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r- L> il !A 227 Leidenschaftlich preßte er das Kind an sich. Da fing es an zu weinen. Beim ersten Laut der Kmderstimme regte sich Maria und wurde wach. Erstaunt sah sie auf ihren Mann. „Du hier, Fritz? Komm, gib mir das Kind. Wo ist Bettina?" Fritz trat heran und legte das Kind an ihre Seite. — Sein Gesicht hielt er im Schatten. „Bettina ist unwohl — ich habe sie i» ihr Zimmer ge schickt." — „Die Arme. Sieh, ich wußte längst, daß sie sich zu viel zumutete. .Aber sie wollte nicht hören. Du mutzt nicht mehr leiden, daß sie nachts wacht, Fritz. Ich bin ja ganz wohl und kräftig und mein kleiner Herzensbub auch. Es genügt, we .n die Dienerin im Nebenzimmer bleibt." „Ja, sie soll überhaupt jetzt nicht mehr hierher kommen- Aber lah das meine Sorge sein. Schlafe, meine Maria. — (Fortsetzung folgt.) Oom eveml» ae vrmer bi; Lao» Don der Westfront wird uns geschrieben: Wer den Chemin des Dames kennt, weitz, was es be deutet, ihn zu erstürmen. Drei Jahre lang waren wir auf ihm zu Hause und auch so ziemlich sicher. Denn er ist nicht nur, wie der Name besagt, ein Weg, der eine Passage von Reims nach Soissons und darüber hinaus nach Paris bildet And in seligen Friedenszeiten glsichermatzen eine Autorennbahn zu nennen war, sondern der glatte Gipfel eines Höhenznges. Selten gewahrte man einen prächtigeren Ausblick. Für uns Feldgraue natürlich war der Ausblick mit Hindernissen ver knüpft; oben, inmitten des weitzen, etwa zehn Meter breiten Dammes durste man sich keiner Beschaulichkeit hingeben, und wenn nur ein Mann oa stand, der Franzmann genierte sich nicht, ihn gleich mit einer 9^7 Granate hinweg zu pusten. Der seitlich entlang lausende, ein Meter breite Rasenstreifen gestattete schon eher einen Aufenthalt. Er lieh einen Schatten nicht aufkommen und brachte uns sogar den Vorteil, die fran zösischen Artilleriestellungen auf dem sogenannten Maulwurfs hügel beobachten zu können. Aber, wir kannten sie schon, die Rotmützen, wir zogen es vor, nach der anderen Seite hinunter zu schauen, nach Laon zu. Selbst wenn es auf dem Maul wurfshügel lebendig wurde (was aber niemals vor zehn Uhr vormittags der Fall war) ergötzten wir uns an dem herrlichen Panorama. Dicht unter dem Abhang sahen wir, em Meter über uns der Damm, dahinter die Franzoseir. Vor uns die prächtige Landschaft. Millionen von Mohnblumen, einer Pur purdecke gleich und so ganz dem freiheitlichen Charakter des Landes angepaht, bedeckten die gegenüberliegenden Hügel. Büchner noch wirlte das Bild am frühen Morgen. Tie'unter uns sich ausbreitenden Ortschaften: Courtecon, Erandelain, Trucy, lagen in dichtem Nebel, nur die Spitzen der Kirchtürme schauten aus dem Nebelmeer empor. Und hinten, 18 Kilometer entfernt, doch dem Auge ziemlich nahe, ragte die herrliche Kathedrale von Laon, geisterhaft beleuchtet von der immer höher steigenden Sonne, in die Landschaft. Bis der Nebel schwand, sandte von der Spitze des Turmes ein grohes grünes Licht, im westlichen Turm untergebracht, weitsichtbare Strahlen hinaus. Es war das Warnungszeichen für die Franzosen, ihr Heiligtum, die Kathedrale, ihre Kunst zu schonen. Sobald der Nebel verschwand, war auch unser Tagwerk als Pioniere beendet; denn wir hatten behilflich zu sein beim Einbaucn eines grohen Scheinwerfers. Ein hübscher Weg, umkleidet von herrlichsten Obstbäumen und Weinreben, führte uns hinab ins Tal. Ungefährlich konnten wir ihn passieren, .noch keine -Kugel von drüben hatte ihn erreicht, denn er führte direkt den Abhang hinunter. Hier waren wir unseres Lebens sicher. Nur die letzte Stufe mahnte an die Gefährnisse oben. Ein Witzbold hatte dort in großen Lettern eingemeißelt: „Auf gang zum Krieg! — Neugierige werden gewarnt!" * * G In Trucy, unten im Tal, war unser Heim. Villa „Pique As" nannten wir es^ zur Genugtuung der nie fehlen den Skatbrüder. Auch hier wieder bot sich uns der prächtige Anblick des Chemin des Dames. Es begann Mittag zu werden Und rege wurde die Tätigkeit der Franzosen auf dem Maul wurfshügel. Die fürchterlichen Dampfwolken der platzenden Schrappnells, so gefährlich für die da oben, ein harmloses Schauspiel boten sie den Beschauenden. Drei Jahre waren wir hier. Die große Offensive verlangte einen Wechsel. Eine gerade Front zu besetzen, war notwendig. Wir gaben den Chemin des Dames fver und damit unsere geliebten, wohl- ausgestatteten Quartiere.