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— 180 — der landwirtschaftlichen Arbeit, auf die starke Preissteigerung für alle Rohmaterialien, welche dir landwirtschaftlichen Betriebe / brauchen, und auf das Bemühen der Landwirte und vor allem der Frauen der im Felde stehenden Landwirte, ihre Pflichten gegenüber der Allgemeinheit zu erfüllen und die Dolks- ernährung sicherzustellen. All dies wrrdr vielfach in der Stadt noch verkannt. Andererseits verwies er auf die Lage der städtischen Bevölkerung, insbesondere der Schwerarbeiter, welche Zuschüsse zu den einfachen Rationen braucht und auf die Hilfe der Landwirtschaft angewiesen ist. Wenn auf beiden Seiten der rechte, gute Wille gezeigt wird, dann würden die Gegensätze verschwinden und die Arbeits- und Schaffens freudigkeit würde allseits gehoben. Dem mit lebhaftem Bravo und Beifall aufgenommenen Dortrag folgte eine angeregte Aussprache. Der Vorsitzende Herr Franz Bennewitz gab einige Ergänzungen zu den Darlegungen und besprach besonders die Biehanschneidung und -Enteignung. Herr Regierungsassessor Dr. Pfoten hauer von der König!. Amtshauptmannschast unterstrich die Darlegungen des Herrn Grundmann und besprach im ein zelnen noch die besonderen Verhältnisse der im Vortrag be rührten Gebiete in unserem Kommunalverband. Nicht nur der gewerbsmäßige, sondern auch der Versorgungsschleichhandel müßten unbedingt unterbunden werden, namentlich in unserem Bezirk mit seiner Lage in der Nähe der Großstadt. Zur Fleisch- versorgung teilte er mit, daß das nach dem 1. März dieses Jahres von außerhalb Sachsen eingeführte Vieh bei den nächsten drei Anschneidungen frei bleibt, also etwa ein Jahr lang von der Ablieferungspflicht nicht betroffen wird. Das Amt des Enteignungskommissars, das Herr Bennewitz über nommen hat, sei wohb das schwierigste, welches dir Amts hauptmannschaft zu vergeben habe. Er bitte, Herrn Bennewitz dieses schwere Amt nach Möglichkeit zu erleichtern und ihm es nicht persönlich nachzutcagen, wenn er zu Maßnahmen schreiten müsse, welche unliebsam empfunden werden. Herr Bennewitz komme als Beauftragter des Kommunalverbands und müsse unbedingt seinen Vorschriften entsprechend handeln. Die Pserdeaushebung werde hier- am 10. Mai stattfmden. Der Bezirk Flöha hat 40 Pferde zu liefere es würde auf di« Bedürfnisse der Landwirte größtmöglichste Rücksicht genommen werden. Zum Schluß gab der Herr Regierunasassrssor noch der Genugtuung Ausdruck, daß dir Landwirtschaft zu dem stolzen Ergebnis der 8. Kriegsanleihe redlich bejgetragen habe. An der Aussprache beteiligte sich u. a. auch Herr Tierzucht- inspsktor Oek.-Rat Dc. Petermann (Chemnitz), der empfahl, möglichst große Tiere zur Ablieferung zu bringen und den —Nachwuchs zu schonen. Die deutsche Lindwirtschaft vor ttmd im Kriege betitelte sich der zweite Vortrag, den Herr Prokurist Arno Roßberg unter Vorführung einer Anzahl schöner Lichtbilder bot. Redner leitete die interessanten Darlegungen mit allge meinen Betrachtungen über die Einwirkung des Krieges aus die Ernährungswirtschaft ein. Nicht nur im Feld und im Schützengraben kämpfe das deutsche Volk den Krieg aus, son dern auch auf den Feldern und in her Kartoffelfurchr. Der Vortrag schilderte die Entwickelung des deutschen Bauernstan des, wies hin auf historische Ueberlieferungen und auf noch heute in manchen Gegenden anzutreffende Eigenheiten und schilderte die Entwickelung der deutschen Landwirtschaft seit dem Jahre 1870 auch von der sozialen und volkswirtschaftlichen Seite, zeigte, welch gewaltig: Mengen vor de^n Kriege an landwirtschaftlichen Erzeugnissen (Fleisch, Butter, Eier, Schmalz, Obst usw.) eingeführt wurden, und wie die Landwirtschaft es verstanden hat, während der Kriegszeit ^ich den Kriegs- bedürfnissen^ anzupassen. Wenn wir sehen wollen, was von den Landwirten getan wird, um die deutsche Landwirtschaft auf der Höhe zu erhallen, dann müssen wir uns einen deutschen Eutshof im Kriege ansehen, müssen erkennen lernen, wie auf ihm alles ermöglicht wird ohne genügende männliche Hilse, ohne 'ausreichende Gespanne, ohne Kraftfutter und Kunstdünger; dazu die Dürre von 1915, die Nässe von 1916, den endlosen Winter von 1917. Wenn man die Landwirt schaft von diesem Standpunkt aus ansieht, dann werde man wissen, was dazu gehört, um das zu leisten, was die deutsche Landwirtschaft in den 3sft Jahren des Krieges geleistet hat. Die Landwirtschaft habe mit außerordentlichen Schwierigkeiten zu kämpfen, aber das Nötige kann