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Frankenberger Erzähler Unterhaltungsbeilage zum Frankenberger Tageblatt Wird jeder Mitwochs-, Freitags- und SonntagS-Nummer ohne Preiserhöhung des Hauptdlattes beigegebcn. 63 Kreitag de« 14. Juni 1918 Lur Luaenaortt-Zpenae Deutscher, nun Llltts! — Zeig' unverdrossen, Datz nicht umsonst Heidenblut ist geflossen In schwerer Zeit. ... Siehe dein Volk! Sieb' seine Not! — - Sieh, wie es kämpfet Um Leben und Tod! Siehe sein Leid! — - Oeffne die Hand! — Hilf nun, zu lindern Siechtum und Elend. Hilf es vermindern Im Vaterland! — — — Feldgrauer Held, Der du gewehret, Datz nicht feindlich: Tücke zerstöret Heimatzauber und Heimatschimmer, Dir gilt die Stunde! Was du, o Kämpfer, Für uirs er stritten, Was du verwundet Für uns gelitten Bleibt unvergessen: Heute und immer! Soldat u. Konzertsänger Hanns Lehmann-Reif, 4. Komp. Ers.-Batl. Res.-J.-R. 106 Neben heißt Kämmen Roman von H. Courths-Mahler. 13 Nachdruck verboten Nun preßte er sie fest an sich, ahnungslos, was in ihr vorging, und bedeckte ihr Mund und Augen mit Küssen. Wie Fieberschauer durchrann es ihren Körper, das Entsetzen hielt sie gebannt. Weder sie noch Wendenburg hatten ge merkt, datz schon-bei seinen letzten Worten Gabi und Bern hard über die Veranda ins Zimmer getreten waren und "nun Zeugen wurden, wie Eva scheinbar hingebend an Wendenburgs Herzen ruhte und mit geschlossenen Augen seine Küsse duldete. Vor Gerolds Augen schwankte die Gruppe wie ein Zerrbild. „Meine Eva, mein Lieb, mein: Braut — bald mein Weib!" hörte er Wendenburg zu dem Mädchen sagen, das er grenzen los liebte und an dessen Liebe er geglaubt hatte wie an eine selige Verheißung. Sie lag in den Armen des reichen Mannes und hatte wohl ganz vergessen, daß es einen Bernhard Gerold auf der Welt gab. Und da zerbrach etwas Köstliches in ihm — der Glaube an das Weib. Sie hatte ihn mit ihren Blicken belogen und betrogen und zog nun den reichen Freier vor, wenn er auch viel älter war als sie. Ein wilder Grimm kochte in ihm aus, und der heiße Wunsch, sich zu rächen, sie zu kränken, wie sie ihn gekränkt hatte, durchdrang seine Seele. Er hätte sie hinwegreißen mögen von'Wendenburgs Seite, um ihr ins Gesicht zu schreien: „Lügnerin — du liebst ihn nicht, du verkaufst dich!" Und in diesem Aufruhr der Gefühle bemerkte er plötz lich Gabi, wie sie dicht neben ihm stand und rm Schrecken seinen Arm umklammerte. Er zuckte zusammen unter dieser Berührung und sah aus sje herab. Sie starrte erschrocken und ungläubig aus die zärtliche Gruppe. „Papa!" rief sie wie außer sich. Der sprang auf und sah erstaunt und verwirrt aus die beiden jungen Menschen, während Eva, noch immer unfähig, sich zu rühren oder zu wehren, zurücksank und mit starren Augen um sich blickte. Wendenburg faßte sich zuerst. Ein etwas verlegenes Lächeln flog über sein Gesicht. „Gabi — du bist mit Gerold Zeuge unserer Verlobung geworden. Eva ist meine Braut und will mein Weib werden." Da kam Leben in Evas Gestalt. Sie sprang tarmelnd empor und streckte abwehrend die Hände aus, als wollte sie i Furchtbares von sich abwehren. Aber schon hatte Bernhard, ! unsinnig vor Schmerz und Groll, nur im Bestreben, sich zu i rächen, Gabi fest an sich gezogen und trat mit erblaßtem Gesicht vor Wendenburg hin. „So will ich diesen günstigen Augenblick benutzen und ! Sie um die Hand ihrer Tochter bitten, Herr Kommerzienrat," sagte er hart und laut, ohne Eva anzusehen. Diese faßte mit beiden Händen nach ihren Schläfen und ! preßte sie, als wollte ihr der Kopf zerspringen. Ein irrer, ! weher Blick flog zu Bernhard hinüber, an dessen Brust sich ! Gabi mit leisem Jubellaut geschmiegt. Sie taumelte zurück j und griff nach einem Halt um sich. Horst umfing sie er- ! schrocken. „Was ist dir, Eva?" Sie richtete sich mühsam empor. Ein herzzerreißendes ! Lächeln huschte um ihre Lippen. » „Es ist gut so — sehr gut —," sagte sie tonlos und sank seufzend auf den Divan zurück. Wendenburg sah besorgt in ihr Gesicht. „Ich habe dich erschreckt, mein Liebling?" Sie faßte sich mühsam. „Mein Kopf — ich habe Kopfweh — laß mich auf mein Zimmer gehen, nur ein- Stunde," bat sie' matt. „Geh, Liebling, geh und ruhe dich aus, ich muß mir wirklich Vorwürfe machen." „Es war gut so," sagte sie nochmals mit rätselhaftem Blick aus Gabi und Bernhard. Dann ging sie langsam mit schleppendem Schritt hinaus. Oben in ihrem Zimmer schloß sie sich ein und sank wie vernichtet zusammen. „Nun brauche ich ihn nicht mehr abzu weisen — es ist gut so," sagte sie laut vor sich hin. Und dann lag.sie wie Stein — eine wehrlose Beute grenzen loser Verzweiflung. — Unten wandte sich Wendenburg inzwischen zu dem Braut- paar und suchte seiner Verlegenheit Herr zu werden. Er versicherte Gerold, daß er als Schwiegersohn herzlich will kommen sei und daß er längst gewußt hätte, daß»zwischen ihm und Gabi ein Herzensbündnis bestehe. Bernhard fühlte, daß dr etwas sagen und tun mußte. Seine Braut schmiegte sich zärtlich in seine Anne. Ueber ihrem Glück hatte sie ganz den Schrecken über die plötzliche Verlobung ihres Vaters vergessen. Wie es in Bernhards Seele aussah, ahnte sie i nicht. Er legte wie ein Automat seinen Arm um sie und sagte: ,Liebe Gabi," aber alle seine Gedanken waren kbei Eva. Was hatte er getan im blinden Groll und Schmerz? Sein Leben war nun gebunden an das einer ungeliebten Frau, während sein Herz wilder denn je nach der anderen schrie. Sein Leben würde von heute ab für ihn «ine Lüge sein, für ihn, der die Wahrheit und Klarheit immer so geliebt hatte. Er mußte Liebe heucheln, wo er nichts als Freundschaft empfand. Und wie sollte er in Zukunft Eva "begegnen? Würde es nicht ein Hohn des Schicksals sein, datz er die Frau seines Schwiegervaters liebte? Und diese Liede würde