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— 244 — Dschemals Oberbefehl bis an den Kanal vorzudringen. Pa trouillen streiften sogar schon auf seinem Westufer. Nun sahen dir Engländer, daß Aegypten und damit die Herrschaft'über Andien' gefährdet war, und zogen eine gewaltige Trppenmacht zusammen, mehrere Hunderttausend Mann. Aber obwohl sie zwanzigmal stärker waren als die Gegner und treffliche Verbindungen und Etappenlinien besaßen, war es Im August 1916, als ich diese Front gesuchte, den Herren des Mittel meers noch nicht möglich, die Türken und ihre Verbündeten aus Aegypten zu vertreiben. In Anbetracht ihrer zahlen mäßigen Unterlegenheit und der unerhörten Schwierigkeiten, die überwunden werden mußten, um die rückwärtigen Verbin dungen auch nur leidlich aufrecht zu erhalten — die Wasser frage war ganz besonders schwer zu lösen — hat die vierte Armee Großes geleistet, mag es immerhin neuerdings den Engländern gelungen sein, sie Schritt für Schritt nach Osten zurückzudrängen. Große britische Heeresmassen — kostbar für das Inselreich — sind auf alle Fälle dadurch gebunden. » Zweierlei kameraae» Ein Bild: Französische Kameraden. Irgendwo auf französischem Schlachtfeld«, inmitten der mannigfachsten Spuren harten Kampfes und großartiger Zer störung auf dem Boden der ehemaligen Sommeschlacht, ich weiß selbst nicht wo, steht ein Grab. Deutsche und fran zösische Kameraden, Freund und Feind im Tode vereint, sind hier gemeinsam zur letzten Ruhe gebettet. Ein schlichtes Holzkreuz verkündet es, gewidmet von dem Bataillon eines deutschen Regiments. Deutsche Soldaten hatten darauf in einfachen Buchstaben die Inschrift gesetzt: „Hier ruhen deutsche und französische Kameraden." Heute fehlt das eine Wort „Kameraden", das Band des Friedens. Eine unbekannte Hand hat es ausgetilgt. — Französische „Kameraden"! Ein anderes Bild: Deutsche Kameraden. Im Geschäftszimmer eines Kriegsgefangenenlagers in Frankreich. Der Lagerkommandant, ein Kapitän, Typus eines energischen und geistig überlegenen Nachrichtenoffiziers, und sein Feldwebel beim Verhör eines soeben einzelieferten, vor kurzem in Gefangenschaft geratenen deutschen Unteroffiziers, Knud Erichsen. Erichsen ist Norddeutscher, irgendwoher aus Holstein. Der Kapitän versucht zunächst, ihm das Geständnis, er sei Däne, in den Mund zu legen. Vergeblich! Erichsen ist Deutscher und bleibt es. Ein quälendes Verhör beginnt, "ein entnervendes Spiel von Kreuz- und Ouerfragen, mit dem einen Endzweck, aus dem Gefangenen die Lage der deutschen Rückzugsstellungen herauszapresen. Ohne Erfolg! Di« dia lektischen Kunststücke eines raffinierten Ausfragers verfangen nicht. Mit durchdringenden Blicken versucht der Kapitän, dem Deutschen seinen Willen aufzuzwingen. Da kann Erichsen nicht anders: „Ich bitte den H«rcn Kapitän, mich nicht weiter auszufragen. Mein Gewissen verbietet es mir, die Kameraden ins Verderben zu bringen." Noch einmal versucht es der Kapi tän mit allen Mitteln der D«rschlagenh«it. Erichsen kennt wohl die Folgen seiner Weigerung und bleibt standhaft. Acht Tage später wird Erichsen in das Straflager Nr. 24 abtrans portiert. Er kommt unter die Peitsche eines ehemaligen Frem- denlegionärs als Lagerkommandanten, einer Bestie in Men schengestalt. Langsam reift in ihm d«r Plan zur Flucht. Drei Kameraden finden sich mit ihm zum gemeinsamen Han deln. Zweien gelingt es, einer davon Erichsen. Den anderen hatten sie blutenden Herzens todkrank bei einem französischen Arzt zurücklassen müssen. Den vierten ereilt der Tod ange sichts des deutschen Grabens. Noch lebend sinkt er in die Arme der herbeieilenden Kameraden . . . Märtyrer der Kamerad schaft, standhaft in allen Anfechtungen, treu der Heimat bis in den Tod. Wahrhaftig: Deutsche Kameraden! So schildert sie uns Armin Steinart in seinem soeben erschienenen Buche „Auf der Folter" (Grethlein L Lo., Leip zig). Der Verfasser schöpft aus dem Leben. Er schreibt unter <in«m Decknamen und hat als Offifi.rskregsbcrich erstatte! Ge legenheit gehabt, die Erzählungen der namenlosen Quälereien der Franzosen an unseren Kriegsgefangenen aus ihrem eigenen Ntunde zu Hören. Er hat es verstanden, diese Angaben zu einer packenden Gesamthandlung von erschütternder Wirkungs kraft und überzeugend«! Darstellung zusammenzufassen. Dabei gibt er — und das ist dem Leser völlig neu — Einblick in die verborgensten Winkel des geheimen französischen