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iS6 - Brunnen, nicht Spitzweg'sche Musikanten iyr Ständchen brachten. Da kam der Tritt der Kolonnen ins Städtchen,, sicher Md fest. Da- mondselige Träumen verging. Manch Dor- hänglein schob sich sachte beiseite und ein Frauengesicht sah verstohlen herab auf die wimmelnden Gassen, und der Wirt zur „Traube" steckte seine mondscheinbleichr Schlafmütze und sein trotz alles Mondscheins rotes Weingesicht auf die Straße und fragt: uns hindurch bis zu den letzten Nachzüglern, in eifrigster Sorge um den neuesten Gesprächsstoff für die -norgigen Frühschoppengäste. Am Marktplatz hallten Befehle durcheinander, Offiziere sprengten umher und auch Ordonnanzen. Das Batäulon hielt. Die Gewehre wurden klirrend zusammengesetzt. Da wäre sicher Schwind's Pärchen hinter dem Torbogen ver- - schwundsn bei so romantischem Lärmen ,und Spitzwegs Musi- ! kanten wären bei solcher Dissonanz jäh zerstoben. Denn jetzt war die Romantik, war der Frieden amtlich vorüber: Der Bürgermeister wurde aus dem Belt geholt und mutzt« Quar tierzettel ausschreiben. Und dann ging ein Wandern durch das Städtchen, einzeln und zu zweit- An allen Türen ward geklopft, geklingelt, gepocht, unerbittlich, bis der letzte sein Unterkommen gefunden hatte. Und dir Leute haben es keinem entgelten lassen, das; wir ihren romantischen Nachtsrieden ^so gestört haben. Sie tun denen, d.e aus F.andern ramea, a..es, was sie ihnen an den Augen absehen können. Und das will sehr viel sagen in heutiger Zeit. Sie haben uns schon lieb gewonnen m wenigen Tagen, sie pflegen und hätscheln uns wie eigene Kinder, als wollten sie selber uns danken für dir Wacht und die Siege an der schwer umkämpften Front. Und heut', am dritten Tage, da singen die Kleinen schon in den Gaffen unsere neuen Lieder, dir wir von der flandrischen Front mit- gebracht haben. I. F. vemilcdter .- Ukraine, das Gerland. Man schreibt uns: Wie jetzt bekannt geworden ist, soll dis Ukraine auch verpflichtet sein, uns Eier zu liefern. Es hritzt, etwa 400 Millionen Stück werden dort aufgebracht werden. Diese Zahl hört sich furcht bar hoch an, ist jedoch nichts im Verhältnis zu dem, was Deutschland wirklich an Eiern braucht. Wie eine Statistik -ergibt, haben wir im Lahre 1913 nicht weniger als 1123,27 Millionen Mark für Ger ausgegeben. Damals kostete «in Ei im Grotzhandel 4 Pfg. Jeder kami sich also allein ausrechnen, was für eine Riesensumme von Eiern zusammenkommt. Aber diese eigene Eiererzeugung reichte bei weitem nicht, wir waren noch genötigt, viele Millionen Eier ernzuführen. Und haben jährlich mindestens 180 bis 130 Millionen Mark für Eier ausgegsHen, die über die Grenze kamen. Es waren hierbei beteiligt: Rußland mit 80,3 Mil!. Mark, Oesterreich-Ungarn mit 76,5 Mill. Mark, die Niederlande mit 9,5 Mill., Italien mit 7,1 Mill., Rumänien mit 5,8 Mill-, Bulgarien mit 3,9 Mill., Dänemark mit 1,5 MM.» Serbien mit 1,4 Mill., und die Türkei mit 1,2 Mill. Mark- Schon vor dem Kriege hat uns demnach Rußland die meisten Eier geliefert, und da mals schon kamen die meisten Eier aus den Gouvernements, die jetzt die Ukraine bilden. Die Ukraine ist ein gewaltiges Ueberschutzland für Eier. Es mutz viele Millionen abgeben, wenn sie nicht verderben sollen, immerhin ist noch nicht sicher, ob die Verhältirisse dort jetzt schon so geregelt werden, datz wir noch in diesem Jahre ukrainische Eier essen können. Di« Preise vor dem Kriege sind mit den jetzigen Preisen nicht zu vergleichen. Wie es heißt, mutz ein Er in der Ukraine mit 37 Pfg- im Grotzhandel bezahlt werden. Früher zahlte der Grotzhandel in Rußland für 350 Eier 10 .Rubel (31 Mi). In der Türlei, in Serbien und größtenteils auH in Bulgarien wurden die Eier durchweg unter einem Pfennig das Stück gekauft. Sonst hätte sich der Verhandel, bei den großen Transportschwierigkeiten und der teuren Verpackung nicht ge lohnt. Dabei hatten die Zwischenhändler, die Aufkäufer für den Großhandel noch immer einen guten Verdienst. » ' Morgentoilette vor dem Feinde. Aus dem F«lde wird uns geschrieben: Es gibt im Leben manchen unerhörten Lurus, von dem der friedliche Bürger sich nichts träumen läßt. Hier im Felde sängt der Lurus an, wo zu Hause die Alltagsnot wendigkeit aushört. Ich habe das auch erst lernen müssen, Ierantwörtlicher Redad-ur: Ernst Roßbrra in Frankenb-rq t.G man ist aber schon von Geburt auf zu allzuviel Lurus erzöge« worden. Seid mir nicht böse, liebe Eltern und Erzieher, ob dieses ungezogenen Wortes von der Erziehung. Wir