Volltext Seite (XML)
„Gnädiger Herr!" rief sie erschrocken. Gr nickte. »Ja, Fran WohlgLmnt, Komtesse Ravenau hat mir ihre Freundschaft entzogen. Ungerufen komme ich nicht mehr. Mit Ihrer Mitteilung kann ich leider nichts anfangen, wenn sich die verschwundenen Dokumente nicht auffinden lassen. Aber lichten Sir ein wenig auf Ihre junge Herrin. Sie braucht treue Herzen — jetzt wohl nötiger als je, und wenn Sie wahrnehmen, daß sie eines zuverlässigen Freundes bedarf — dann rufen Sie mich. Vergessen Sie das nicht." - „Ich will mir das wohl merken, gnädiger Herr. Aber bitte, sagen Sie mir noch eins: Soll ich Komtesse erzählen, was ich in jener Nacht gesehen habe?" Götz dachte einen Augenblick nach. Dann sagte er entschlossen: „Ja — wenn sich einmal die Gelegenheit dazu bietet — ! und wenn ihre Traurigkeit sich nicht verliert. - Wird f« glück licher, so ist es besser, sie erfährt, nichts von der Sache." „Bielen Dank, gnädiger Herr, danach will ich mich richten - und wohl achtgeben. Wenn ich nur wüßte, wo „sie" die - Dokumente versteckt hat!" Götz lachte bitter. „Die sind sicher vernichtet, meine gute Frau Wohlgemut, s Aber nun kehren Sie ins Haus zurück. Es ist nicht nötig, daß ! wir gesehen werden." Er bestieg wieder fein Pferd, grüßte die alte Frau noch ! einmal freundlich und ritt schnell davon, während Jettchen i sich ins Schloß begab. Götz grübelte auf dem ganzen Nachhauseweg über das nach, was er eben in Ravenau erlebte. Juttas blasses Ge sicht wollte ihm nicht aus dem Gedächtnis. Der Schmerz über ihren Verlust ging unter in Sorge um ihr Glück. Er sah sie von allerlei Gefahren umgeben, vor denen er sie nicht fckützen konnte, weil sie einem anderen das Recht dazu gegeben hatte. Aber war Hstbert Sonsfeld der Mann, sie zu schützen und Zu hüten? War er nicht mit dieser Abenteuerin nach Ravenau gekommen — als Werkzeug ihrer Pläne und Ränke? O, er durchschaute sie. Um ihn selbst unschädlich zu. machen, brauchte sie diesen Sonsfeld. Dem glänzenden Kavalier war es wohl ein leichtes gewesen, 'Juttas Herz zu betören, "ihre ! Liebe zu gewinnen. Und um die freundliche Neigung zu i ihm selbst gründlich zu ersticken, braute die schlau- Dame > ein Tränklein aus Wahrheit und Dichtung. Das brachte sie Jutta bei, um sie mit Mißtrauen gegen den bisherigen z Freund zu erfüllen. Fortsetzung folgt. Kei «Mem Marine i« Hanckem 9. Kriegspferde Ueber 100 Pferde gebietet Kapitänleutnant H., seines Zeichens im Frieden Polizeikommissar. Er gibt mir rn'liebens würdigster Weis« einige interessante Angaben über die schwere Arbeit der vierbeinigen treuen Helfer unserer feldgrauen'Ma rine. Es ist «in rein menschliches Gefühl, das auf einer Wanderung durch den Bereich des Marinekorps sich nicht allein mit den Männern beschäftigt, sondern auch den braven Gäulen und ihrer anstrengenden Tätigkeit Interesse entgegen- brtngt. Da war „Ilse", die Oldenburger Stute, die im August 1914 ihre fetten Weiden verlassen mußte, um mit dem Regiment ins Feld zu ziehen. Ferner „Claus", zwar ein guter Läufer vor unserem Fuhrwerk, der aber den Fehler hatte, bei dem geringsten Hindernis zu scheuen, seitdem ein mal auf der Weide eine englische Fliegerbombe eingeschlagen und mehrere Gäule in Stücke gerissen hatte. Bei der Schilderung des Kapitänleutnants H. .erstehen vor meinem geistigen Auge scharfumrissenr Bilder von nächt lichen, mühevollen Fahrten, die besonders hart im Herbst 1914 waren, als es hieß, mit größter Beschleunigung di- schweren Geschütze in Stellung zu bringen. In Nacht und Nebel, bei ^rieselndem Regen, durch abgrundtiefen Schlamm .matzten die> Kanonen nach vorn geschafft werden. 