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und fester Hand packen. such um mt wir Sie wir don?" Und als er lachend nickte, brachte sie Eier, Brot und ein paar Frank. Kann man mehr verlangen. Die Leute lachten sich halbtot. Allerdings wurde nach ein paar Minuten der Irrtum schon entdeckt, und nun ging aus Türen und Fenstern das Feuern los. Mehrere wurden ge alle Herzen glühten in Liebe für das tapfere Heer. Berthold hatte an seinen Freund geschrieben: „Die Franzosen sind wie vor den Kopf geschlagen, datz ihnen nun doch so nahe auf den Pelz gerückt snü>- hielten uns zuerst für die englischen Bundesbrüder. Als Arm geschmiegt, daß er das Schlagen ihres Herzens spüren tonnte. Sie war fetzt ganz gesetzt, als ob die beiden Männer, deren jeder sie auf feine Weise liebte, wie ein Schild waren zwischen ihr und der Angst. Es mutzte doch wohl alles gut Kehen, wenn Berthold so heiter war und Erich so zuversichtlich und ruhig. Schliehlich fetzte er sich noch ans Klavier und spielte das Lied, das sich in dieser Zeit aus aller Herzen auf aller Lippen drängte. Und zu dem tiefen Bariton des Spielers und Bertholds schmetterndem Tenor gesellte sich endlich sogar leise «ine zitternde, weiche Stimme: „Deutschland, Deutschland über alles, Ueber alles in der Welt." „Malve Herzenskind, bas lob ich nnr. Du wirst doch noch eine richtig« Soldatenfrau!" Und Berthold sprang auf und umschlang sein Weib Hu einem: herzhaften Kutz. — — 'Das war das letzte Ausklingen der schönen alten Zeit gewesen., Und in der Frühe des nächsten Morgens stand die neue auf'der Schwelle, hart, fordernd und ohne das geringste beschönigende Mäntelchen. Das Scheiden kam, d«r letzte Kutz, das letz^ Losmachen einer kleinen umklammernden Hand,.das letzte Zurücksehen an der Stratzenecke, und dann nichts mehr- „Er kommt nicht wieder, Erich — ich fühle es. Nie wieder!" weinte Malve Rodenbach hilflos. Es war dem Oberförster gar nicht recht, datz seine Behörde ihn als unabkömmlich reklamierte. Eewitz, man > dient« auch dem Vaterland, indem man den komplizierten ! Mechanismus der Verwaltung in Gang halten half, aber ! hart war's doch, immer nur andere Ausziehen zu sehen. Wenn ! «r die jungen Einberufenen durch die Stadt marschieren oder «inen Militärzug durch den Bahnhof fahren sah, kam erlich förmlich zurückgesetzt vor. Unerhört, datz ein.stämmiger Mensch in den besten Zähren in Zivil herum ging, als sei er Reichs- Irüppel. Indessen, das half nun einmal nichts. Die Arbeit schlug ihm ja auch fast über dem Kopf zu- ! sammen. Sein Rendant, mehrere Revierförster waren «in- s berufen; die Lücken mutzten ausgefüllt werden, so gut es ! ging, und der Schreibereien war kein Ende. Dazu kam die zur Obersörsterei gehörende Landwirtschaft, die mit sehr ver- , minderten Arbeitskräften weitergeführt werden mutzte. Trotz all dieser Bedrängnis brachte er es aber doch fertig, ! fast täglich zur Stadt zu radeln und sich nach Malve um- s zusehen. Gewöhnlich gegen Abend, wenn die Kinder zu Bett gebracht waren und die Stille und Einsamkeit alle Aengste ; weckt«, dje der Tag etwa noch in Schach gehalten hatte- i „Zch wützte nicht, was ich arflinge ohne Sie," sagte Malve oft in ihrer kindlich rührenden Weise. „Ich bm Ihnen ja so dankbar. Sie glauben nicht, aus was für schrecklichen Gedanken mich Ihr Kommen ost herausreitzt." „Sie dürfen nicht so viel grübeln, Frau Malve. Es tut Ihnen nicht gut. Was wird Berthold sagen, Denn er Sie bei der Heimkehr b'atz und abgehärmt wiederfindet?" sagte er in einem so heiter-festen Tone, als stünde diese Heim kehr unmittelbar und sicher bevor. Ganz schlicht und einfach sprach er immer mit ihr, so wie sein Mitleid es ihm emgab, und es war wohl mehr der Herzrnston der tiefen Stimme, als die .Worte Mbit, die beruhigten. Bei dem herrlichen Augustwetter satzen sie meistens unter der Linde hinter dem Hause: so lange, bis Erichs Zigarre wie «in Glühwürmchen durch das Dunkel leuchtete. Niemals bei diesem Alleinsein kam ihr der Gedanke, datz sie dis Frau sei, die er liebte. Pas gehörte alles zu dem Kleinlich- Persönlichen, das die grvtze Zeit einfach zur Seite geschoben hatte. Sie schien ihm jetzt nur ein teures, anvertrautes Gut, über das ein anderer ihn zur Rechenschaft ziehen würde- Malve