*Bis Laon gingen wir, den Chemin des Dames in gutem Auge. Die grüne Lampe im Turm der Kathedrale hatte nichts genützt: die Kathedrale liegt heute in Trümmern. Selbst die Türme drohen heute einzustürzen. Ein Eisenhagel ist monatelang über Laon gegangen. Eigentum und Leben ging hier verloren, rücksichtslos nützten die Fran zosen den Besitz des Chemin des Dames aus. 9tun wird Laon endlich Ruhe haben, denn nachdem die Geschütze der Feinde vom Chemin des Dames fortgefegt worden sind, liegt die Trümmerstadt nicht mehr im Ziel. Wir haben oft beobach ten müssen, daß die Franzosen sich stolz im Besitz des Berges fühlten, und es wird ihnen ein harter Schlag gewesen sein, in kurzem Ansturm dieses Bollwerk verlieren zu müssen: Er öffnet den deutschen Truppen den Weg nach der Aisne. S-iaople» Von Gottfried Schmidt. Nicht vom Gold in der Reichen Häuser will ich er zählen, in kleine Hütten laßt uns schauen, wie dort den armen Leuten ihr einziges Kleinod an die Seele wächst, und wie sie dennoch so stark sein können im Opfern. Abenddämmerung schimmert in ein stilles Stübleiir. Siehst du den alten Mann dort am Fenster sitzen? Es ist nur ein einsamer, alter Mann, aber in seinen Augen liegt seliges Leuchten. Seine zitternden Finger halten eine eiserne Münze, draus in schlichten Buchstaben steht: Gold gab ich zur Wehr, Eisen nahm ich zur Ehr. — Schon lange ist er nicht mehr so fröhlich gewesen wie heule, der alte Frieder. Seit der Krieg ausbrach, marterte ihn das bittere Gefühl seiner Schwäche und Ohnmacht. Zuschauen mußte er, wo doch jeder dem be drohten Vaterlande diente. Heut' aber hat auch er etwas getan, auch er konnte ihm etwas geben. Nun sitzt er und lauschr seinen Gedanken, und all die bunten Bilder seiner Lebensstraße wandern an ihm vorbei. Ta sfnd sie wieder, die Kameraden, mit denen er anno 70 hinauszog gegen den frechen Franzosen. Ein strammer Soldat ist der Frieder gewesen, und alle Mühen der heißen Kampf tage haben ihn nicht geworfen. Immer weiter marschierten : sie hinein ins fremde Land, bis die Stunde kam, wo seine : Kompanie zum Sturm angesetzt wurde. Nieder von dem Berge heulten die Granaten, und krachende MitrailLeusen : spiehen den Tod. Auf sprang die ganze Kompanie. Doch, ! wie ein Sturmwind Bäume knickt, sank so mancher brave . Krieger tot zur Erde nieder. Den Hauptmann trugen sie blu tend aus der Front und die jungen Offiziere waren all« gefallen. „Dn Kompanie hört auf mein Kommando!" brüllte da Frieder mit heiserer Kehle, und er raste allen voran Hinauf, immer weiter; die Truppe mit Hurra hinter ihm her. Bleich ' vor Entsetzen hoben die Feinde ihre Hände hoch, und jaucht ! zend will Frieder in den Siegesruf der Kameraden,Anstimmen, s da reißt ihn, eine Granate den Arm vom Leib. —' Vor seinen ! Augen begann ein buntes Wirbeln. Er taumelte nieder und die tosend: Schlacht und der rasende Schmerz versank ihm in s dumpfes, weiches Schlafen. Tie Höhe aber war genommen. Lange muhte er so bewußtlos gelegen haben. Als seine ; Besinnung uneberkam, ruhte er in emrm fauberen, weißen Bett, s und eine Schwester neigte sich über ihn: „Frieder, der König , hat euch di: goldene Medaille für eure Tapferkeit verliehen!" ! sagte sie zu ihm. O, wie froh leuchtete da sein Gesicht. Ganz s vergessen hatte er, daß er ein Krüppel geworden war. Und ; als es sich in den langen Wochen, die nun kamen, einmal fügte, s daß der alte Sachsenkönig zu seinen Truppen reiste und auch sein Lazarett besuchte, sagte Frieder ganz treuherzig zu ihm: „Dank auch, euer Majestät, für den schönen Orden!" Er hatte nicht viel gelernt, der Frieder. Er wußte nicht, daß sein König ihn gar nicht kannte. Aber dankbar war er und stolz auf seine Auszeichnung. Endlich war di« Wunde ausgeheilt, und er durfte heim. Sein Arm war hin, aber gesunde Füße hatte er und mit Botengängen in die Stadt ließ sich noch so mancher Groschen s erwerben. Wenn dann der Abend kam, saßen seine Dorf genossen um ihn her, und er erzählte es immer wieder und immer gern, wie er den Orden bekommen habe. Alle Sonntag«