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Frankenberger Erzähler Unterhaltungsbeilage zum Frankenberger Tageblatt Wird jeder Mittwochs-, Freitags- und Sonntags-Nummer ohne Preiserhöhung des Hauptblattes beigegeben. Areitag dm 24. Mai 1918 kialsm« Aanäem (Nachdruck verboten.) Wenn trüb und dunkel schwere Wolken hangen, Dast wundgerungen deine Seele fleht, Erzitternd wohl in tausendfachem Bangen Zu deinem Gott im heiligen Gebet: „Wie schlugst du, Herr, mit tausend Wunden Den armen Knecht so schwer und tief, Dast er, o Herr, in allen Stunden In Schmerz und Qualen zu dir rief. Wie liest't du einsam ihn durch Täler streifen, Tas; alle Freude von ihm ging — Indessen andern Früchte reifen Am Baum, der ihm voll Blüten hing. Du Haft mit Einsamkeit geschlagen Den armen Knecht, der müde und in Sorgenlast Dao Joch geduldiglich getragen, Das du ihm auferlegst hast! Umjubelt von den Freunden einst in guten Zeiten Steht nur: dein Knecht verlassen da — Erschauernd vor der Einsamkeiten Wetten, Und niemand ihm in Treue nah!" So betet wohl das bange Herze In TrSbsal und in Finsternis Wenn ihm, erfüllt vom Helgen Schmerze, Die Welt ein einzig Hrndernis. Doch plötzlich reistt der Wolken düstrer Schleier Mit Flammenglühen vor des Beters Blick, Und gold'ner Sonne Helle Feier Weist auf den langen Weg Mück. — Wie weicher Harfen sütze Klänge llmträumt's des Wandtters stillen Gang; Doll Blüten sieht er alle Hänge, Die ganze Welt voll Glatz; und Sang. Und eine milde Stimme redet Boll Vaterliebe dringlich auf ihn ein: „Mein liebes Kind, wenn du gebetet, Kannst nimmermehr ,Allein" du sein! Wenn du durchs weite Tal des Lebens Mit deinem Gotte wanderst Hand in Hand, Dann tust du keinen Schritt vergebens, Und vor dir liegt gesegnet Land. Lernst du nur recht und inniglich verstehen Den Segen solcher Einsamkeit, Wirst du in tausend Freuden stehen. Und dir zu Fristen liegt das Leid!" - Tl. Sell-Gräfe- Beben hsiht Kämpfen Uonran von H. Tourths-Mahler. 4 — Buchdruck verboten Er stieg Heist und leidenschaftlich in ihm empor. Warum gen- «r nicht hinüber zu dem Mädchen und sagte ihr: „Ich hab dich lieb, werde mein Weib?" Warum quälte er lich nun schon tagelang mit dieser stetig wachsenden Sehnsucht herum? Was kümmerte es ihn, was die Gesellschaft dazu sagte! Er war niemand Rechenschaft schuldig, als sich selbst- Und Maria war des besten Mannes würdig. Woraus wartete er also noch? Erst bei der Festtafel traf Bettina wieder mit ihrem Bruder zusammen, nachdem sie mit inniger Genugtuung gesehen hatte, datz Lrbbeck Mpria Rottmann zu Tische führte. Sie fast nun mit ihm an der anderen Seite der Tafel, gerade weit genug entfernt, dast Fritz nicht mit ihr sprechen konnte. Bettina, säst neben ihrem Bruder. „Gottlobs dast die Kinder nun versorgt und aufgehoben find. Es war eine heiste Arbeit, und das arme Fräulein Rottmann hatte eine groste Geduldsprobe zu bestehen, zumal sie ihr Herz nach "einer anderen Richtung zog." Fritz wandte sein Gesicht fragend der Schwester zu. „Wie ist das zu verstehen, Bettina?" - Sie lächelte schelmisch-liebenswürdig, obwohl ihr das Herz unruhig klopfte. „Nun, junge Leute haben noch andere Interessen. Schau mal da hinüber. Wenn du verschwiegen bist, verrate ich drr, datz da ein heimliches BrautpaP zusammensitzt." Ein Schatten flog über Herbigs Gesicht. Er wurde blatz vor Erregung. „Meinst du damit Fräulein Rottmann?" „Und Lebbeck. ganz richtig. Denke nur, die beiden kennen sich schon lange, und Lebbeck hat das Fräulein bestimmt, sich um die Stellung bei uns zu bewerben." Herbig zerkrümelte mit nervösen Fingern ein Brötchen. Aus seinem Gesicht war alle Freudigkeit gewichen. ^Woher weitzt du das alles?" fragte er tonlos. „Sie hat mir heute nachmittag selbst alles anverttaut. Du brauchst dich aber, wie ich bestimmt glaube, noch nicht zu sorgen, daß sie ihre Stellung aufgibt. Anscheinend können die jungen Leute noch nicht ans Heiraten denken. Ich weist ja, wie wert voll dir diese Kraft ist, und hab gleich ein bkstchen sondiert." „Dann kann ich ja beruhigt sein," sagte Herbig, bitter auflachend. Er gotz schnell nacheinander einige Glas Wein hinab, um das würgende Gefühl, das ihm im Halse fast, loszuwerden. Sein Blick flog hinüber ^u der jungen Zeichnern». Sir un terhielt sich sehr angeregt mrt Lebbeck, und er hörte ihr war mes, herzliches Lachen herüberklingen. Es war das erstemal, dast er sie so fröhlich lachen hörte. Ihr Gesicht war lebhaft gerötet, und sie unterhielt sich >o eifrig mit Lebbeck, dast sie für nichts weiter Sinn zu haben schien. Herbig bist di« Zähne zu sammen. Ein bitteres, elendes Gefühl packte ihm Lr kam sich mit einemmale schrecklich einsam und verlassen vor- .Und zwi schendurch sagte er sich wieder und wieder: „Wenn du nun um sie angehalten hättest — du wärest grenzenlos blamiert ge wesen" . Während er mühsam den bitteren Schmerz in seinem Jimern niederkämpfte, säst Bettina voll hermlicher Genug tuung neben ihm. Aus feinem Erblassen und seiner Ver stimmung hatte sie gemertt, dast es die höchste Zeit gewesen war, ihn zu kurieren. Datz er zu ehrenhaft war, um der Braut eines anderen auch nur in Gedanken nahezutreten, wutzte fi«. Er würde sich so viel als möglich von ihr zurückzichen, und bald über diese leichte Regung hinwegkommen. Inzwischen konnte man ja heimlich ein bitzchen nachhelfen, um dre Rott mann und Lebbeck zusammeiMbringen. Sie schienen sich ja auch gern zu haben. Herbig seinerseits kam nicht darauf, datz ferne Schwester ihm eine direkte Unwahrheit gesagt hatte- Sah er doch auch selbst, datz die sonch so stille ernste jung« Dame Ich Lebbeck gegenüber ganz anders gab. Er bemerkte später auch, dast Maria einigemal mit den