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-iS Frankenberger Erzähler NnterhalttmgSbeiürge ,«m Frankenberger Tageblatt Mrd jeder Mitwochs-, Freitags- und Sonntags-Nummer ohne Preiserhöhung des Hauptblattes beigegeben. M. 53 Sonntag den 18. Mai 1SL8 Im vome Ser Natur Nachdruck verboten. Hoch wölben sich die grünen Bogen, Das Himmelsdach strahlt saphirblau, Die Büsche flüstern fromm im Winde, Die Blümlein lauschen auf der Au, Und sonnengolden überflutet steht Der stille Wald wie im Gebet. Da neigt der Mensch sich auch im tiefen Schauer; Erkennend betet er zum Himmelszelt, Die Seele fühlt des Vaters Liebe Im Anblick seiner Wunderwelt. In heilger Andacht weiten sich die Herzen, Am Altar Gottes flammen taufend Kerzen. Wenn Deine Liebe überreich gespendet, Mein Himmelsvater, der Natur, Wenn Deine Hand im liebreich Walten Sich also offenbart in Wald und Flur, We müssen erst die Herzen selig brennen, Die Deiner Allmacht Gnade so erkennen! El. Sell-Gräfe. Leben heißt Kämpfen Roman von H. Courths-Mahler. 3 Nachdruck verboten Das Fest, welches Fritz Herbig seinen Leuten gab, war vom herrlichsten Wetter begünstigt. Nur bis Mittag war in der Fabrik gearbeitet worden. Sie stellten sich alle pünkt lich ein. Die verheirateten Leute brachten Weib und Kind mit, und alle trugen den besten Sonntagsstaat. Auch das Kontorpersonal, die Zeichner und Zeichnerinnen, ^und die Vorsteher der einzelnen Abteilungen waren gekommen. Der große Wirtshausgarten war .festlich geschmückt, zwi- - schen den Bäumen hingen farbige Lampions. Spielzelle und Rettschulen waren ausgestellt, und es herrschte reges, fröhliches Treiben ringsum. Herbig war mit Bettina und seinem Neffen zuerst am Platze. Er widmete sich seinen Gästen mit großer Liebens würdigkeit und Bereitwilligkeit. Jeder wollte doch durch ein paar Worte vom Chef ausgezeichnet werden. Bettina stand ihm wacker zur Sette, obwohl ihre Seele mit llmphe uno Unbehagen zu kämpfen hatte. Sie ließ ihren Bruder nicht aus den Augen. Gegen 1/24 Uhr wurde an den großen Tafeln der Kaffee eingenommen. Wahr« Berge von Kuchen wur den ausgestellt und die riesigen Kaffeekannen kreisten unauf hörlich! ' Herbig hatte ohne Umstände zwischen einigen alten Ar beitern und ihren Frauen Platz genommen und beteiligte sich herzhaft an dem Schmaus. Erst wirkte seine Gegenwart etwas lähmend auf die Zunächstsitzenden, aber als er luftig und ungeniert plauderte und den Frauen lachend die Teiler mit Kuchen belud, taute man auf. Bettina hatte erst überall nachgesehen, daß alle zu ihrem Recht« kamen. Dann ging sie langsam die Reihen entlang; den Leuten freundlich zu nickend und sie zum Zulangen auffordernd. So kam sie auch an die Tafel, wo die Damen aus dem Zeichenatelier sich plaziert hatten. Liebenswürdig trat sie heran und b<H, neben Fräulein Rottmann Platz nehmen zu dürfen. Hie hatte beschlossen, die junge Dame möglichst in ihrer Nähe zu behal ten. Dj.