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RR R 'S Z L sL Ganz dicht war sein Gesicht dem ihren. Seine Augen blickten voll heißen Flehens in die ihren und hielten sie fest mit Mingender Gewalt. Sie fühlte, sie war machtlos seinen Blicken gegenüber, und während sie glühend errötete, erzitterte sie, und ihre Hand erwiderte leise seinen Druck. So standen sie sich eine kurze Weile in weltvergessener Seligkeit gegenüber. „Eva, teuüe, angebetete Eva", rief er, leise in qus- brechendem Jubel. Sie schrak zusammen und blickte ängstlich nach der Türe. „SM — o still", bat sie leise. „Wann Eva — teure Eva — wann? Bitte, sagen Sie es mir schnell. Man kommt zurück", bat er dringend. Sie trat von ihm fort. „Ich will darüber nachdenken — lasten Sie mich jetzt, morgen sollen Sie es wissen", flüsterte sie, vor Angst und Liebe fast vergehend. „Dank, tausend Dank!" — Da trat Wendenburg wieder ein. Niemand hatte ein Recht, sich im weiteren Verlaufe des Abend's über Bernhards Mißstimmung zu beschweren. Er war heiter, fast übermütig, und seine Augen strahlten sieges sicher in dis Evas. Evas Herz wurde indessen schwerer und schwerer. Sie wußte, die Entscheidung war nahe, und ihr Herz kämpfte von neuem zwischen Liebe und Dankbarkeit. Sie hatte Bernhard eine Unterredung versprochen, und dieses Versprechen mußte sic ihm halten. Daß er um ihre Hand bitten würde, .wußte sie nun gewiß; aber so sehr sie dagegen kämpfte und ängstlich nach einem Ausweg suchte — sie mußte ihm. ihr Jawort ver weigern. Wie er das aufnehmen würde? Cie erzitterte, wenn sie an seine herrischen, zwingenden Augen dachte, die doch so heiß Und innig um Liebe flehen konnten. Was sollte sie ihm sagen? Sollte sie ihn belügen, ihn glauben machen, sie liebe ihn nicht? Oh — er würde ihr diesen Glauben verwei gern. Nein — das beste war, sie sagte ihm die Wahrshit, dann mußte er doch rinsehen, daß sie ihm nicht angehören konnte. So saßen sich die beiden Menschen gegenüber. Neben ihm hie zarte, blonde Gabi, die mit glänzenden Augen an seinen Zügen hing — neben ihr Horst Wendenburg, der sich kaum noch zu beherrschen vermochte. Auch in ihm drängte alles zur Entscheidung. Voll brennender Ungeduld erwartete er Bernhards Werbung um Gabi. Woraus wartete dieser noch? Zeigte er ihm nicht deutlich genug, daß er als Freier willkommen war? Das Zusammenleben mit Eva war dem gereiften Manne, den die junge Liebe noch einmal gepackt hatte, zur Qual geworden, freilich zu einer Qual, die ihn berauschte. Es erschien ihm nur grausam gegen sich selbst, daß er seine Liebe verschweigen sollte, bis Gabi verlobt war." Das junge Volk brauchte freilich nicht mit der Zeit zu geizen, aber er — jede verlorene Minute war ihm kostbar und un ersetzlich. Und war es nicht auch für Eva besser, wenn er sich er klärte? Er nahm sich fest vor, die nächste Gelegenheit zu be nutzen. Mochte Gabi dann sich mit der Tatsache abfinden, daß "Eva ihre Stiefmutter wurde. Und Horst Wendenburg wiegte sich in süße Träume. Eva mußte dann sehr bald sein Weib werden, schon weil sie bei ihm im Hause war. 'Er würde ohnedies während des Brautstandes nicht viel in Billa Anna leben können. Eva sortzuschicken wäh rend dieser Zeit, ging nicht an. Wo sollte sie hin? Ihr« Mutter lebte allerdings noch, uno zwar "n Berlin,, ober selbst, wenn er seinem sterbenden Freund, Evas Vater, nicht gelobt hätte, Eva ihrer Mutter fernzuhaltsn, so hätte er nie darein gewilligt, daß Eva diese Frau aufsuchte. 'So viel er über sie in Erfahrung hatte bringen können, hatte sie an einer kleinen Vorstadtbühne ein Engagement, welches ihr jedenfalls sehr wenig einbrachte, denn sie hatte sich nicht ent- blodet, Wendenburg vor kurzer Zeit in einem Briefe anzu betteln. Er hatte ihr einige Hundertmarkscheine eingeschickt mit der Bedingung, daß sie nie versuchen sollte, sich Eva zu nähern. Eigentümlicherweise hatte gerade in letzter Zeit Eva einige mal« nach'ihrer Mutter gefragt. Wendenburg bat sie jedoch stets, sich in Gedanken nicht mit der Mutter zu befassen. Sie lebe noch immer als Schauspielerin in Berlin. Eva möge an den letzten Wunsch ihres sterbenden Vaters