcht ich Familienanschluß haben, Hs ich allein stehe in der Welt. 'Können Sie mir sagen, in welcher Zeitung ich da aM besten inseriere und wo ich vielleicht solche Angebote finde?" „Kann ick, Fräulein, kann ick. Aber stellen Sie sich das man nich so leicht vor. Taben Sie jute Zeugnisse?" „Gar reins. Ich war bis jetzt im Hause eines Ve» wandten und führte dort den Haushalt." „Hm, hm — ohne Zeugnisse — da is nich ville zu machen. Können Sie sich nich 'n Zeugnis von Ihrem Verwandten ans- I stellen lassen?" ! „Das könnte ich wohl. Es würde aber immerhin einige j Zeit darüber vergehen, und ich möchte doch sofort etwas unter- - nehmen, da ich meiner — meiner Tante nicht lang« zur Last ! fallen mochte." „Na ja, versuchen können Sie's schon immer. Und da I — hier is die richtige Zeitung vor Ahnen. Kieken Sie man rin. Sic können jeden Morgen einsehen. Der Student, der l auf ihr abonniert ist, steht erst spät auf." Eva faßte zögernd danach. r,Jch möchte doch nicht — wenn die Zeitung nicht Ihnen ' gehört." „Na, was denn? Sie gucken ihr doch nichts ab. Braucht ja niemand zu wissen von. Jehen Sie man rin und nehmen Cie ihr mit — ick bringe Ihnen barm gleich den Kaffee." Eva ging ins Zimmer zurück und studierte den Anzeigen teil der Zeitung. Einige Adressen notierte sie und legte dann die Zeitung sauber wieder zusammen. Als Frau Kralemann den Kaffee brachte, gab sie dieselbe dankend zurück. Nachdem sie eine Tasse Kaffee zu sich genommen hatte, machte sie sich zum Ausgehen fertig. Draußen ließ sie sich von der alten Frau die Lage der Straßen erklären, die sie ! aufsuchen wollte. Diese gab ihr genaue Weisung, wie sie ! zum Ziel kam, nannte ihr die Nummern der Elektrischen und des Omnibus und schärfte ihr ein, sich nur an Schutzleute um Auskunft zu wenden. Eva bat, ihrer Tante zu bestellen, daß sie bis Mittag zu-. rück sein würde. Dann ging sie. Als Charlotte Grcüww gegen elf Uhr erwachte, war sie verwundert, Eva nicht mehr vorzufinden. Krau Krusemann richtete ihre Bestellung aus, als sie ihr den Kaffee brachte. Charlotte fuhr ärgerlich auf. -„So ein Unsinn. Wie kann sie nur glauben, daß sie so ohne weiteres Stellung findet — ohne Zeugnisse. Sie ist ja viel zu schön zu einer solchen Stellung — keine Frau nimmt sie ins Haus. Sie soll auch gar nicht, hat es gar nicht nötig", schalt sie aufgeregt. Frau Krusemann stemmte die Hände in die Hüften. „Na — zum Theaterspielen kriegen Sie ihr nich, das sieht 'n Blinder ohne Brille," sagte sie sehr überzeugt. „Ach was — wer spricht denn davon. Denken Sie nur, Frau Krusemann, dieses unglaubliche Mädchen könnte wie eine Fürstin leben. Ein steinreicher Mann will sie zur Frau, und deswegen läuft sie davon und will hier in Stellung gehen. Ist das nicht verrückt?" Die „Krusemann" blies die Lust pfeifend durch die Lippen. „Aha — da liegt der Hund bsjraben. Dacht ick mir doch, daß 'n Haken bei die Sache is. Na — ick hab mal wieder recht gehabt mit meine Menschenkenntnis. Aber wissen Sie was — dse weiß, was sie will — die kriegen Sie nich rum — nicht zu machen, so wahr ick di« Krusemann bin." „Lassen Sie mich mit Ihren Orakelsprüchen in Ruhe, ich bin schon ärgerlich genug. So ein Unsinn, gleich heute Als Eva sich am andern Morgen leise erhob, schlief ihre Mutter noch/ Sie kleidete sich schnell und leise an und 'ging dann hinaus zu Frau Krusemann. Die Alte saß in der Küche und hatte eine große Tasse mit Kaffee vor sich stehen. Evas Gruß erwiderte sie sehr freundlich. „Schon ausjeschlafen, Fräulein? Jotte doch, so zeitig stehen meine Garcon-Herren "und -Damen alle nich auf. — Nun wollen Sie jewiß Kaffee haben?" Eva trat näher heran. „Sie waren gestern abend so freundlich zu mir, Frau Krusemann. Ich nehme ihr Anerbieten an und komme schon heute mit einer Bitte um Rat zu Ihnen." „Na, denn man los, Fräuleinchsn, man nich genieren." Sie wischte mit ihrer Schürze über «inen Küchenstuhl 5aM Mabetk Legende von Marr Möller. (Nachdruck verboten.) Elisabeth vom Thüringerland Streifte den goldenen Ring von der Hand, Als ein Bettelmann eine Gabe erbat. Was wohl der Mann mit dem Ringe dann tat? Hatte die Gnade ihn heilend befchämt? Hatte sie wohl einen Wilden gezähmt? Oder tauschte den Ring er ein In der nächsten Schenke für brennenden Wein? Oder wurde als Dieb er gehenkt, Weil keiner ihm glaubte, der Ring sei geschenkt? -Elisabeth war eine heilige Frau! Ihr Auge -schwamm immer in tränendem Tau. Ewig mahnt und lockt ihr Gesicht Heilig war sie. - — — Weise nicht. Sie legte des Mammons Fessel nur ab, Als sie den Ring einem Aermrren gab; « Wie Waschung war es ihr, als der Tand, Der irdische, von Gebetshand schwand: Demut, wußte sie, ziemt dem Frommen; Schwer kann ein Reicher in's Himmelreich kommen; Dann tat sie von sich das glitzernde Ding. Dann war ihr erledigt Bettler und Ring. , Elisabeth! Du strahlst wie ein Stern In dem Ahnenreich' unsres Kaisers und Herrn! Sei ewig in Bitten und Liedern gepriesen Ob den Entsagungen, die Du bewiesen! Jetzt weißt Du, daß Geben nicht nur befreit von irdischem Druck und von Eitelkeit, Jetzt siehst Du es deutlich, daß Geben auch Kraft, Wenn Gott es so fügt, auch Waffen wohl schafft! Höre, was bittend heut' zu Dir spricht! Reisige sind es! Bettelleut nicht! Allen, di« goldenen Schmuck jetzt noch tragen, Sollst du heimlich mahnend es sagen, , Daß sie abtun den irdischen Tand! , Und: planvoll abtun!! Für's Vaterland. Frankenberger Erzähler Unterhaltungsbeilage znm Frankenberger Tageblatt Wird jeder Mittwochs-, Freitags- und Sonntags-Nummer ohne Preiserhöhung des Hauptblattes beigegeben. 8 VS § 2^^? ? SZvZ L