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„Nern," gab Kettler ernst zurück. „In diesen schweren Tagen soll jeder , so viel an Elücksbrwutztsein in sich auf- speichern, als er nur» irgend aufzunehmen vermag. Denn nichts macht den Gewissenhaften tüchtiger in Gedanken und ''Taten, kraftvoller im Willen zum Wirket „Kriegstrauung!" entfuhr e^ Lotti, ihre Augen bettelten den Vater um Gewähr an. Der Kommerzien.at sah eine" Weile stumm da. Es kämpfte-und arbeitete in ihm und seine Stimm« zitterte, als er dann sagte: ,Menn Lotti es will, M es so sein. Ich habe kein Recht, euer Glück zu hindern) das vieyeicht ef» unerbiitr liches Ge schick mit einem einzigen Schwertstreich endet. Ein Held, der für sein Vaterland streitet, den wird, es beschwingen, - wenn er weist: daheim gedenk? feiner ein liebendes W'D und betet für ihn. Und wenn er fällt, wird er noch im Tode iw, dem Gedanken an sie selig sein." Der Kommerzienrat stand auf, feine tiefe Bewegung zu verbergen. „Also Kriegsträuung, Kinder", sagte er kurz. "Beide fielen, sie ihm nm den Hals. -- . „Und jetzt Vater", entschied Lotti, „jetzt nehmen wir Bodo mit ins Himmelreich." s z,Na, ich danke", wehrte dieser,^, ' rzu verspüre ich gerade jetzt durchaus keine Luft, i Im übrigen bin ich ja schon im Himmelreich." - „So heißen ja unsere Werke, Schatz. Eine Stunde Eisen? bahnfahrt, dann noch «in bißchen mit dem Wagen. Morgen kannst du nach' Ettersrode zurück und am Sonntag ist —- wenn du willst — Hochzeit bej uns im .Himmelreich"." „Du hast es ja recht eilig," neckte der Kommerzienrat. . „Natürlich", triumpste Lotti auf. O,, nimm die Stunde wahr, eh' sie entschlüpft," singt schon-irgend ein Dichter." „Ich sage überhaupt nichts mehr," gab der Kon nerzien- rat zurück und bezahlte die Rechnung. " ' » Und dann schritt-Lotti selig an Bodos A n durch d-p - alten Straßen Hildesheims. Bodo wollte zur Pest, um seinem. Vater sein Glück zu telegraphieren und auch nach Etters rode und an Lhtista-Mgria eine Depesche zu senden. . Er war noch immer wie in einem Taumel, und Lottis Vater sah voll tiefer Rührung aus die Echoen glücklichen, jungen Menschenkinder. Seiner wartete ja noch die höchst unangenehm« Auf gabe daheim, dem Direktor Bergerot das Scheitern seiner Wünsche mitzuteilen. Aber es würde Kettler doch immer leich ter ums Herz in dem Gedanken, daß dieser frohsinnige. Junge da, ein echter deutscher Mann/Lottis Gatte werden sollte und nicht Bergerot, der wohl ein tüchtiger und kluger' Mensch war, der aber" wenig Herz und auch wohl wenig Liebe für sein Sonnenscheinchrn übrig gehabt hätte. Und dann wanderten sie noch auf den hohen Wällen Hildesheims im fröhlichen Geplauder, freuten sich an dem Dörfchen Himmelstür zu 'ihren Füßen, an dem herrlichen Leinetal und dem Osterberge^im Biütenschmuck. In- ihren jungen Seelen war eitel Jauchzen und Singen. Und dann Lie Heimfahrt durch das frühlingsduftige Land nach den Kettlerschen Werken „Himmelreich", die in- roten Abendgluten -funkelten, D«n Arm um Bodos Schulter legend, sagte oer Kom merzienrat leise: ' „Ein großer Teil davon wird einst dein sein, mein Sohn, aber kein deutscher Mann braucht sich seines Reichtums zu schämen, wenn er ehrlich errungen ist. Wenn du aber, und Lotti, durchaus von eurer Kaution leben wollt, so könnt ihr um so mehr anderen Gutes tun. Der Krieg- schlägt so viele Wunden,^da werdet ihr froh sein, dag ihr helfen könnt.". Lotti sah bittend zu dem Geliebten auf, als sie ihn jetzt durch den Park in ihr Vaterhaus führte." „Du — du hast mich ja schön angeführt,", neckte er sie. . „Habe ich vielleicht gelogen? Habe ich nicht nur dir Wahrheit gesagt?" „Du bist eine ganz raffinierte kleine Intrigantin und Gott sei Dank, bald, bald, da bist du ganz ryeim" . „Ja, du Bär, du drückst mich tot, und unser« Hochzeits reise,-weißt du, die machen wir durchs Okertal, wo wir uns, zuerst gesehen. And alle Jahre wandern wir wenigstens einmal den alten geliebten Weg." Bodo schob seinen Arm zutraulich in den' des alten Herrn und sagtet selig: „Ist es nun nicht Sünde, daß man so glücklich ist in einer Zeit, wo Tausende in Feindesland verbluten?" ZAZ MHZ rode. Gestern war er dort gewesen, ohne Anmeldung, und es hatte ihn,überrascht und gerührt, wie herzlich man ihn empfing. Der alte. Lehrer hatte alle