und Erich sprachen von Berthold. Immer nur von Betthold. Er muhte erzählen von ihrer gemeinsamen Kindheit und Jugend, von der Art des Knaben und der Entwicklung des Jünglings, was er hier getan und dort fe stigt hatte. Sie wurde des Gegenstandes nicht müde, und Erich strengte Hein Gedächtnis an, um sich immer neue kleine Züge zurückzurufen. So hals er ihr über die ersten schlimmen Tage, in denen sie ohne Nachricht blieb uNd' die Truppen infolge des Schreibverbotes wie geheimnisvoll hinweggerafft erschienen- Da wirkte dann die erste Karte, als sie endlich kam, wie eine Art Auferstehung. Malve war wie neu belebt. "Alle guten Möglichkeiten, die sie bisher mit trübseligem Kopfschütteln von sich gewiesen, gewannen auf einmal Kraft und Leben- ,OH, ich glaube, Gott wird gnädig sein und ihn m« wiedergeben. Meinen Sie nicht auch, Erich?" Sie steckten die Köpfe zusammen über der Kriegskarte und verfolgten den Weg, den die Feldgrauen genommen. Wie weit sie doch schon den Sieg in Ferndesland hisneing»- ttogen die Braven, Unvergleichlichen. „Wenn es so fortgeht, werden wir.sie bald wiede :," sagte die junge Frau mit geröteten Wangen. Die Gefahr schien auf einmal lange nicht mehr so grotz Die Meldungen der Siege kamen in rascher Reihen folge, und die Städte wurden «in flatternder Fahnenwakd, durch den die Daheimgebliebenrn 'stolz und glücklich dahin- spazierten. Es lohnte gar nicht, von einem Tag zum andern di« Mahnen einzuziehen. Herrgott, es war eine Lust, ein Deutscher zu sein. Siegerfreude flammte in allen Augen, troffen, einige getötet. Das Ende vom Liede war, datz ich an den Häusern, aus denen die Schüsse gefallen waren, ein ernstes Erempel statuieren mutzte. Kriegsjustiz — ein harte Notwendigkeit für' den, der sie auszuüben hat, aber seiner Leute Willen mutz jeder Führer die Franktireurs ! heute noch so gut wie damals: „Sorg, aber sorge nicht zu viel, Es geschieht doch alles, wie Gott es will." „Ja, aber ob das ein Trost ist? Gott könnte mir i meinen Liebsten ja auch nehmen wollen." Während sie sprach, kam das Mädchen mit dem Extra blatt, das damals noch täglich ausgegeben wurde. Ge meinsam fielen beider Blicke aus den ersten Satz: Um M- ; tobt die Schlacht — — Beklommen, in tiefem Schweigen sahen sie, und ihnen wars, als senke sich ein dunkler Schleier langsam hernieder und dahinter lohte das Land. „Um M. tobt die Schlacht." > Wie inhaltsschwer diese fünf kurzen Wörter! Vernichtung ! in jeder denkbaren Gestalt, ein Toben wie aus Höllenschlün- ; den, Siegesrausch und Todesgrauen. Auf wieviel rinnendes ' Blut, auf wie viele brechende Augen würden heute di« ! Sterne herabsehen? Wie viele Todesseufzer würde der Nacht- - wind mit forttragen? Und wo war Betthold? Mitten in dem fürchterlichen Getümmel, während sie hier an seinem Lieblingsplatz in Frieden satzen! Sie dachten es beide: der Mann, der selbst Soldat gewesen war, mit sachlicherer Deut lichkeit als die Frau, die in unbestimmter Angst zitterte- Sie fahte wie ein Kind nach seiner Hand. „Mir ist so bange, Erich. Helfen Sie mir! Lassen Si« mich nicht im Stick!" Erich empfand seine völlige Machtlosigkeit, aber er fagt« dennoch beschwichtigend; „Gewih. Soviel ich nur kann. Das hab ich Berthold ja versprochen!" „Dieser Brief ist schon acht Tage alt. Oh, hätten wir nur erst wieder Nachricht." „Wer weih, wie bald sie kommt. Vielleicht morgen schon. Nur Mut und Geduld, liebe Malve." Aber Wochen vergingen, und der Brief, auf den /ie wartete, erst in gewaltsam zurückgedrängter, dann in immer lauterer Besorgnis, zuletzt in Verzweiflung, kam nicht. Die Freunde, so voller Teilnahme sie waren, wagten nicht mehr, nach Berthold zu fragen; das bW«; in Angst erstarrte Ge sicht der jungen Frau sagte genug. Die Damen fühlten es gestern in ern Dorf einzogen,' fragte eine Alte einen Unteroffizier meiner Kompanie sehr entgegenkommend: ^.Lon Erich brachte diesen Brief bei seinem abendlichen Be- mit zu Malve. „Heute war ich einmal der Bevorzugt*." „Gott sei Lob und Dank", sagte' sie inbrünstig. „Seit mehreren Tagen hatte ich keine Nachricht mehr gehabt- Sie glauben nicht, wie ich mich dann rmmer gleich sorge." „Darf ich Ihnen einen Reim sagen, den meine alte fromme Grohmutter mit Vorliebe zitierte? Er patzt auch