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,O"k«I Fritz, bist du da?" „Ju Lebensgröße, mein Jung." Sie begrüßten sich herzlich. „Ich habe dich erst heute abend erwartet." „Wollte auch erst am Abend kommen, da ich zuvor dein« Mutter aufsuchen wollte. Ich hörte jedoch in' der Anstalt, daß sie ein eben genesenes Kind heute den Eltern wieder zuführt, die es nicht selbst abholen konnten. Sie wird erst heute abend zurüäerwartet. So bin ich schon jetzt zu drr getommen und werd« morgen deine Mutter aufsuchen." „Wie ich mich freu«, daß ich dich endlich einmal bei lnir habe." „Glaub' ich dir, mein Jung. Ich hab' schon vom Fenster aus Umschau gehalten über den Schauplatz deiner Tätigkeit. Ein imposantes Etablissement, dieses Hattenfelde." Bernhards Augen leuchteten auf. „Ja, es ist eine Freud« ohnegleichen, hier schaffen zu dürfen. Gleich nach Tisch führ' ich dich herum, Onkel Fritz. Du wirst Augen machen. Und für den Abend sind wir zu Wendenburg geladen — ein Gastzimmer hat man in der Villa schon für dich bereit. Doch nun sag mir rasch, wie geht es Tante Maria und den Kindern?" „Gottlob gut — und sie lassen grüßen. Sie bedauern sehr, daß aus deinem längeren Besuch vorläufig nichts wird." „Ich auch — aber es geht nicht an jetzt." Nun führte er Herbig in ein größeres Zimmer, welches dem seinen gegenüberlag. Dort speisten die Herren, die bei Frau Struse wohnten, gemeinschaftlich, und auch noch einige andere Ingenieure, die ihre Wohnung in nächster Nähe hatten. Im ganzen saßen neun Personen an der sauber gedeckten Tafel, als die beiden eintraten. Fortsetzung folgt. „Unter den» Snetzsenbnnner" Line Sammlung hervorragender Taten unserer Feldgrauen )m Auftrage des Königlich Sächsischen Kriegsministtriums bear>«ete, vom Königin Sächsischen Kriegsarchk» Zw i Ritter des St.-Hrinrichs-Ordens (kf) Hoch klingt das Lied vom braven Mann! Wie oft könnte dieses Lied jetzt von den Taten unserer Feldgrauen draußen gesungen werden, von den Helden aller Waffengat tungen aus den ungezählten Kampfstätten dieses ungeheuren Weltkampfes, von unseren blauen Jungen auf den Meeren und nicht zuletzt auch von unseren Fliegern. Mit tollkühner Sicherheit tummeln sie sich in den Lüften, so daß wir über das alte Märchen von dem angeblichen Jkarusfluge nur noch läckeln können. Freilich drohen den Helden der Lüfte im 20. Jahrhundert andere Gefahren, als die wärmenden Son nenstrahlen, die einst dem Griechenjüngling die wächsernen Flügel versengten. Wie viele unserer jungen Flieger haben ihren eisernen Wagemut auch schon mit ihrem hoffnungsvollen Leben büßen müssen! Aber immer neue füllen todesmutig di« entstandenen Lücken. „Am 3. April 1916 griff Leutnant Hultzsch wiederholt mehrere feindliche Doppeldecker an, welche ihm sowohl an Zahl, wie auch an Leistungsfähigkeit der Maschinen überlegen waren, zwang sie zur Umkehr und verhinderte so ein Ueber- sliegen unserer Front." Wie knapp klingt diese dienstliche Meldung über einen zweiten wackeren deutschen Fliegeroffizier, dessen heute hier eingehender gedacht werden soll, und wieviel kaltblütige Tapferkeit, echt soldatischer Schneid und deutsches Pflicht gefühl verbirgt sich hinter solch militärisch kurzen Worten! Wenige Tage vor dem Obenerwähnten Ereignis — am 31. März 1916 — hatte sich Leutnant d. R. Reinhold H. vom Feldartillerie-Regiment 48, kommandiert als Beobachter zur Fliegerabteilung L, bereits durch ein besonderes Helden- stückchen ausgezeichnet. Feindliche Batterien, die unseren Stellungen gegenübrr- lagen, hatten sich schon länger« Zeit recht unangenehm be merkbar gemacht. Es war aber bisher noch nicht gelungen, vollständige Lichtbilderausnahmen von diesen feindlichen Bat teriestellungen zu machen, da deren Abwehrgeschütze jedesmal wie toll feuerten, wenn sich unsere Flieger näherten. Diese Lücken in den Lichtbilderaufnahmen galt es auszufüllen, damit unser« Artillerie dort mit Sicherheit anfassen