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Mittwoch, den 6. Aeöruat ,1918 Mr. 15 re zurück. - „Das faßt du nur, so aus. — Siehst du — das wollte ich dir noch sagen: ich habe es sehr schmerzlich empfunden, „Du-nimmst mir alles. Nicht nur wie dein Bater, setztest' du mir mit klugen Worten auseinander, daß ich nicht mehr ' kriegstüchtig bin, jetzt zerstörst du mir auch jede Hoffnung für die Zukunft. Warum soll ich überhaupt leben, wenn ich nicht mal mehr dem Vaterland etwas nützen kann?". Ein schwaches Lächeln glitt über das ernste Gesicht, dar Günter noch nie so schön wie jetzt in seiner edlen Milde ge sehen. , „Du tust, als ob der Dienst für unser Vaterland nur im Dreinschlagen bestände, Günter. Vieler Hände und Herzen bedarf es. Wer nicht draußen kämpfen kann, hat hier seinen - Platz auszufüllen. Glaube nicht, daß dieser Dienst zu Hause . geringer ist, als draußen. Es mag schwerer- sein im Felde, alle Tag: den Tod im Nacken, .aber er ist ja auch hier nicht weit von uns- und unser Erdenweg ist uns vorgeschrieben,'kurz oder lang." „Dl hast für alles eine Ausrede," gab Günter erbittert Sie hatte ihm warm die Hand entgegengestreckt, aber Günter schob diese Hand umr'Ilig zurück. „Nein, Leine Freundschaft will-ich nicht. Du hast ganz recht, Christa-Maria, daß ich treulos gegen dich handelte, aber weißt du auch, wie. ich gebüßt habe? Als mir.Güldanes Verrat die Augen öffnete, als ich heimatlos hinüuszog in . die Wüsten Afrikas, als ich oft kein anderes Dach über meinem .. . Haupte, als den unendlichen Sternenhimmel hatte, da habe Dienst leiste , wäre War das Trug?" . . - -- Er hatte leidenschaftlich ihre beiden Hä'de gefaßt. Die sinkende Sonne wob einen' Rosenschein um die lichte Gestalt . des Mädchens,, das jetzt groß und klar den gesenkten Blick zu ' dem tief Erregten aufhob. > - . „Vielleicht wqx ich bei dir", sagte sie einfach, „in- der Stünde der Not und »Gefahr. Vielleicht wehte ein Gruß von Mir zu dir ins, ferne feindliche Land hinüber. Vielleicht wuchs i' ^ aus meinem Herzen ein Traum in'der Nacht zu dir herüber, s A >"3—- --- ----- aber wenn der Morgen kam, dann waren die Strahlenflüzel ' Gunter, daß du dich noch nicht einmal in Ilmrode hast HeMge Zeiten Ein Roman aus der Gegenwart Bon Anny Wothe. - — - - Nachdruck verboten - verblaßt, war der Traum zerflattert und wir schritten beide, jeder einsam, der Sonne zu." ' „Du liebst mich noch immer, Christa-Maria," ries Gü»° - ter jauchzend, die Arme ausbreitend, als wollte er die geliebte ^«Gestalt an sein Herz-ziehen, ,-gestehe-es. Ich lese es ja in i deinen Augen, in deinem süßen Lächeln. Sei mein, Geliebte, s Einzige. Mein ganzes Leben- das dir geweiht, wenn es das Vaterland nicht fordert,-soll dircheweisen, daß ich dich liebe mit der -ganzen Kraft meiner, heißen Seele." Dunkle Glut stieg in Christa-Marias Wangen.- Einen . Augenblick war es, als wolle sie ihr goldig schimmernde» Haupt "an Günters Brust bergen, aber.sie meisterte das Gefühl, das Kraft über sie gewinnen wollte — nur ernst . und mild seinen Augen begegnend, sagte sie weich: ,Mem, Günter, ich würde dir und mit einen schlechte« _ I I . s I.! ich schwach genug, dir nachzugeben. Immer, ich unaufhörlich in tiefer,' heißer Reue an dich gedacht. Oft würde die Verga-genWt zwischen- uns stehen, Ich gehöre meinte ich, dir schreiben zu müssen, deine Verzeihung zu er- nicht zu den Frauem die. vergessen'können, wenn man sie einst - flehen, aber ich kannte dich zu gut- und dann — was konnte ' mit Füßen trat. Verstehe, mich nicht .falsch, ich .zürne .dit nicht, ich. dir bieten — wenn ich nicht reumütig zu den Meinen ich habe dich, wie du ganz richtig lagst, wohl auch noch immer zurückkehrte? Das aber wollte ich nicht. Nenne es