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Frankenberger Erzähler Unterhaltungsbeilage zum Frankenberger Tageblatt Wird jeder Mittwochs-, Freitags- und Sonntags-Nummer ohne Preiserhöhung des Hauptblattes beigegeben. Vr. «S Mittwoch dm 10. April 1918 Zeichnet! In allen Stürmen, in aller Not Wird weiter beschirmen der treue Gott Die Braven, die täglich mit ihrem Blut Die Heimat schützen mit Heldenmut. Zeige Du nun, datz Du ihrer wert, Hilf, datz der Friede wiederkehlt; „Zeichne" als guter deutscher Christ, „Zeichne", und wenn nur wenig es ist! Wie wär's, wenn der Krieg tobt' in unsren Stratzen, Zerstört würden alle Bauten und Kassen, Der Feind Dich jagte von Hof und Haus Und brennte Dir Gut und Habe aus? Davor schützen Dich unsre Getreuen, Sie halten tapfre Wacht täglich von Neuem — — Zeige Du nun, datz ihrer Du wert, Zeichne, datz der Friede wiedertehrt. Gehörst Du auch nicht zum deutschen Heer, Co fühl Dich verpflichtet zur „Heimat-Wehr", Die mutz jetzt wie eine Mauer stehn Und über ihr das deutsche Banner wehn. Deutsch sein, heitzt's jetzt, und brav und treu Betätige dies täglich wieder aufs Neu'! „Zeichne" als echter deutscher Mann, Frauen und Töchter, schlirtzrt Euch an! Jeder geb sein Erspartes mit freudigem Mut — Er sichert dadurch sein irdisches Gut, Erfüllt gegen die Tapfren die heilige Pflicht, „Zeichnet" und sagt nicht, Ihr könntet es nicht! Es kommt auf die Höhe der Gabe nicht an, Doch darauf, datz dabei ist Jedermann. „Zeichne" als guter deutscher Christ, „Zeichne", und wenn noch so wenig es ist! MMSAOtt Roman von H. Lourths-Mahler. 15 Nachdruck verbeten Jutta war endlich nach Hause zurückgekehrt. Ohne das Reittleid abzulegen, trat sie in den Salon und lietz Herrn von 'Sonsfeld zu sich bitten. Dieser folgte ihrem Ruf sehr schnell und warf bei feinem Eintritt einen prüfenden Blick auf die reglos am Fenster stehende Mädchengestalt. „Gnädige Komtesse haben befohlen," sagte er mit ele gischer Miene. Jutta wandte sich ihm zu. Erst jetzt warf sie Hut und Reitpeitsche auf den Tisch und zerrte nervös die Handschuhe von den Fingern. Ihr Haar, sonst so 'sorgfältig ge ordnet, hing wirr um ihren Kopf. Sie war sehr bleich. Tiefe Ringe umschatteten ihre Augen und hochmütiger Trotz lag auf ihrem Gesicht. Ohne Sonsfeld anzublicken, sagte sie hastig, als habe sie Eil«, die Worte loszuwerden: „Herr von Sonsfeld, Sie sagten mir vor wenigen Stun den, datz sie mich lieben, ohne mich um meine Hand zu bitten. Ach erwarte, datz Sie das Versäumte nachholen." Er trat in freudiger Bestürzung auf sie zu, und diesmal war der Ausdruck seines Gesichtes echt, ebenso der erlösende Seufzer, der seiner Brust entstieg. „Komtesse — gnädige Komtesse — Sie treiben doch nicht Spott mit dem Herzen eines Mannes, das nur für Sie schlägt?" „Nein, es "ist mein Ernst. Ich will Ihnen auch mein seltsames Verhalten erklären. Wissen Sie, datz Frau von Sterneck meine Mutter ist?" „Ja, Komtesse, ich war in den letzten Jahren der einzige Vertraute der Aermsten und Zeuge ihrer schmerzvollen Sehn- * sucht nach ihrem Kinde. Als ich noch ein Knabe war, kam Ihre Mutter zu meinen Eltern. Mein Oheim brachte uns die Unglückliche. Ihre Schönheit, ibr Leid machte einen tiefen Eindruck auf mich Ich hatte sie lieb vom ersten Tage an. Bis zum heutigen Tage weitz ich alles, was mit Ihnen zu sammenhängt, von ihr." Jutta stützte sich auf den Tisch und pretzte ihre fieber- trockenen Lippen aufeinander. Dann sagte sie leise: „<-o wissen Sie auch datz mein Erohoater mich an 'Götz Gerlachhausen verhandeln wollte?" Er blickte wie erschüttert zu Boden. „Ich glaubte, Hatz Herr von Gerlachhausen bereits ein Recht an Sie hätte. Komtesse. Um so hoffnungsloser erschien mir meine Liebe." Sie trat auf ihn zu, dis Stirn finster zusammenziehend. „Ich lasse mich aber nicht verhandeln, Herr von Sonsfeld. Frei will ich über meine Hand verfugen und sie dem Manne reichen, der mich treu und m-eigennützig liebt. Ich bin Herrin meiner selbst. Datz ich Sie so liebe, wie Sie mich, kann ich nicht behaupten, aber ich schätze Sie hoch und empfinde freund schaftlich für Sie. Lassen Sie mir Zeit, vielleicht rwiders ich eines Tages ihre Neigung. Wollen Sie es daraufhin mit mir wagen? Ich brauche einen männlichen Schutz. Vielleicht lätzt Herr von Gerlachhausen die Maske der Freundschaft fallen und zeigt sich mir als Feind. Wollen Sie mein Schützer sein?" Sonsfeld fatzte wie überwältigt von Glück ihre Hand und pretzte sie an die Lippen. „Jutta, teure, geliebte Jutta, Sie machen mich zum Glücklichsten der Sterblichen. Ob ich will! Mit Heitzer Freude! Wehe demjenigen, der es wagt, Ihnen auch nur mit einem Blick zu nahe zu treten! Heitzen, innigen Dank für Ihr Vertrauen! Ich weitz, es wird mir gelingen, Ihr Herz zu ge winnen. Meine grenzenlose Liebe kann nicht ohne Erwiderung bleiben. Unermüdlich will ich darum werben." Sie starrte vor sich hin. Seine Worte klangen wie aus weiter Ferne an ihr Ohr. Stumm lietz sie es geschehen, datz er ihre zitternden Hände mit Küssen bedeckt«. Sie in seine Arms zu nehmen und ihren Mund zu küssen, wagte er nicht. Er wutzte, datz sie wie im Fieber handelte und hütete sich, sie durch unangebrachte Zärtlichkeit zu erschrecken. Jutta trat von ihm zurück. „Bitte, lassen Sie die Leuts herbeirufen, lieber Herbert — auch meine -Mutter. Sofort werde unsere Verlobung proklamiert. Man soll sich in der Halle versammeln." Sonsfeld verneigte sich und gab einem Diener dis nötigen Weisungen. Jutta lehnte blatz und müde mit brennenden Augen am Kamin. Sonsfeld trat neben sie und zog wieder und wieder ihre Hand an die Lippen. Als ihre Mutter emtrat, atmete Jutta auf und trat ihr entgegen. 'Sie sah nicht den heimlichen Blick des Einverständnisses, dep diese mit Sons feld duschte. „Meine liebe Mutter, Herbert und ich, wir haben uns verlobt. Du brauchst Dich nicht mehr von ihm zu trennen und hast nun zwei Kinder, die Dich lieben und für langes