und so dazu beitragen konnte, den Tod vieler wackerer Kameraden zu verhindern. Leutnant H. wußte, was ihn erwartete, als er diesen Aufklärungsflug mitten in die feindlichen Batterien Hmem unternahm. Sie spien auch heute Tod und Verderben. Erst sind es nur einzelne weiße Sprengwolken, die um den kühnen Flieger oben in der Luft tanzen. Aber je weiter er vorwärts dringt in unaufhaltsamem Fluge, um so näher liegen die Schüsse. Rechts, links, unten, oben platzen die Schrapnells, sF daß das ganze Flugzeug ringsum in dichten Dampf der explodierenden Geschoss« eingehüllt ist. Aber für den deut schen Fliegeroffizier gibt es nur eine Losung: Durch! Viermal zwang das heftigste feindliche Artilleriefeuer Leutnant H., zu weichen, ebenso oft ging er wieder hinüber über das Ziel. Mit nicht weniger als 42 Treffern kam an diesem Tage die Maschine heim; darunter befand sich ein Spreng stücktreffer, der eip großes Loch durch «ine Strebe schlug, eine Beschädigung, die leicht die schlimmsten Folgen -hätte haben können. Aber der Zweck des Fluges war erreicht, die Lücke in den Lichtbilderaufnahmen ergänzt. Jetzt wußten unsere Batterien, wohin sie dort ihr Feuer zu richten hatten, wenn es galt, den eisernen Tod, der gegen die Unseren durch die Lüfte sauste, abzuwehren. Sie danken's ihrem wackeren Fliegeroffizier H. Einer für alle! Alle für das Vaterland! (kf) Heute gab's etwas Besonderes! Oberleutnant Haupt von der Feldfliegerabteilung T. musterte nochmals seine getreue und' erprobte Maschine, di« ihn nun schon so oft glücklich über die feindlichen Linien ge tragen hatte. Jede Schraube ist neu angezogen, der Motor macht seine vorgeschriebene Umdrehungsanzahl. Also, es kann losgehen! Wir kannten unsern H. als einen der Umsichtigsten und Unerschrockensten! Das hatte er als Beobachter schon oft bewiesen! Sein Flug vopr 29. April — es war im Jahre 1916 — war noch unvergessen, als er mit zwei trefflich gezielten Bomben auf dem Bahnhofe von Epernay schweren Schaden angerichtet hatte. Sogar der Pariser „Temps" hatte darüber berichtet. H. wird es auch heute machen! Und wohin die heutige Fahrt, ging, das hatte sich auch bereits heimlich von Ohr zu Ohr' herumgesprochen. Den Russen galt's, im Truppenlager zu Mailly! Sie lagen dort, nachdem sie. unter Zubelhymnen der französischen Presse und von der stürmischen Begeisterung der franzö sischen Bevölkerung begrüßt, in Marseille ausgeladen worden waren. Hoch oben im Reich der Lüfte, dem Herrscher- und Kampfgebiete unserer Flieger, schwebt das Flugzeug H's. Unten trägt es die verderbenbringenden Bomben, die ein Druck des Fliegers zum Absturz bringt. Der Höhenmesser am Flugzeug zeigt bereits eine ansehn lich« Höhe. Der Motor donnert sein eintöniges Lied. Hier hat man es bereits bemerkt, und nun donnern drunten di« französischen Abwehrgeschütze, und die feindlichen Sperrflieger suchen dem kühnen deutschen Lufthelden den Weg zu verlegen. Oberleutnant H. weiß es, seine Aufgabe ist gefahrvoll. 60 Kilometer hinter der französischen Front liegt das Russen lager. Erst nach 3'/» Stunden kann er zurück sein. Da heißt es, die Zähne zusammenbeißen und klaren Kopf behalten. 'Dort, endlich, das ist's, das Lager! Immer näher kommt das ersehnte Ziel! Ein besonders auffälliger Punkt des Lagers zeigt sich im Fadenkreuz, und herab saust die schwer« Bomb«. Verwirrung und aufsteigende Rauchwolken zeigen, daß sie getroffen hat. Nun galt es, rasch den gleichen Weg zurückzulegen, über die alarmierten feindlichen Linien hinweg. Allgemeiner Jubel begrüßte bei den Seinen den kühnen Flieger, und schmunzelnd lasen schon in den nächsten Tagen die Unseren in der Pariser Presse die Bestätigung, daß auch ein „deutscher Gruß" die Russen in Mailly erreicht hatte. Die beiden Fliegeroffiziere Oberleutnant Wilhelm H. und Leutnant d. R. Reinhold H. wurden durch die Der- s leihung des Ritterkreuzes des Militär-St.-Heinrichs-Ordens ausgezeichnet.