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-ISo oass Areitaq, de» 16. Aebmar 1918 19 geschah. Sie Feindin, daß wollte. Nur sie, Güldane sich vor ihr zu dürfen, um sein zerbrochenes Lebensglück weinen muhte. Sie betete für Günter und für die beiden Schwestern, -denen der Heimgekehrte eins Welt zertrümmerte. Und während sie sie niemals mehr freiwillig di« Burg betreten das Bestreben, zu helfen, zu retten, beflügelte nicht, in den Abgrund stürzen zu lassen, der austun muhte, wenn plötzlich Graf Joachim von Diethardtshausen," gab der Sanitätsrat gepreßt zurück. „Der Heirat stand gesetzlich nichts im Wege, da ja einwand frei Ihr Ableben, Erlaucht, bescheinigt war." „Einwandfrei bescheinigt?" lachte Joachim gellend auf und ballte die Fäuste, und plötzlich den Sanitätsrat an beiden Schultern packend und ihn schüttelnd, schrie er ihn an: „Und Sie lassen mich hier stehen und zuhören, wie die Hochzeitsglocken läuten, anstatt mir gleich ins Gesicht zu schreien, wie man mich betrog?" Und sich von den ihn wieder umklammernden Armen des Kindes freimachend, rief er zornig: „Ich will ihnen ein Hochzeitslied da oben geigen, ich will." Wie ein Rasender stürmte er davon. „Ick gehe mit Ihnen," rief der Sanitätsrat, nach seinem Hut greifend und dem Davoneilenden nachstürzend, während er der in den Garten tretenden Hilde zurief, sich des Kindes anzunehmen. Holm lag lang ausgestreckt an der Erde und bih die kleinen Zähne in den Sand. Herzzerreißend jammerte er, als Hilde sich über ihn beugte, nach seinem Vater, der ihn mit nehmen sollte; nichts vermochte ihn zu beruhigen und zu trösten. Mit Hilfe der Magd trug dann Hilde das heftig schluchzende und fiebernde Kind ins Haus und brachte es zu Bett. Scheu standen Hildes Kinder von fern und flüsterten sich geheimnisvoll zu: „Holms Vater ist von den Toten auf erstanden — aber unser Vater kommt nicht wieder — nie gepreßt. „Man hat mich für tot gehalten?" „Die amtlichen Mitteilungen darüber wurden Ihrer Fa milie zugestellt, Erlaucht." Gras Joachim strich sich, als müsse er sich erst be sinnen, über die hohe Stirn, von der er den alten Filzhut zurückgeschoben hatte, während Holm sich selig an ihn schmiegte und mit schelmischen Augen zu ihm aufsah, als wollte er sagen: „Seht ihrs, ich habe es ja immer gewußt, daß Vater noch leht." „Ja, sind denn meine Nachrichten nicht hierher gelangt?" fragte der Graf heiß erregt. „In der ersten Zeit nach meiner schweren Verwundung war es mir ja nicht möglich, Nachricht zu geben, aber vor acht Monaten schrieb ich wiederholt aus der Gefangenschaft, und dann, nach meiner abenteuerlichen Flucht nach Amerika, ließ ich verschiedenemale von mir hören. Ich wäre auch" jetzt hier nicht unvorbereitet erschienen, aber als ich heute früh endlich in Hamburg anlangte, war meine geringe Barschaft, die ich mir als Kohlenschipper auf dem Dampfer verdiente, so zusammengeschmolzen, daß es nicht mal mehr zu einem Telegramm nach Ettersrode reichte. Ich hätte mich ja nun eigentlich sofort auf der Kommandantur melden müssen — man hätte mir dann wohl auch aus- geholsen — aber ich war allen Auseinandersetzungen nicht mehr gewachsen, so ungestüm drängte es mich nach Hause." Der Sanitätsrat gewahrte, daß Gras Joachim sich