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Lranlicnbcrgcr ErMler Unterhaltungsbeilage zum Frankenberger Tageblatt Wird jeder Mitwochs-, Frertags- und Sonntags-Nummer ohne Preiserhöhung des Hauv'b^anes beigegebe.. M. SK Sonntag de« 31. März 11118 Vie vnergloclre Hört ihr, wir das Glöcklern klingt, das so einsam schlägt? — Euch die Seele neu verjüngt und das Herz bewegt? — Heut' zum Osterfeiermorgen singt es euch ein Lied, Daß verschwinden Weh und Sorgen und der Kummer 'flieht! Tönend schwebt es, ungetrübt! S'ist, als müßt cs künden: Dem, der Arühlingsatem liebt, vergibt Gott alle Sünden! — Dieser schlichte, eh'rne Schall ist wie ein Gebet, Dem ein hoher «ehnenswall golden aufersteht. — Das uns des Erlösers Leiden wahrhaft wider spiegelt Und den Wert der ird'schrn Freuden tränenschwer besiegelt. Das uns aber Trost verleiht, der uns selig macht, Tragen Hilst das Kreuz der Zeit, nach gewonn'ner Schlacht! — Sieh, drin Glück noch in dir lebt, das du einst besessen. — Was die Auferstehung hebt, — kannst du nie vergessen! — Hans Jesora. Er sah sie lauernd an. Sie gab den Blick zurück. „Unbesorgt. Derartige wertvolle Papiere verstehe ich gut zu hüten. Wir beide verstehen uns zu gut, um leichtfertig einander zu vertrauen." Er lachte in sich hinein. „Sei nicht bissig, teuerste Tante. Bin ich erst Herr von Raoenau, sollst Du Dich wundern, zu welch vornehmem Charakter ich mich auswachse. Wir beide brauchen doch ein ander bei diesem Coup sehr notwendig, unsere Interessen laufen zusammen. Und was das Komtetzchen anbetrifft, so mach' Dir keine Sorgen. Sie soll es gut bei mir haben. Ich werde nicht vergessen, daß sie mich mit ihrer kleinen Hand aus einer Misere greulichster Art in einen sturmfreien Hafen rettete. Ein Unmensch bin ich nicht, wenn ich nicht unbedingt mutz. Reiche Leute haben es so leicht, tugendhaft zu sein. Sicher finde ich auch .noch Geschmack daran." „Diese Bedingung mutz ich auch noch nachträglich stellen. Jutta soll es nicht zu bützen haben, wenn sie Deine Frau wird." „Mein Wort darauf — und ehrlich", erwiderte er fest und reichte ihr die Hand. Sie berieten noch mancherlei. Schlietzlich fragte Her bert auch nach Johanna. „Wie stellst Du Dich zu ihr? Meinst Du nicht, daß es gut sein wird, sie bald zu entfernen?" „Sie hat bereits ihre Stellung gekündigt. Es kommt nur noch darauf an, ihr die versprochene Summe zu schaffen." „Hm — war ein Kitzchen leichtsinnig von Dir. Hättest das Zöschen billiger haben können nach dem kleinen Dieb- iiahl. Die Angst um ihren Liebsten hätte sie auch ohnedies gefügig gemacht." „Aber nicht halb so umsichtig. Di« Summe wird nicht ««sonst geopfert. Autzerdem wäre es nicht gut, wenn sie mit leeren Händen abzöge. Man weitz, wozu die Not den Menschen bringen kann, und dumm ist Johanna nicht." „Nun, das überlasse ich alles Dir, chere' tante! Ich bin müde, gute Nacht! Träume angenehm von künftigen Herr lichkeiten. Ich will es auch tun!" Frau von Sterneck blickte ihm eine Weile müde und schlaff nach. Ein tiefer Seufzer hob ihre Brust. Wenn man auslöschrn, ungeschehen machen — noch ein mal rein und schuldlos sein könnte — jo, wie dieses Kind. — So flüsterte sie vor sich hin, die brennenden Augen mit der Hand bedeckend. Aber dann richtete sie sich entschlossen auf und machte eine Bewegung, als wollte sie ein« drückende Lasl"abschütteü. „Nur nicht rückwärts blicken, nicht sentimental sein, sonst bin ich verloren. Jetzt hsitzt es: Vorwärts und klaren Blick behalten. Ich will heraus aus diesem Elend." Herbert ^on Sonsfeld verstand es ausgezeichnet, die Damen zu unterhalten. Jutta gab sich mit Vergnügen dieser anregenden Unterhaltung hin. Sie empfand sein« Anwesen heit als etwas sehr Angenehmes. Götz von Gerlachhausen wurde das Herz schwer, als er bei seinem Besuche mit seiner Mutter bemerkte, wie fröhlich und vertraulich Jutta mit dem schönen jungen Mann ver kehrte. Er war Juttas Liebe nicht sicher genug, um diese» Verkehr ohne Eifersucht zu beobachten. Datz Juttas Augen trotz allein wieder verstohlen uns voll Liebe zu ihm Hinüberschweiften, gewahrte er nicht. Die beiden Männer matzen sich mit scharfen Blicken, als wollten sie gegenseitig ihre Kraft für eine heitze Gegnerschaft prüfen. Lietz Götz aber in seiner ehrlichen Art «ine gewisse Reserve gegen Herbert an den Tag treten, so Leigte di^er sich ihm gegenüber liebenswürdig und zuvorkommend. Aus dem Heimweg zeigte Götz' Mutter, die in Raoenau ganz von Dolly von Sterneck in Anspruch genommen worden, feine gedrückte Stimmung. Sie erfuhr durch.Fragen als bald seinen eifersüchtigen Kummer. Leider hatte sie Jutta und Sonsfeld nicht beobachtet. Um Götz, wenn möglich, Beruhigung zu schaffen, fuhr sie am nächsten Tage unter irgendeinem plausiblen Vorwand wieder nach Raoenau. , Schon beim Empfang durch Zutta erkannte sie^ datz kein Grund zur Beunruhigung vorlag. Erglühend fragte Jutta, ob Götz nicht mitkomme, und sah sehnsuchtsvoll nach der Tür, ob er nicht eintrete. Sie forschte unrühig nach dem Grunde des Ausbleibens. Auch sonst verrieten allerlei K.einig- keiten der Mutter, datz Götz keine Veranlassung zur Eifersucht habe. Es entging ihr nicht, datz Sonsfeld trotz seiner Liebens würdigkeit und seines bestechenden Aeutzeren für Jutta nichts anderes war, als ein interefanter, angenehmer Unterhalter. Natürlich hütete sich Sonsfeld, in ihrer Gegenwart seine Absicht irgendwie zu verraten. Beruhigt trat sie nach herzlichem Abschied von Jutta den Heimweg an. Zu Hause nahm sie sich ihren Sohn beim Rockknopf. „Zuerst herzliche Grütze von Jutta, und dann die Mit teilung, datz Du auf den Sonsfeld nicht eifersüchtig zu sein brauchst. Der ist ein Blender, den Jutta mit ihren klaren Augen bald genüg durchschaut haben wird. Sie findet ober flächliches Wohlgefallen an dem schönen Menschen, wie sie sich an einem Adonis aus Marmor erfreuen würde. Autzerdem vertreibt er ihr auf amüsante Weife die Zeit. .Das ist alles. Dir, mein lieber Junge', kann ein solcher Windbeutel nicht gefährlich werden. Dazu hat Dich Jutta viel zu lieb. Ver standen?" Götz kützte seiner Mutter herzlich die Hand. „Deine Zuversicht kann Berge versetzen, liebste Mama." Sie lachte. VUHr