gehen eben durch eine ander« Schule, als die meisten von euch gegangen sind, durch die Schule des Krieges. Aber ich werde euch gleich wieder versöhnlich stimmen, wenn ich euch sage, datz meine Schulweisheit noch sehr jungen Datums ist. Früher, ja früher war ich wie ihr Anhänger der alten Schule. Ich habe erst kürzlich umgelernt. Und das ging so zu. Ich war wie ihr felsenfest überzeugt, daß das Waschen, Einseifen, Kämmen, was nach alteuropärschen Begriffen zur Morgentoilette gehört, nicht etwa eine besondere Tugend, son dern eine selbstverständliche Notwendigkeit sei. Der schöne Wahn ist vorüber! Waschen ist Lurus, sage ich jetzt. Ich stand vor ein paar Tagen an einem frischen Früh.ingsmorgm vor einem niedlichen Eranattrrchter, in dem rch erst am Abend vorher mein Kochgeschirr ausgespült hatte, und breitete mit fast zeremonieller Umständlichkeit auf dem schmalen Rasen fleckchen vor meinem Waschzefüß meine Torlettenartikel aus, als da sind: einen zahnlosen Kamm, eine haarlose Bürste, eine fettlose Seife. Setzte mich an den Rand des Granat abgrundes und tauchte mein Kriegerhaupt in die kaffeebraune Flut. Rieb, seifte, seifte, rieb, bis mem Kopf adonishast verjüngt und verschönt aus dem Moorbad auftauchte. Da kam just ein echter, wetterharter Krieger daher, ein wandeln der Erdklotz, dem auch die entfernteste Menschenähnlichkerr abging. MM merkte es ihm an, datz er stolz war auf seine Lehmgarnitur, die ohne Zweifel auch Geologen interessiert hätte. Wie der nun sah, datz ich mich wusch, warf er mir einen Blick uneingeschränktester Verachtung zu und ging ohne ein Wort vorüber. Das hat mich tief erschüttert. Seitdem ist mein Prinzip: Waschen ist Lurus, und sei es in einem Eranatloch. ' Goethes Fa-ft im französischen Urteile. Uns wird ge schrieben: Frankreich rühmte sich bekanntlich von jeher, an s der Spitze der Zivilisation zu marschieren. MM sollte , also meinen, datz es einen: so hochgebildeten Volke nicht schwer fallen kann, in den Geist Ler Meisterwerke der Weltliteratur einzudringen. Dem ist aber durchaus nicht so. Zu Shakespeare z. B. haben die Franzosen bis heute noch kein rechtes Ver hältnis finden können, und von Goethes Werken hat schließ lich nur der „Werther" einiges Verständnis gefunden. Der wunderbar tiefe Gedankengehalt des Faust ist ihnen stets «in Buch mit sieben Siegeln geblieben; sw haben ihn nie begriffen. Selbst die größten französischen Geister haben Ur teile über ihn abgegeben, die von einer geradezu erstaunlichen Oberflächlichkeit zeugen. So erklärt Madame de Stael in ihrem Buche „über Deutschland", da- Stück sei sicher kein gutes Muster, und es sei nicht zu wünschen, daß sich derartige Produktionen wiederholen. Eine noch schlechtere Meinung hatte ihr Zeitgenosse Benjamin Lonstant vom Faust; er sieht in ihm nur «ine Verhöhnung der Menschheit und der Wissen schaft. Alfred de Müsset bedauert, daß der ^.Patriarch einer neuen Literatur" in die schönen Gefäße seines finsteren Werkes nicht einen Tropfen Honig gegossen hatte. Und dabei sind doch gerade im Faust liebliche Stellen in Menge. Geradezu typisch für dl« französische Auffassung eines deutschen Werkes ist, was Stendal schreibt: Der Dr. Faust tut unter dem mächtigen Beistände des Teufels, was wir alle mit 20 Jahren getan haben, er verführt ein« Modistin." — Diese Aeutze- rungen mögen genügen, sie stellen dem französischen Geist« ein furchtbares Armutszeugnis aus. ' Pollzei-Beroronun» zur Bekämpfung von Bartflechte. Der Siodnai in Gern hat unierm 6. Mär: 1918 wegen der zurzeit sehr aus-mdrhvten Bartflechte in der Stadt eine Polizei- Derordnnna ellosten, wonach es Perionen mit Grstchtsausschlag verboien ist, sich in öffentliche Frisier- und Baibiergeschästen rasteren oder an den krankhaften Slellen die Haare mit den zum allgemeinen Gebrauch bestimmten Scheren vder Masch'nsn kürzen zu lasten. Es sei denn, das, ein ärztliches Attest dahin- gebend beigebracht wird, daß der Gesichtsausschlag nicht an- iteü-nd ist. Außerhalb der öffentlichen Geschäfte darf.das Ra steren und Haarekür>en nur erfolgen, wenn die Personen Rasier zeug, Seite, Pinsel, Waichlavpen, Schere und Maschinen be nutzen, die in ihrem etaenen B.sitz sich befinden. L?>eine Donkeschuld gegen uniere Helden zu bezeigen, bietet sich Gelegenheit durch Erwerbung ver Mitgliedschaft de» Vereins HeimatVank. (Anmeldung e bcten an die Geschäftsstelle — Rathaus Zimmer Nr. 6, — Mindestjahresbeitrag nur 1.— M.) — Druck und "Verleg von C. G. Roßt rra tu Fmn-enbng i.S oben '»ob-