uur noch mühsam aufrecht erhielt. Er drückte ihn in einen Garten- > Puhl und mischte schnell eine kühle Limonade, die er Lem Erschöpften reichte, während Holm ihn nicht aus den Augen ! ließ, a>s könnte ihm der geliebte Vater jeden Augenblick wieder entrissen werden. „Tot?" murmelte Joachim vor sich hin, indem er sich mühte, seine hohe Gestalt wieder aufzurichten — „das ist gräßlich, Doktor, ganz gräßlich" — und plötzlich empor- schneu.nd und die Arme des Kindes von seinem Halse lösend, fuhr er auf: s „Was sehen Sie mich nur so seltsam an, Herr Sani- ; tätsrau Es ist nicht allein der Schrecken darüber, daß die : Toten wi --rkommen — es ist noch etwas anderes in Ihrem ' Gesicht. Warum ist Holm hier? Ist Güldane krank, oder ist sonst etwas vorgekommen auf Ettersrode?" Holm hüpfte plötzlich von einem Bein aus das andere. „Sie feiern Hoch zeit da oben, Vati," meldete er wichtig. „Na, die werden Augen macyen, wenn du kommst — nun brauche ich keinen anderen Vater." Graf Joachim stieß den Jungen heftig von sich, so daß Holm laut aufweinte. „Hochzeit?" schrie Joachim und seine Stimm« hatte nichts ! Menschliches m-hr. „Wer feiert Hochzeit auf Ettersrode?" „Ihre Erlaucht Gräfin Güldane mit Herrn Wolfgang Heilige Zeiten Ein Roman aus der Gegenwart Don Anny Wothe. Nachdruck verboten mehr." Und sie schlichen auf den Zehenspitzen, so heilig war ihnen jetzt alles rings umher. Christa-Maria jagte, als ihr plötzlich die erschreckende Gewißheit wurde, daß der Heimgekehrte wirklich Gras Joachim von Ettersrode war, delk Burgberg hinan, gehetzt von dem einen Gedanken, das Gräßliche zu verhindern, das dort oben dachte nicht mehr daran, daß Güldane ihre ihr gegenüber stehen würde. Christa-Maria betete in ihrem Herzen, als sie vorwärts hastete, daß sie nicht zu spät kommen möchte. Sie betete auch sür die alte Frau da oben, die so schwere Bürd« trug, und die neben dem Glück, den Sohn wieder an ihr Herz drücken Tüten Leben hat mich in wirrem Laus An Häusern und Herzen vorbeigeführt. Viele Türen sprangen auf, Eh' meine Hand noch dir Klst -ührt Manche wichen beim ersten Wort Und ließen mich ein und nannten mich du — Aber die eine Tür« dort Birgt all mein Glück — und die Tür blieb zu. E. v. Watzdorf-Rachoff. Ein bitteres Lächeln zuckte um den bartlosen Mund des Fremden, den tiefes Leid^mit scharfen Runen gezeichnet, als er mit leisen Worten sagte: „Auch Sie kennen mich nicht mehr, Herr Sanitätsrat? Nicht eine Spur freudiger Ueber- raschung, nur starres Entsetzen steht in Ihrem mir so freund lich in der Erinnerung haftenden Gesicht." „Er ist so erschrocken, der Onkel," besänftigte Holm den Mann, der sein bleiches Antlitz wie müde gegen die Gartm- mauer lehnte, „sie glauben nämlich alle hier, du wärest ge storben, nur Tante Marlene und ich — wir haben es nicht geglaubt." ' Jetzt schwankte der Mann so bedenklich, daß der Sani tätsrat schnell Zugriff, um den Wankenden zu stützen, während er fast heiser hervorstieß: „Ja, man war aus Ettersrode des Glaubens, daß Erlaucht gefallen — schon lange — vor mehr als Jahresfrist." Frankenberger Erzähler Unterhaltungsbeilage zu« Fraunberger Tageblatt Wird jeder Mittwochs-, Freitags- und Sonntags-Nummer ohne Preiserhöhung des Hauptblattes beigegebe:..