Trotz,- lieb, aber ang-hören könnte ich dir nicht. All Mgs Zarte, nenne es Scham, was mich äbhielfl Als sich aber die Wolken > Weiche, Anlehnungsbedürftige in mir, das du damals hättest- am politischen Himmel immer drohenden ballten, als^ich ganz nach deinem Sinne formen können, hast du achtlos zer- mein geliebtes Vaterland in Gefahr sah — .da hielt mich treten und ich habe mir-aus dieser Zeit nichts herüber gerettet nichts mehr im fremden Lande und ich kam noch glücklich als meinen Stolz, der nun einsame Wega gehen muß." zurück, um. mitkämpfen zu können , für Deutschlands Freiheit. »Du. bist grausam, Christa-Maria. Ist, es nicht das " Damals schwankte ich ob ich nicht zurrst in die Heimat- eilen schönste Vorrecht der Frauen, zu vergeben?" sollte, dich und die Meinen wiederzusehen. Aber ich fürchtete, »Ich vergab dir längst, aber deine Frau kann ich nicht dann nicht mehr die Kraft zu haben, mich-mit ganzer Seele Eden. Zu viel der Schmerzen.liegen zwischen heute und in den Dienst des Materlandes zu stellen.' Kein selbstsüchtiges damals. Glaube. mir, Günter", immer sicherer und über- Wünschen und Verlangen sollte mit mir in den heiligen Krieg zeugungsvoller steigerte sich ihre Stimme, „du wirst es mir ziehen." - noch einmal danken, daß ich die Vernünftige von uns Beide» ' - Christa-Maria schlug den tränenschweren. Blick' zu ihm - blieb. Die Heimat, die Erinnerung an die alte Zett mit ihrer auf, der ihr imt Augen voll heißer Liede ins Antlitz sah. Süße, der Frieden hier nach dem Grauen der Schlachten macht „Ich danke dir, Günter, daß du nicht gekommen bist, deine Seele weich Wie viele der heimkehrenden Krieger ,ah trotzdem deine arme Mutter tief darunter litt, denn' ich hätte ich blindlings in die Ehe taumeln, weil sie sich danach sehnen, dir nichts anderes sagen können als jetzt." - einer, geliebten Frau ihr Haupt, in den «choß zu legen. Aber „Du strafst mich hart, Christa-Maria", kam es rauh vonich weiß.auch, daß später oft em furchtbares Erwachen folge» Günters Lippen. „Du weißt nicht, was es heißt, von tiefer wird. Unsere Zett erfordert mdhr als rede andere, .daß wir Reue gepeinigt, dem Tod ins Antlitz zu sehen, -wenn di« Pulse unsere Wünsche und Hoffnungen fest in beide Händ^ nehme» jagen, wenn wir im Schrecken der aufbrüllenden Geschütze und uns nicht willenlos von ihnen sortreißen lassen, wenn wir . totgeweiht gegen endlose Sturmfluten drängen, wenn der , vor uns selber bestehen sollen/' Himmel über uns blutrot zusammen zu stürzen droht und es »Agt glaube ich doch, Christa-Maria, gab Gunter mit überall kracht und die Schlacht in unserem Blut stampft wie dunklem Blick zurück: „du hast mich nie geliebt", und zornig Eisen. Viel« solcher grauenvoller Tage habe ick» durchlebt, die erste Rose knickend, di- ihm schüchtern aus dem knoixen- aber immer warst du bei mir, Christa-Ma' ka. Und wenn reichen Büschel entgegen blühte, fuhr er erregt fort: dann die letzte Granate verknappt war und goldübersonNt ein neuer Tag anbrach, wenn Wald und Wiesen, mit rotem Herz blut getränkt, wieder in Blüten und knospendGrün prang ten und im ganzen Gelände die V" gel sänge.» als wäre die ganze Flur weit und breit- wo der mörderische Kampf gebot, ein einziger Frühlingsgarten, d^mi fühlte ich immer den seg nenden Frieden deiner Liebe, Christa-Maria. Der Wind, der über die Schlachtfelder ^trich, umkoste mich wie deine lieben - weichen Mädchenhände, mit DEN ich einst so selig gespielt. — Dann habe hch immer gefühlt, Christa-Maria, daß du mir * nahe warst,daß du nicht aurgehört hattest,, mich zu lieben. LrtMkMbkrgcr Erzähler Unterhaltungsbeilage zum Frankenberger Tageblatt Wird! jeder Mittwochs-, Freitags-Md /ZonntagEummer ohne Preiserhöhung des Hauptblattes beigegeben.