und werde sie uns geben mit starker Hand und starkem Herzen bis^zum Ende des Krieges uüd des deutschen Sieges. Auf dem Schachbrett siege im End kampf der, der noch einen Bauern mehr hat. Und, Gott sei Dank, wir haben diesen Bauern, England hat ihn nicht! Die in den Tert eingeflochtenen Lichtbilder zeigten bemerktenswerte Gutshöfe (darunter Kadinen), charakteristische alte Bauern häuser, Typen aus noch echt bäuerlichen Gegenden und deren Gebräuche und Sitten, ein von den Russen 'angezündetes Bauern haus in Ostpreußen, ferner hervorragende Zuchttiere aus fast allen in der Landwirtschaft gehaltenen Tiergattungen, Bilder vom landwirtschaftlichen Obstbau und zuletzt ein U-Boot und ein von diesem versenktes untergehendes Handelsschiff, mit dem jedesmal ein Teil von Englands Brot hinab in das Meer sinkt. Wenn, so schloß der Vortrag, nach unserem Endsieg neues Glück und neuer Wohlstand unserem Volke ersprießen wird, dann danken wir es nächst unserem Heere und all unseren tapferen Streitern zum großen Teile unserer deutschen Landwirtschaft, unseren kernigen deutschen Bauern. Auch dieser Vortrag löste lebhaften Beifall aus. Herr Benne witz dankte beiden Vortragenden für ihre interessanten und lehrreichen Darlegungen. Äsrim? Der lange, furchtbare Krieg, das große Sterben, die Riesenmasse von Kummer und Not ... Ja, es ist menschlich begreiflich, wenn sich schwere und schwerste Zweifelsfragen in die Seelen geschlichen haben. Warum, warum das alles? Es ist ost wie ein persönliches Schreien und Seufzen. Ist denn das lichte, wärmende Feuer der Gottesliebe vom Sturm wind der Zeit völlig ausgeblasen worden? Oder sollte das überhaupt nur ein schönes Phantasiespiel gewesen sein, das hohe Wort vom Gott der Liebe? Dürfen, können wir noch an einen Gott der Liebe glauben? Ach, man kommt nicht davon los, und es wird ein ganzes Fragenbünde!, in dem doch immer wieder die eine zitternde Frage mit besonderem Wehmutstone klingt: „Warum es soviel Leiden, so kurzes Glück nur gibt, — du armes Herz, warum?" Man weist auf die Macht des Bösen. Und, so seltsam es sich anhören mag, ganz unmittelbar mit solchem Hinweis ist auch schon ein gewisser Trost verbunden. Das Böse hat einen ihm aufgezwungenen Beruf: Es mutz sich selbst zer stören, und noch mehr, es ist und bleibt „ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft". Das ist eine kulturgeschichtliche Wirklichkeit. Im großen göttlichen Regierungsplane hat das Böse zwar seine Auswirkung, aber das sieghaft Entscheidende ist immer Gott und das Gute. Und über alledem erhebt sich die gewichtige Gegenfrage: Mutz denn das göttliche Walten nur unser persönliches Wohlbefinden im Gefolge haben, das, was man so gemeinhin „Glück" nennt? Jesus, war gewiß nicht „glück lich" im üblichen menschlichen Sinne, und dennoch wußte er sich in Gottes Liebe wunderstark, geborgen und verankert. Gottes Liebe hat es mit dem innersten Werte des Menschen zu tun. In diesem Barmherzigkeitsgeiste kümmert er sich um den einzelnen und um die ganze Welt. Heilige Liebe ist es, die eine wunderbare Erziehungsweisheit entfaltet. Wie sagte doch der kluge, feinfühlige Hilty: „Wer in seinem Leben zu wenig gelitten hat, bleibt rettungslos mittelmäßig!" Diese Liebe möchte den Zug zum Ewigen in uns wecken und fördern. Sie vereinigt sich mit einem demütig starken Dennoch-Glauben, der einen letzten und höchsten Ausgleich aller Rätsel und Dun kelheiten in einem besseren Jenseits kennt und freudig er wartet. Solche Elaubenserkenntnis ist kein« kühle Verstands sache, sondern «ine seelisch: Kraft, die sich selbst als ein Eottes- g«sch«nk begreift und betätigt. Wenn man dies alles ruhig erwägt und von neutestamentlichen Lichtstrahlen umleuchtet sein läßt, dann mag man's wohl MreÄ wie dem schweren „Warum?" doch manches von seiner drückenden Last ge nommen 'ist, wenn — nun ja, wenn man eben Ernst macht mit seinem Christentum. Dr. A. Sch. —— i Vermischtes ' Die erste Ledigensteuer. Der reutzilche Landtag in Greiz nahm einstimmig dre Vorlage über Erhebung einer Ledigen steuer an. Danach erhöht sich für unverheiratete, verwitwete oder geschiedene oder dauernd von ihrem Ehegatten getrennt lebende Steuerpflichtige der Steuersatz bei Einkommen von 4500 bis 8000 Mark um S Prozent, bis 12 060 Mark um 10 Prozent, bis 18000 Mork um 16 Pro;., bis 24000 Mark um 20 Proz., bis 30000 Mark um 30 Proz. Verantwortlich« Redakteur: Ernst Roßberq in Frankenberg 1.S — Druck und Verlag von E. <8. Roßberg in Fr»nkmb«g t-S-