12 Pferde vor einer 15-Zentimeter-Haubitze waren die Regel, 20 vor einer 21-Zentimeler-Haubitze waren nichts Außergewöhnliches. Für die größten Brummer, die 28-Zentimeter, mußten so gar bis zu 30 Pferde angespannt werden. Aber was ver mochte aller Pferdeaufwand gegen den unglaublich weichen Boden, in dem die Geschütze manchmal bis zu einem Meter tief versanken? Doch die Marine-Kavallerie, asje Kapitän leutnant H. seine Truppe scherzhaft nennt, sie wurde aller Schwierigkeiten Herr. Der Will« war es, der deutsche Wille, der auch hier stets zum Ziele führte. Glitt auch manch-braver Gaul vom 'schmalen-Feldweg ab und versank im tiefem, wassergefüllten Granattrichter, waren auch Zusammenstöße und Festfahren an irgendeinem Hindernis an der Tagesordnung, ja, fiel sogar ein ganzer Eeschützzug in stockdunkler Nacht von der schwanken Holzbrücke herunter, Pferde, Leute und Geschütze, lag auch schweres feindliches F-urr aus den Tn- märschwrgen, — „durch!" war die Losung, und sie brachte den Erfolg. „Gestern waren meine sämtlichen 105 Pferde zum Muni tionstransport unterwegs. Zwischen 4 und 5 Uhr sind sie gekommen. Seit 1914 ist keine Nacht vergangen, in der nicht mein« Pferde unterwegs waren." Welche Unsumme von Kriegsarbeit steckt hinter diesen einfachen Worten! Nun glaube man aber nicht, daß mit der Vorbringung unserer Artillerie in den ersten Kriegsmonaten dies: schwerste Arbeit beendigt gewesen sei. Weit entfernt. Nur di- schweren Geschütze stehen zum Teil noch an derselben Stelle, wo man sie im Herbst 1914 aufgebaut. Feldgeschütz: und Haubitzen unterliegen da gegen häufigem Stellungswechsel, wenn sie zur Beschießung eines gewissen Frontabschnittes einen neuen Platz einnehmen müssen. Oder die. feindlichen Flieger haben die Stellung emer Batterie erkundet, und das gegnerische Feuer darauf geleitet, das die Batterie in tagelangem Hämmern so gut eindeckt, daß ein Wechsel der Stellung ratsam erscheint. Dann gibt es für Menschen und Pferde wieder ein mühseliges Stück Arbeit. Der weich: Boden, der Schlamm, das Grundwasser und die Granattrichter, die Weglosigkeit, die Wassergräben. Dazu die Dunkelheit. Aber es muß geschafft werden, und es wird geschafft. Sehr unangenehm ist bei solcher nächtlicher Arbeit das feindliche Störungsfeuer, besonders wenn Gasgranaten ge schossen werjden. Zwar sind ja Menschen und Tiere mit Gasmasken ausgerüstet, wenn aber solch teuflisches Geschoß einschlägt und die giftigen Gase entweichen, dann ist's zu spät zum Tlmbinden der Masken, zwei Atemzüge können den sicheren Tod bringen. Viel Sorgen macht di- Futterfrage. Es geht damit den Pferden wie den Menschen. Zwar im Sommer, wenn die Weiden mit fettem Gras bestanden sind, macht die Füt terung weniger Schwierigkeiten. Dahingegen im Winter und zu Beginn des Frühlings hat man zeitweilig große Sorge, die Tiere entsprechend ihrer schweren Arbeit zu ernähren und leistungsfähig zu erhalten. Mit rührender Hingabe machen die Leute dann oftmals in ihren Freistunden weite Wege, um vorne bei den Stellungen Wiesen aufzufinden, die beson ders hohes, fettes Gras tragen, das dann schleunigst abge- maht und eingefahren wird. — Auf dem großen Eutshof, der schon recht häufig das Ziel feindlicher« Fliegerbomben war, ist die Pferdekolonne untergebracht. Schwere Belgier, stämmige Dänen und Ostpreußen, rassige Oldenburger und Hannoveraner. Alle hat das Kriegsschicksal hier zusammen geführt, den Brauereigaul, das Ackrrpferd, di« Droschfen- mähre und das edle Roß. Scheu, furchtsam und müde sehe ich manch glänzendes Auge auf mich gerichtet. Mir ist, als läge eine stumme Frag« in Liesen Pferdeaugen, dieselbe Frage, die nicht von den Lippen verschwinden will: „Wie lange noch? Wer doch dis Frag« beantworten könnte! Brauch: ich mich des Mitleids zu schämen, das ich hier mit den armen Kriegspferden empfinde? Doch ihr treuen, vier beinigen Helfer des Menschen, auch für euch wird es wieder eine Heimkehr geben, wenn erst der siegreiche Frieden erstrttten ist. Lebhaft male ich mir im Geiste aus, mit welch freudigem Wiehern ihr eure Stalltür in Oldenburg und Holstein, in der Marsch und in Masuren begrüßen werdet, wie auch ihr Tier« die Freude der Heimkehr empfinden werdet, genau wie jeder unserer braven Krieger. Möchte doch die Heimat sich auch manchmal dankbar des schweren Loses .unserer Kriegspferde erinnern. Seleitrug mit MckerMrit Es ist schon häufiger darauf hingewiesen worden, wie wenig vorteilhaft das von den Engländern in den Himmel gehobene Geleitzugssystem in wirtschaftlicher Beziehung für die Handelsschiffahrt ist. Hierzu liefert das bekannte eng lische Handelsblatt „Journal of Commerce" vom 8. März wieder einen bezeichnenden Beitrag. Eine Zuschrift teilt dem Blatt nämlich mit, daß im Januar ein Dampfer auf einer