Schulkinder, schnellstens versammelt, die ihn vprm Schloß mit vaterländischen Liedern bewillkommneten und „Hurra" schrien, und der Pfarrer hatte ihm stolz das kleine Genesungsheim und das Lazarett gezeigt, das er mit Hilfe des Sanitätsrates, und seiner Tochter hier, errichtet hatte. . ' „Wir können, uns bei-unseren beschränkten Mitteln.und — dem Mangel an Aerzten kernen ständigen Arzt hallen", hatte allen zum Wirken für die Gesamt- ! er erklärt, „aber jeden Tag kommt eines von den Herrschaften heil, als dieser Schatz in der Brust. Festgeprägt "must dieses Gold sein, eine heilige Münze für kommende Geschlechte« und Deutschlands Größe." Die Hände-der beiden Männer fügten sich fest ineinander rüdes über den Werken „Himmelreich" blutrot die Sonne verglomm. - Die Hochöfen rauchten und das Stampfen der arbeiten» - den Maschinen hämmerte wie ein neues „Werde" zu Bodo herüber, als er zum ersten Male den Dust über die Schwelte de: ^auses setzte, Has Lottis Heimat war. . , Zur selben Zeit, da Lotti und Bodo unter dem tausend jährigen Rosenstock am Dom, zu Hildesheim ihren Bund besiegelten, ging Graf Günter von Ettersrode aufgeregt in seinem Zimmer-auf und ab. Die Tatsache, daß heute das Weib seinK Bruders einem andern angetraut werden- sollte, verursachte ihm so namenlose 'Pein, daß er ganz außerstand« war einen anderen Gedanken zu fassen. Umsonst schalt er sich rkeinlich und engherzig. Umsonst prüfte er sich, ob viel leicht nicht doch noch in einem versteckten Winkel seines Herzens* etwas für Güldane sprach, das ihn dieser Wieder- verheiratung von Joachims Frau so abhold machte. Aber er sand nichts in seiner, Seele von der alten Leidenschaft für das so berückende Weib, das alle Männerherzen betört«. Günters ganzes Empfinden, galt nur der einen, die er schon " in seinen Kinderjahren geliebt und die . sich ihm nun so spröd« verschloß. Christa-Maria dennoch zu erringen, war das Ziel/ dem er mit allen Kräften zustrebte. Güldane hart« keinen Teil mehr an' seinem Herzen. Und doch war . seine Seele voll. Wut, voll Groll und Angst, weil Güldane, glücks- durstig, sich dem anderen entgegendrängte. Gras Günter war gleich am änderen. Tage nach seinem Besuch im Doktorhause nach Hannover gefahren, um den verwundeten Dragoner-Wachtmeister aus Joachims Regiment, -er -als Austausch-Gefangener nun im Lazarett weilt«, zu sprechen. Die Unterredung hatte nichts Neues ergeben. Der V htmeister. wiederholte nur, was Günter bereits wußte: e» itte Joachim fallen sehen, und als .er sich über ihn beugte, die lleberzeugung gewonnen, daß brechende Augen seinem forschenden Blick entgegenstarrten. Er sei dann im Kampf- gewühl fortgerissen, selber verwundet worden und später in -Gefangenschaft geraten. Auf Günters Einwand,, die LÄche Joachims sei, wie man ihm mitgeteilt, bis zur Unkenntlichkeit entstellt gewesen, auch die Erkennungsmarke hätte gefehlt, und nur nach den Ausweispapieren und seinen Wertsache^ ' 'die man bei ihm gefunden, hätte man ihn erkannt und be- graben, meinte der Wachtmeister: dann müßte geradezu der .Verwundete später nochmals von einer Granate, getroffen worden sein. Als. er den Sterbenden gesehen,-war sein Gesicht unverletzt. Welcher Art die Verwundung des Herrn Ritt meisters gewesen, wisse er nicht. ' . j Das Herz' voller Zweifel, die. Seele bedrückt, war Günter . noch am selben Abend heimgekehrt.' Ueberallhsn hatte wieder der Telehraph gespielt, aber er mußte sich sagen, die Möglich keit, daß Joachim noch am Leben sei, war eigentlich voll ständig ausgeschlossen. — Die Behörden hatten ja seinen Tod einwandfrei be stätigt, und da länger als ein Jahr verflossen war seit dem Tage,, wo Joachim fiel, war es ja auch töricht, anzunehmen, er- könnte noch wiederkehren. Falls er in Gefangenschaft geraten, hätte er in der-langen Zeit gewiß Gelegenheit ge funden, den Seinigen irgendein Lebenszeichen zukommen zu . lassen. Nein, es 'war kaum möglich, daß Joachim noch lebte- Es war nur der Gedanke, der ihn so aufbrachte, Latz die Frau, die einst Joachim gehörte, nach kurzer Witwenschaft den toten Bruder so vollständig abgetan hatte, daß sie jetzt ffchon den anderen nehmen konnte, als wäre Joachim nie gewesen. So kreisten Günters Gedanken immer wieder um den - einen Punkt. Dazwischen irrte auch sein Erinnern nach Ilm