Nachrichten dienstes, d«r mit Hilfs eines „wahrhaft psychologischen Systems" bemüht ist, di« Gefangenen zur Aussage und zum Verrat militärischer Geheimnisse zu bewegen, der selbst die Konstruktion der modernsten Technik, Mikrophon, Fernsprecher und Abhörvorrichtung, in den Dienst seines erbärmlichen Hand werks stellt, um seine Opfer hinterrücks zu belauschen und aus- . zuhorchen. Erhaben und rein hebt sich davon ab das echte Heldentum des Unteroffiziers Knud Erichsen. - Sie konnte in Wahrheit stolz sein auf solche Kameraden: die ritterliche Nation! Aber sie kennt keine deutschen „Kame raden". — Das ist ihre „Kultur"! U-Kreurer vor Amerika; Mit Schon die Ausdehnung unseres Sperrgebietes im No vember vorigen Jahres bis zur afrikanischen Küste mit Ein schluß der Inselgruppe der Azoren konnte als ein Zeichen gelten, daß die Leistungen unserer U-Bootwaffe um ein Be deutendes gesteigert worden waren. Kam doch die Ent fernung dieser in der neuen Sperrgebietserklärung genannten Grenze von her deutschen Küste derjenigen zwischen den deut schen Flotlenbasen und Amerika etwa gleich. Der Aktions radius unserer Tauchboote mußte also, so lesen wir in der „Deutschen Zeitung", in einem Maße vergrößert worden sein, daß unseren Booten gestattet worden war, von der deutschen Küste aus Fahrten über den Ozean anzutreten, jenseits des Ozeans wochenlang zu kreuzen und ohne Aufenthalt quer über den Ozean wieder den heimatlichen Häsen zuzu steuern. Die erste Meldung von der erfolgreichen Versenkung feindlicher Schiffe im Sperrgebiet um die Azoren durch einen deutschen U-Kreuzer traf Anfang Mai bei uns ein. Der Beweis für das erfolgreiche. Operieren so großer Tauchboote in einer Entfernung von 6000' Kilometern und darüber war mit hin erbracht, und man mußte auf den Augenblick gefaßt sein, wo unsere neuen Unterseekreuzer dazu verwendet würden, um den Kreuzerkrieg vor den Toren Amerikas auszunehmen. Nicht zum ersten Male machen unsere Feinde jenseits des Ozcans die Bekanntschaft unserer Tauchboote. Zwar war uns Herr Wilson schon damals, als „U 53" im Hafen von Newport austauchte, und vorher, als das Handels-U-Boot „Deutschland" die englische Sperrkette durchfuhr und glück lich Baltimore erreichte, im Herzen nicht unser Freund, aber die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern waren noch nicht abgebrochen und die Hoffnung aus die Ausrechterhaltung des alten Freundschaftsbandes noch un versehrt. Wenn auch die Gerüchte von einem Stützpunkte, den das U-Boot in einem mittelamerikanischen Hasen gehabt haben sollte, niemals bestätigt worden sind, so hatte doch die Tatsache an sich, daß das deutsche U-Boot den Ozean zu über queren vermocht hatte, einen gewaltigen Eindruck bei den Amerikanern hinterlassen. Das jetzige Auftauchen deutscher Unterseeboote an der amerikanischen Küste bedeutet aber rn- sofern eine Höchstleistung, als unseren Booten diesmal keiner lei Möglichkeit eines, wenn auch nur vorübergehenden, Aufent haltes in einem amerikanischen Hasen gegeben ist, sodaß unsere Schiffe die Riesenentsernung hin und zurück, sowie den Aufent- halt jenseits des Ozeans zum Zwecke des Kreuzens aus eigener Kraft zurückzulegen haben. Diesen Erfolg müssen wir als ganz besonders willkommen begrüßen, weil sich der Schwerpunkt des Krieges, mehr und mehr nach Amerika verlegt. Wäre dieses Land nicht in den Krieg eingetreten, dann wären die Westmächte längst am End« ihrer Kraft und der Abwehr der letzten deutschen Offensive sicherlich nicht mehr gewachsen gewesen. Die Hoff nung auf die amerikanische Hilfe allein hält Frankreich und England aufrecht, und jede Tonne feindlichen Schiffsraumes, die wir an der amerikanischen Küste versenken, kifft aufs empfindlichste die Zuversicht unserer erschöpften Gegner. Selbst verständlich wissen wir nicht, ob das jetzige Auftauchen deutscher Unterseekreuzer auf der anderen Seite des Ozeans die Ein leitung Sines methodischen Angriffes auf die Schiffahrt in den amerikanischen Gewässern bildet. Jedenfalls liegen die allgemeinen Umstände hier, wo die Voraussetzungen für ein« Abwehr des Tauchbookrieges nicht annähernd in demselben Maße gegeben sind, wie in dem europäischen Küstengebiet, für unsere Unterseeboote erheblich Lünftiger und aussichts voller als diesseits des Atlantic. Verantwortlich« Redakteur: Ernst Roßberg in Frankenberg i.S. — Druck und Verlag von C. G. Roßberg in Frankenberg i.8-