denken und die Frau zu vergessen suchen, die seinem Leben zum Fluch ge worden sei. Als sich Bernhard von Eva verabschiedete, ließ er seine Lippen länger und fester als sonst auf ihrer Hand ruhen, und ein leises: „Auf morgen!" tönte an ihr Ohr. „Auf morgen!" Sie sagte es immer wieder leise vor sich hin, als sie sich zur Ruhe begab, und ihr Herz schwankte zwischen heißer Glückseligkeit und tiefem Schmerz. Cie überlegte, daß sie Bernhard um die Mittagszeit des nächsten Tages in den Park bestellen wollte. Onkel Horst pflegte dann in seinem Zimmer sein Cchläfchen zu machen, und Gabi mußte ebenfalls nach Tisch ruhen. Co konnte sie sich unbemerkt auf ein Stündchen entfernen. Dann sollte Bernhard die Wahrheit erfahren, es war das beste. Darüber hinaus dachte sie nicht — wie Blei lag ihr dieser Entschluß auf der Seele. Wie würde er ihre Eröff nung auffassen? Am nächsten Abend kam Bernhard mit Wendenburg wieder herüber. Gabi forderte ihn auf, vor Tisch noch eine Partie Tennis mit ihr zu spielen. Trotz seiner Ungeduld, von Eva in einem unbewachten Moment Zeit und Ort eines Zusammentreffens zu erfahren, mußte er mit Gabi den Tennisplatz hinter dem Hause aufsuchen. Jnzwsichen stand Eva im Speisezimmer und ordnete Blumen in einer Schale. Sie sollten die Tafel zieren. Als sie fertig war,. überblickte sie prüfend ihr Werk. Da trat Horst leise 'ein und stellte sich hinter sie. „Alles in Ordnung, eifriges Hausmütterchen?" fragte er leise mit seltsam heiserer Stimme und legte beide Arme ! um ihre Taille. Sie schrak heftig zusammen und lehnte ! dann zitternd in seinen Armen, als sie merkte, daß es Horst ! war, der sie umfaßte. „Hast du mich erschreckt — ich hörte dich nicht eintreten i durch die offene Türe", sagte sie mit schwachem Lächeln und ! legte ihren Kopf traulich an seins Schulter. Er stand ganz still und hielt sie fest. „Wir können zu ; Tisch gehen, Onkel Horst," sagte sie nach einer Weile. „Es eilt ja nicht, Evi. Unser künftiges Brautpaar ist ! noch beim Tennis." Ihr Herzschlag stockte. So deutlich hatte Horst noch i nie ausgesprochen, daß er in Gerold seinen künftigen Schwie gersohn sah. Cie Liättste mechanisch am Tischtuch. „Dann warten s wir noch," sagte sie langsam und schwer. Horst zog Eva mit sich in den kleinen Salon nebenan. „Komm, Eva — wir haben noch eins Weile Zeit- ; Setz dich zu mir. Ich möchte etwas mit dir besprechen, was mir schon längst am Herzen liegt," sagte er scheinbar ruhig. Aber das Blut jagte ihm unruhig durch die Adern. Sie sah unsicher zu ihm auf. „Was ist's, Onkel Horst?" Er zog sie neben sich aus einen Divan. Durch die ofsen- s stehende Türe, die ebenfalls über die Veranda nach dem ! Gatten führte, hörte man Gabis und Bernhards Stimmen l beim Spielen zählen. Wendenburgs Atem ging gepreßt. Er wollte seine Mer- ! bung so ruhig wie möglich vorbringen, um sie nicht zu er- l schrecken. Im Anfang gelang es ihm auch, aber dann riß i ihn dis Leidenschaft fort. „Eva, du hast nun schon seit Jahren meinem Haushalt vorgestanden, hast Behagen und Bequemlichkeit um mich ver- l breitet und mich verwöhnt." Sie lächelte und ließ es willig geschehen, daß er den ! Arm fest um sie legte. „Mit dem Verwöhnen warst du mir entschieden über, i Onkel Horst, du hast mich viel mehr verwöhnt, als ich dich. ! Und wie soll ich dir anders meine Dankbarkeit beweisen?" „Sprich nicht von Dankbarkeit. Schenk mir deine Liebe ! — das ist mir tausendfach mehr wert." Sie ahnte nicht, von welcher Liebe er sprach, war Siel zu viel mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt, um zu 'bemerken, wie unruhig und seltsam Wendenburg war. Sie preßte seine Hand fest zwischen den ihren. „Ich hab' dich so lieb — so sehr lieb, Onkel Horst — mehr, als du denkst", sagte sie innig, um ihn von ihrer kindlichen Liebe zu überzeugen, und sah ihm liebevoll! ins > Gesicht. Das Blut drang ihm warm zum Herzen. Nicht fähig, ! sich länger zu beherrschen, riß er sie voll Leidenschaft in sein« . Arme. „Evi — meine süße Evi — ich wußte es ja, daß du mich liebst, liebst mich mehr, als man «inen guten Onkel liebt. Ich «NIMM m -"N'7 . 5 7"' '' '.s. >>.7^