« jungen Mädchen rückten artig zur Seite und be dienten Bettina eifrig mtt Kaffe« und Kuchen. Sie nickte lächelnd und dankend nach allen Seiten und plauderte liebens- - würdig mit ihrer Umgebung. Am meisten beschäftigte sie sich mit Maria Rottmann. „Ist Ihre Frau Mutter nicht mitgekommen?" fragte i sie freundlich. „Nein, gnädige Frau. Mama ist schon seit einiger Zeit unpäßlich." „Oh, wie schade. Das tut mir sehr leid. Ich hoffe, es ist kein ernstes Unwohlsein?" .^Das zum Glück nicht. Mama ist nur leicht ermüdet und bekommt sofort Kopfweh, wenn sie sprechen muß." „Dann sind Sie sicher nur ungern von ihr gegangen?^ „Ach, Mama ist ja auch sonst allein, wenn ich im Atelier bin. Vollständige Ruhe tut ihr am wohlsten." „Nun, sie wird sich hoffentlich bald erholen. Uebrigens rechne ich nachher.stark aus Ihre Hilfe bei den Preisspielen, zumal bei den Kindern." „Ich stehe gern zur Verfügung, gnädige Frau." Bettina nickte dankend und wandt« sich zu den anderen ! Zeichnerinnen. „Auch für Sie gibt es an den anderen Spielplätzen reich ! lich zu tun, meine Damen. Ich hoffe, ich kann auf Ihre Hilfe zählen." Die jungen Mädchen beeilten sich, ihre Zustimmung zu geben. Maria Rottmanns ruhige Artigkeit stach sehr ab gegen die unterwürfige Dienstbeflissenheit der anderen. Sie ist entschieden stolz und hochmütig, dachte Bettina, der das nicht entging. Währenddem hatte Herbig schon einigemale seinen Platz : gewechselt. An jeder Tafel hielt er sich ein« Weile auf und plauderte lustig mit seinen Leuten. Dabei hatte er jedoch heimlich ein Ziel im Auge, ohne es sich direkt einzugestehen. Aber, ob mit oder ohne Eingeständnis, schließlich' saß er doch Maria Rottmann gegenüber und war darüber so vergnügt, daß ihm die Helle Freude aus den Augen lachte. Bettina bemerkte sehr gut, wie er wohlgefällig sein Auge auf seinem Gegenüber ruhen ließ. Und Bettina fing seine Blicke voll Unruhe auf. Ihr Bruder sah heute gar nicht so aus, als hätte er Lust, seine Tage als Junggeselle zu beschließen. Was konnte sie tun, um Maria Rottmann unge fährlich zu machen? Sie sann und grübelte und rückte unbehaglich auf ihrem Platz. Wenn doch wenigstens diese Kaffeetafel ein Ende hätte! Aber die Leute stippten ohne Unterlaß immer neue Kuchenstücke in ihren Kaffee, und bevor nicht alle gesättigt waren, mußte sie aushalten. Endlich aber nahm ihre Qual ein Ende. ^Die letzten Reste wurden für die Kinder zum Mitnehmen eingepackt, und man erhob sich, um die Spiele zu beginnen. Bettina schob ihren Arm liebenswürdig lächelnd in den Fräulein Rottmanns und zog sir mit sich fort. „Kommen Sie schnell, liebes Fräulein, dje Kinder Stehen schon erwartungsvoll um die Gabentische," sagte sie leb haft, und ehe Herbig noch zur Besinnung kam, waren die beiden Damen seinen Blicken entschwunden. Vorläufig mutzt« er sich nun erst einmal um seine Arbeiter bekümmern, damit auch die an den Schießbuden und Würfelzelten zu ihrem Rechte kamen. Einige Herren' aus dem Kontor Halfer, ihm dabei. Die Musik spielte auf, alles amüsierte sich Es war ein Leben wie auf dem Jahrmarkt. Bettina überwachte, neben Fräulein Rottmann stehend, die Spiele der Krnder, während das junge Mädchen die Preise au steift«. Einige Herren aus dem Kontor kamen herüber und stellten sich Bettina zur Verfügung. Sie aber wehrte lachend und freundlich ab. „Danke sehr, meine Herren, aber hier kann ich nur