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Frankenberger Erzähler Artterhaltttngsbettage zum Frankenberger Tagebratt Wird jeder Mittwochs-, Freitags- und Sormtags-Nmnmer ohne Preiserhöhung des HauptblatteS beigegckeu. Ar. 47 Mttwoü da» 1. Mai ' Isis Aberglaube Die Vernunft, wie sträubig Sie sich wehren mag, Sie wird abergläubig » Mit dem Unglückstag. Einmal ist in Schrecken Das Gemüt gesetzt, - Und allen Ecken Stehn Gespenster jetzt. Friedrich Rückert. HMÄ MW Erzählung von A. L. Lindner. I - — Nachdruck v<ü Loten - Hochzeit war in Werbisfelde, glückselige Hochzeit, mit viel Blumen, viel Musik und vielen fröhlichen Menschen. Aber Erich Rodenbach war's zu Sinn, als befände er sich auf einem Begräbnis. Ihm wurde ja auch etwas bLLraben, eine liebe Hoffnung, ein Heitzer Wunsch, und er,stand — erster Trauführer und erster ^Leidtragender in einer Person — hinter seinem Vetter und besten Freunde und der Braut, dir er für sich selbst begehrt hatte, und sah mit fast ver bissenen Zähnen, wie der Pfarrer ihre Hände ineinanderlegte uüd über den Knienden den Segen sprach. Nicht, datz er Malve Althaus gar nicht hätte gewinnen Annen. Als sein Vetter Berthold und er ,zum erstenmal als Jagdgästr ins gastliche Werbisfelder Herrenhaus kamen, haften wohl beide die gleichen Chancen gehabt. Das Herz einer Achtzehnjährigen, der zum erstenmal Mannesliebe ent- gegengebracht wird, ist leicht geweckt. Das hätte Erich Roden bach bedenken sollen. Stasi dessen zauderte er. Ein stiller, nachdenklicher Mensch, war er in der Einsamkeit seiner Ober- fvrsterei noch stiller und abwartender geworden. Er dachte auch an Malves grotze Jugend. Nach so kurzer Bekanntschaft sich Mon zu erklären, schien ihm wie ein Eingriff in dre naturgemätze Entwicklung einer Knospe. Er wollte warten, bis sie sich seiner werbenden Liebe von selbst erschlösse. Aber während er wartete, kam ihm ein Jüngerer und weniger Bedenklicher zuvor, der lustige Jurist, den die Erotzstadt Raschheit gelehrt und der soeben die Ernennung zum Amts richter erhalten hatte. Der hatte dann die Leidenschaft der kleinen Malve so gründlich wachgeküht, datz auch nicht der Schatten eines Gedankens für den ruhigen, ein wenig pe dantischen Oberförster übriggeblieben war. verthold Rodenbach war in glücklichster Stimmung und in glücklichster Ahnungslosigkeit. Er kam gar nicht darauf, datz er sich des Freundes ersehntes Gut könne angeeignet l«ben. „Es ist wirklich der erleuchtetste Gedanke, den die hohen Vorgesetzten seit langer Zett gehabt haben, gerade, mich nach Holzhausen zu schicken; in Derne nächste Nähe, altes Haus", sagte er während des Hochzeitsmahles, sich zu Erich über den Tisch beugend. „Als Du zum Forstfach übergingst, fürchtete ich schon, das Leben könnte uns einmal ganz aus- einanderwirbeln. Du glaubst nicht, Malve", wandte er sich wieder an seine junge Frau, ,Mls wir zwei für Erinnerungen an gemeinsame Streiche haben. Die erste Zigarre mit.nach folgendem Jammer, der erste Hase, die erste Flamme, der erste grötzere Bär — alles hängt irgendwie mit diesem lieben Menschen zusammen." „Sehr schlimm kann ich mir die Streiche, an denen Ketter Erich beteiligt war, eigentlich nicht denken", sagte , die Braut in ihrer lieblichen Art und rückte dabei dem ' Oberförster freundlich zu. „Richtig erkannt! Sein Anteil bestand eben meistens > darin, mir aus der Klemme zu helfen. Aber wir werden l uns jetzt revanchieren. Du mutzt für ihn immer em ertra ! warmes Eckchen, einen ertra guten Happen bereit haben, s Schatzkind." Malve nickte eifrig. „Das wäre doch von selbst ge- l schehen. Ich hoffe, Sie werden viel bei uns verkehren, ! Vetter Erich. Berthold hat mir gesagt, datz man mit dem i Rad höchstens eine halbe Stunde von der Oberförsterei bis zur Stadt fährt." ' i Erich Rodenbach warf einen verstohlenen Blick auf die i Uhr. Drei tödlich lange Stunden duldete er nun schon ' dis Pein, diesem holden, bräutlichen Gesicht gegenüberzu- sHen. „Sehr gütig, Frau Cousine. Aber viel? Ich writz, was man jungen Eheleuten schuldet." . „dkatürlich", lachte der Bräutigam, ,^twas Taktloses kreigiest Du ja gar nicht fertig, selbst wenn Du wolltest. Deshalb fühlt man sich auch bei Dir in allen Lagen s» unbedingt sicher. Also nochmals, teurer Sohn — solange bis Dich selbst mal das Verhängnis erwischt, betrachte m-n Haus als Deines. Abgemacht, wie?" Er hielt ihm lächelnd die Hand über den Tisch hin, und der Oberförster tippte mit einer der Rosen, di« dir Tafel schmückten, hinein. „Tausend Dank. Ich werde ^hrn, was sich tun lätzt. Nur — etwas, das nicht ist, anseycn, als ob — ich wsitz nicht, oh ich das auch können werde." Ler andere merkte seine gezwungene Art nicht. „Das war mal wieder der ganze Erich; gewissenhaft bis zur Wortklauberei. Man merkt, Du lebst zu viel allein, mein Junge. Na, gib acht, wie wir Dich aufmelieren werden, wenn wir Dich nur erst ordentlich in die Finger bekommen". Eine Stunde später fuhr das junge Ehepaar unter Glück wünschen uhü Tücherschwenken vom Hof auf eine vierzehn tägige Hochzeitsreise. Nicht lange darauf folgte auch der Oberförster. Ausatmend lehnte er sich zurück, als der Wagen die Auffahrt "hinunterrollte, sckh sich auch nicht mehr um. Gottseidank, datz das überstanden war und datz er die Kraft hatte, sich auch nicht mit einem Blick zu verraten. Immerhin — war Ler Zwang der Selbstbeherrschung pein- voll gewesen, das Alleinsein jetzt war es fast noch mehr. Während der Wagen sachte mit ihm durch den Sand wiegte, sah .er, wie rn einer Vision, die beiden, dre kur, vor ihm noch denselben Weg fuhren. Der dunkle Kopf Bertholds lag an der Brust seiner jungen Frau, und sie beugte sich dicht über ihn mit einem holden Lächeln. — Und die alten, struppigen Weiden am Wege hatten cs gesehen, wie die Lippen, endlich des Zwanges ledig, sich immer wieder zueinander fanden. Still und steif, den Kopf zurückgelehnt, die Augen ge schlossen, satz Erich Rodenbach und rang mit etwas Ueber- mächE-Widrigem, das mehr und mehr von ihm Besitz zu nehmen drohte. Aber plötzlich machte er mit beiden Armen ehre Bewegung, als stietze er rechts und links gewaltsam etwas von sich. Nein, nein — er wollte das nicht. Kein Ehrenmann dachte in solcher Weise an das Weib eines andern, und dieser andere war sein bester Freund. Wenn diese unselige und hoffnungslose Liebe schon sein Teil war, so wollte er sie wenigste,ls so tragen, datz er weder vor sich selbst noch vor Berthold zu erröten brauchte. Gedanken bekämpfte nian am besten mit Tatsächlichketten. So zog er sein Taschentuch heraus, in dem die dienstlichen Obliegenheiten für die nächste Zeit vermerkt standen. — Am Montag Holzauktion in Drusenow, am Mittwoch in